Warum Jod und Brandsalbe aus der Hausapotheke verbannt werden müssen
Archivmeldung vom 26.05.2006
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Freigeschaltet durch Jens BrehlWer sich verbrennt oder stürzt, wer etwas Unrechtes gegessen hat oder sich gar eine schlimmere Verletzung zuzieht, braucht schnelle erste Hilfe. Welches aber sind die richtigen Mittel? Das Magazin Reader's Digest veröffentlicht in seiner Juni-Ausgabe wertvolle Tipps und kommt dabei zu dem Schluss: Von vielen altbewährten Hausmitteln sollte man lieber die Finger weg lassen.
So gehören Jod und Wasserstoffperoxyd nicht mehr in die
Hausapotheke. Vor allem bei Kratz- und Schürfwunden töten diese
Mittel zwar Bakterien ab, sie behindern aber auch den
Heilungsprozess, weil gesunde Zellen zerstört werden. Vor allem von
Jod raten Notfallmediziner dringend ab, weil es Haut belastende
Substanzen wie Farbstoffe und Schwermetalle enthält sowie Allergien
auslösen kann.
Bundesfeuerwehrarzt Peter Sefrin, Professor für präklinische
Notfallmedizin in Würzburg, rät deshalb dazu, in solchen Fällen die
Wunde keimfrei mit einem sterilen Verband aus dem Erste-Hilfe-Kasten
zu bedecken und sie dann mit einer Binde, einem Pflaster oder einem
Dreieckstuch zu fixieren. Auf keinen Fall sollte man die Verletzung
auswaschen. Hingegen ist es wichtig, bei größeren Wunden einen Arzt
aufzusuchen und dabei gleich den Impfpass mitzunehmen, damit
überprüft werden kann, ob der Schutz gegen Tetanus noch ausreichend
ist.
Auch bei Verbrennungen ist es ratsam, von alten Bräuchen
abzulassen. Wer wie früher Butter, Öl oder Mehl auf die verbrannte
Stelle gibt, damit die Schmerzen nachlassen, riskiert ein noch
größeres Unheil. Denn Cremes oder Öl bringen nicht nur keine
Linderung oder verkleben die Wunde wie im Fall von Mehl, sie können
vor allem auch Infektionen auslösen. Stattdessen sollte man so
schnell als möglich die Wunde unter kaltes Wasser halten, dies aber
nicht länger als zehn Minuten tun, da sonst die Gefahr einer
Unterkühlung droht.
Nach dieser ersten Hilfe raten die Experten zu einem lockeren,
sterilen Verband. Wenn sich Brandbläschen bilden, sollte man sie
nicht öffnen, da die in ihnen enthaltene, sterile Flüssigkeit wie ein
natürlicher Verband wirkt. In diesem Zusammenhang empfehlen die
Fachleute dringend, die Brandsalbe aus der Hausapotheke zu verbannen.
Im Fall von Vergiftungen gilt ebenfalls die Grundregel: Was in der
Vergangenheit gut war, muss heute nicht mehr gut sein. Wo einst Milch
getrunken wurde, um das Gift zu verdünnen, oder Ipecacuanha-Sirup
verabreicht wurde, um Erbrechen auszulösen, wird mittlerweile von
beiden Hilfsmitteln genauso dringend abgeraten wie vom Trinken einer
Kochsalzlösung. So warnt Dr. Torsten Binscheck vom Giftnotruf Berlin
am Beispiel von Milch vor den Folgen einer solchen Notmaßnahme: "Das
Milchfett sorgt dafür, dass der Körper bestimmte giftige Stoffe erst
recht aufnimmt."
In Fällen von akuter Vergiftung, wenn zum Beispiel Kinder
ungenießbare Beeren gegessen oder einen Schluck Spülmittel getrunken
haben, ist es vielmehr geboten, umgehend den Giftnotruf anzurufen.
Die entsprechende Telefonnummer sollte man sich vom Haus- oder
Kinderarzt besorgen und zuhause griffbereit haben. Bis der Notarzt
kommt, gilt es, viel Wasser zu trinken oder dem Patienten Aktivkohle
zu verabreichen, die giftige Substanzen bindet. Die Dosis des Pulvers
hängt vom Gewicht des Patienten ab.
Und auch bei starken Blutungen sollte man sich vom einst Erlernten
des Erste-Hilfe-Kurses verabschieden. Wo es früher hieß, solche
Stellen abzubinden, ist sich die Fachwelt heute einig, dass dies mehr
schadet als nutzt. "Abbinden kann Lähmungserscheinungen verursachen,
weil Nerven abgequetscht werden", warnt Notfallmediziner Sefrin.
Deshalb sollte das verletzte Körperteil lieber hochgelegt werden.
Wenn das nicht ausreicht, muss ein Druckverband angelegt werden.
Und das geht ganz einfach: Eine keimfreie Auflage über die Wunde legen, mit einer Binde ein Stück weit festwickeln, dann ein Geldstück oder ein Verbandspäckchen auf die Stelle drücken und das ganze mit einer weiteren Binde befestigen. Vorteil dieser Maßnahme: Die Blutung wird gestoppt, im verletzten Körperteil kann das Blut aber weiter fließen.
Quelle: Pressemitteilung Reader's Digest Deutschland