Patientenverfügung aufgrund von Corona?
Archivmeldung vom 27.03.2021
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićBeatmung, künstliche Ernährung, Operationen: Eine Patientenverfügung regelt, welche medizinischen Maßnahmen im Ernstfall eingeleitet werden sollen - oder eben nicht. Im Angesicht der Corona-Pandemie setzen sich immer mehr Menschen mit diesen Fragen auseinander. Was bei der Patientenverfügung inhaltlich und formal zu beachten ist, weiß das Netzwerk Deutscher Erbrechtsexperten e. V. (NDEEX).
Patientenverfügungen werden errichtet, um das Vorgehen im unmittelbaren Sterbeprozess, im Endstadium einer tödlich verlaufenden Krankheit sowie im Falle eines Wachkomas zu regeln: In welchem Umfang sind lebensverlängernde Maßnahmen gewünscht? Sollen Behandlungen durchgeführt werden, die ein gesundheitliches Risiko bedeuten? Wo möchte ich sterben und wer soll mich begleiten? Wenn es keine Patientenverfügung gibt, kommt es bei der Behandlung auf den mutmaßlichen Willen der erkrankten Person an. Wie dieser aussehen könnte, entscheiden das medizinische Personal sowie die Betreuerinnen oder Betreuer.
Patientenverfügung und Corona
"Die Veränderung einer bestehenden Patientenverfügung aufgrund der Corona-Pandemie ist nicht unbedingt notwendig. Denn Covid-19 ist kein klassischer Anwendungsfall: Hier ist das Ziel der intensivmedizinischen Maßnahmen ja, dass der Mensch wieder aufwacht. Insofern würden sie auf jeden Fall zum Einsatz kommen. Erst wenn keine Aussicht mehr darauf besteht, dass dieses Ziel erreicht wird, würde eine Patientenverfügung greifen", sagt Katja Habermann, NDEEX-Mitglied und Fachanwältin für Erbrecht. "Aber um sicherzugehen, kann man Informationen ergänzen - zum Beispiel, dass man sich mit der Krankheit beschäftigt hat und im Fall eines schweren Verlaufs intensivmedizinisch betreut und auch beatmet werden möchte."
Eine sehr persönliche Angelegenheit
Die Ausgestaltung einer Patientenverfügung ist eine sehr persönliche Angelegenheit, bei der nicht nur medizinische, sondern auch ethische und religiöse Fragen eine Rolle spielen. Deshalb stoßen vorgefertigte Standardschreiben schnell an ihre Grenzen. Außerdem sind einige formale Vorgaben zu beachten: So muss die Patientenverfügung persönlich erstellt und unterschrieben werden. Mündliche Äußerungen sind nicht bindend. Wenn Zweifel an der Geschäftsfähigkeit der Verfasserin oder des Verfassers bestehen könnten, sollte diese durch ein ärztliches Attest bestätigt werden. Der Wortlaut der Patientenverfügung muss eindeutig sein und darf keine auslegungsbedürftigen oder wertenden Begriffe enthalten wie beispielsweise "in Würde sterben" oder "qualvolle Leiden vermeiden".
NDEEX empfiehlt deshalb, sich beim Erstellen einer Patientenverfügung medizinisch und juristisch beraten zu lassen. Die richtigen Anlaufstellen hierfür sind: Hausärztin oder Hausarzt, spezialisierte Beratungsstellen - zum Beispiel von Kirchen und Hospizen - sowie Fachanwältinnen und Fachanwälte für Erbrecht.
In Kombination mit Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung
"Viele Menschen entscheiden sich aus guten Gründen dafür, die Patientenverfügung mit einer Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung zu kombinieren. Denn die Bevollmächtigten und die Betreuungspersonen können gegenüber dem medizinischen Personal den Willen der Betroffenen Ausdruck verleihen", sagt Katja Habermann. Im zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer können Patientenverfügungen deshalb nur in Verbindung mit einer Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügungen registriert werden.
Quelle: Netzwerk Deutscher Erbrechtsexperten e.V. (ots)