So werden Lebensversicherungen versteuert
Archivmeldung vom 11.12.2021
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićRund 82 Millionen Lebensversicherungen werden in Deutschland insgesamt unterhalten. Vertragsinhaber schätzen sie als Möglichkeit der Vorsorge für das Rentenalter und für die Hinterbliebenen im Todesfall. Wie Lebensversicherungen zu versteuern sind, wissen hingegen nicht viele. Die gesetzlichen Regelungen wurden in den vergangenen Jahrzehnten einige Male geändert und ergeben ein stark differenziertes Bild.
Ob Einzahlungen steuerlich absetzbar sind, hängt von der Art der Lebensversicherung und dem Jahr des Vertragsbeginns ab. Bei den Auszahlungen ist zudem entscheidend, wie ein bestehendes Kapitalwahlrecht ausgeübt wird oder ob eine Todesfallleistung vorliegt. Je nach Auszahlungsvariante werden sie unterschiedlich besteuert. Die Lohnsteuerhilfe Bayern e.V. (Lohi) hat die steuerliche Behandlung von Lebensversicherungen unter die Lupe genommen.
Lassen sich die Beiträge in der Einzahlungsphase absetzen?
Für den Abschluss einer Lebensversicherung ist es interessant, ob die eingezahlten Beiträge steuerlich abgesetzt werden können. Bei kapitalgebundenen Lebensversicherungen entscheidet der Vertragsbeginn. Beitragszahlungen in Altverträge, deren Laufzeit vor 2005 begonnen hat und die eine vertragliche Mindestlaufzeit von 12 Jahren aufweisen, sind als Vorsorgeaufwendungen im Rahmen des Sonderausgabenabzugs absetzbar. Bei Neuverträgen, die seit dem 01.01.2005 laufen, ist grundsätzlich kein Sonderausgabenabzug mehr zugelassen. Einzahlungen in diese Verträge werden heute gesetzlich als Mittel zur Geldanlage und nicht als Altersvorsorgeaufwendungen eingestuft. Beiträge zu fondsgebundenen Kapitallebensversicherungen können ebenfalls nicht steuerlich geltend gemacht werden. Die monatlichen Beiträge zu einer reinen Risikolebensversicherung hingegen können seit dem Jahr 2010 als Vorsorgeaufwendungen in der jährlichen Steuererklärung angegeben werden.
Jedoch gilt für alle Vorsorgeaufwendungen ein jährlicher Höchstbetrag, der die Absetzbarkeit einschränkt. Für Arbeitnehmer und Rentner beträgt dieser 1.900 Euro und für Selbstständige 2.800 Euro. Da die Beiträge zur Basiskranken- und Pflegeversicherung vorrangig beim Höchstbetrag berücksichtigt werden, bleibt oftmals kein Spielraum mehr für die Beiträge zur Lebensversicherung. Sollte dennoch ein Restbetrag absetzbar sein, konkurriert sie möglicherweise noch mit einer privaten Unfall-, Berufsunfähigkeits- oder Krankenzusatzversicherung, die ebenfalls nur im Rahmen des Höchstbetrages absetzbar sind.
Risikolebensversicherung kurz erklärt
Ihr Zweck ist die finanzielle Absicherung der Hinterbliebenen bei einem Todesfall. Somit greift diese Art von Lebensversicherung ausschließlich beim Ableben einer versicherten Person. Stirbt diese noch während der Laufzeit einer Risikolebensversicherung, zahlt das Versicherungsunternehmen eine vertraglich festgelegte Summe aus. Dieses Geld schützt die Hinterbliebenen vor den Folgen eines Einkommensverlustes. Oftmals soll ein darlehensfinanzierter Hausbau bzw. Immobilienkauf oder die Ausbildung der Kinder durch den Abschluss einer Risikolebensversicherung abgesichert werden. Erlebt der Versicherte das Ende der Vertragslaufzeit, erlischt die Versicherung ohne Leistung, d.h. die geleisteten Beiträge verfallen.
Einkommensteuerfreie Auszahlung im Todesfall
Tritt unverhofft der Todesfall ein, kommt es zu einer Auszahlung der Risikolebensversicherung. Die erhaltene Versicherungssumme ist für die Erben grundsätzlich einkommensteuerfrei. Bei Überschreitung der entsprechenden Freibeträge kann jedoch Erbschaftsteuer fällig werden. Bei Fragen zur Erbschaftsteuer ist ein Steuerberater zu Rate zu ziehen, da Lohnsteuerhilfevereine nach dem Steuerberatungsgesetz hierzu nicht beratend tätig werden dürfen. Die Freibeträge variieren, je nachdem in welchem Verhältnis der Verstorbene zur begünstigten Person stand. Sie betragen bei Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern 500.000 Euro, bei Kindern - auch Stiefkindern und Adoptivkindern - 400.000 Euro, bei Enkelkindern in der Regel 200.000 Euro und bei den Eltern und Großeltern 100.000 Euro. Für alle andere Personen liegt der Freibetrag bei gerade einmal 20.000 Euro, egal ob verwandt oder nicht miteinander verwandt.
Steuertipp: Überkreuz-Verträge
Eine mögliche Erbschaftssteuer im Todesfall kann von vornherein ganz einfach vertraglich umgangen werden. Dies geschieht durch sogenannte Überkreuz-Verträge. Dabei ist die versicherte Person nicht gleichzeitig der Versicherungsnehmer. Partner können sich so in zwei Verträgen gegenseitig versichern. Im Leistungsfall ist der Versicherungsnehmer der Begünstigte, so dass keine Erbschaftsteuer fällig wird. Zu beachten ist, dass die Versicherungsbeiträge tatsächlich vom Versicherungsnehmer geleistet werden.
Kapitallebensversicherungen kurz erklärt
Kapitallebensversicherungen bieten eine Kombination aus einer Risikolebensversicherung und einem langfristigen Sparvertrag. Anhand der eingezahlten Beiträge wird ein Kapitalstock aufgebaut, der nach Ablauf der Versicherung an den Versicherungsnehmer ausbezahlt wird. Zusätzlich zur vertraglich vereinbarten Versicherungssumme zahlt die Versicherungsgesellschaft in der Regel noch einen Überschuss, der während der Laufzeit erwirtschaftet wurde. Der Versicherungsnehmer kann bei Vertragsende wählen, ob er sein Kapital einmalig oder als monatliche Rente ausbezahlt bekommen möchte.
Auszahlung der Ablaufleistung in einem Betrag
Glücklich kann sich derjenige schätzen, dessen Vertrag vor 2005 geschlossen wurde. Denn diese Auszahlung ist üblicherweise steuerfrei. Es werden zwar ein paar gesetzliche Bedingungen daran geknüpft, diese sind in der Praxis in den meisten Fällen jedoch erfüllt: Die Vertragsdauer muss mindestens auf 12 Jahre ausgelegt sein, der erste Beitrag vor Ende März 2005 eingezahlt worden sein, die Beitragszahlungen müssen sich mindestens über fünf Jahre erstreckt haben und die vereinbarte Todesfallsumme muss mindestens 60 Prozent der eingezahlten Beiträge betragen. Nur wenn diese Bedingungen nicht erfüllt sind, fällt auf die Erträge aus der Einmalzahlung Abgeltungsteuer an.
Jüngere Verträge werden gemäß dem Alterseinkünftegesetz immer besteuert, mit Ausnahme von Todesfallleistungen. Denn mit seiner Einführung wurden die steuerfreien Auszahlungen in der Rente abgeschafft. Allerdings ist bei Verträgen ab dem Jahr 2005 nicht die gesamte Auszahlung zu versteuern, sondern ebenfalls nur die Erträge aus der Versicherung. Auf die Differenz zwischen der ausbezahlten Summe und den eingezahlten Beiträgen kommt es also an. Bei einer Auszahlung führt das Versicherungsunternehmen automatisch Abgeltungsteuer an das Finanzamt ab.
In manchen Fällen ist der Unterschiedsbetrag aus der Einmalzahlung aber nicht voll steuerpflichtig, sondern nur zur Hälfte. Voraussetzung ist, dass der Vertrag länger als 12 Jahre lief und die Ablaufleistung nach Erreichen des 60. bzw. bei Verträgen ab 2012 nach Erreichen des 62. Lebensjahres ausbezahlt wird. Die Erträge unterliegen in diesen Fällen nicht der Abgeltungsteuer, sondern der tariflichen Einkommensteuer, was für Laien erstmal recht sonderbar klingt. Für Policen, die ab dem 1. April 2009 abgeschlossen wurden, gelten zwei zusätzliche Bedingungen: Erstens, der Todesfallschutz muss mindestens 50 Prozent der eingezahlten Beitragssumme zum Vertragsende betragen. Zweitens, im Todesfall muss die vereinbarte Versicherungsleistung nach fünf Jahren mindestens zehn Prozent über dem Deckungskapital oder dem Zeitwert der Police liegen.
Sind die Voraussetzungen nicht erfüllt, bleibt es bei der vollen Besteuerung der Erträge mit der Abgeltungsteuer. Im anderen Fall muss sich der Steuerzahler selbst darum kümmern, dass das Finanzamt nachträglich den hälftigen Unterschiedsbetrag als Ertrag mit dem individuellen Steuersatz besteuert und dass er die zu viel gezahlten Steuern zurückbekommt. Dies geschieht durch einen entsprechenden Antrag mit Abgabe der Einkommensteuererklärung. Der Bescheinigung der Lebensversicherung kann entnommen werden, ob die hälftige Besteuerung zugelassen ist.
Steuertipp: Sparerfreibetrag nutzen
Über die Steuererklärung kann ebenfalls beantragt werden, dass der gesamte Sparerpauschbetrag auf den Kapitalertrag der Auszahlung angerechnet wird. Bei Singles sind das 801 Euro und 1.602 Euro bei zusammen veranlagten Ehegatten. So wird die Einkommensteuer nur für den Betrag über dem Freibetrag fällig. Dieser Antrag lohnt sich nur, wenn der persönliche Einkommensteuersatz über den 25 Prozent der Abgeltungssteuer liegt. Die weiteren Kapitaleinkünfte werden in Folge ab dem ersten Euro mit der Abgeltungsteuer belegt.
Monatliche Rentenzahlungen aus der Ablaufleistung
Wird die Auszahlung der Kapitallebensversicherung in Form einer monatlichen Rente gewählt, spielt das Datum keine Rolle mehr. Es läuft immer gleich ab. Der Versicherungsnehmer hat den Ertragsanteil, also einen geringeren Anteil der Rente, mit dem persönlichen Einkommensteuersatz zu versteuern. Die Höhe des Ertragsanteils muss nicht fallbezogen berechnet werden, sondern ist im Einkommensteuergesetz festgelegt. Sie hängt vom Alter des Versicherungsnehmers und vom Beginn der Rentenzahlung ab. Das Versicherungsunternehmen berechnet den Ertragsanteil zwar, es erfolgt aber keine automatische Versteuerung.
Quelle: Lohnsteuerhilfe Bayern e.V. (ots)