Massive Rentenerhöhung 2022: Mehr Geld - mehr Steuern?
Archivmeldung vom 13.07.2022
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.07.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Sanjo BabićRund 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner dürfen sich demnächst über mehr Geld auf ihrem Konto freuen. Ab 1. Juli 2022 kommt die turnusmäßige Rentenanpassung zum Tragen, die in diesem Jahr eine deutliche Erhöhung der Bezüge beschert. Die kommt gerade recht, denn die gestiegenen Lebenshaltungskosten aufgrund der derzeitig hohen Inflation machen sich im Portemonnaie durchaus bemerkbar.
Aber warum fällt die Rentenerhöhung gerade 2022 so hoch aus? Und hat das steuerliche Konsequenzen für die Rentenempfänger? Tobias Gerauer, Vorstand der Lohnsteuerhilfe Bayern, bezieht dazu Stellung.
Wieviel mehr Geld gibt es für Rentner ab sofort?
Nach dem Corona-Flautenjahr 2021, in dem die Rentenanpassung in den alten Bundesländern komplett ausfiel und die Renten in den neuen Bundesländern nur ganz geringfügig mit 0,72 Prozent erhöht wurden, tut sich wieder was. Westrentner erhalten zum Ende des Monats Juli erstmals 5,35 Prozent mehr im Monat. Das ist die kräftigste Rentenerhöhung seit 40 Jahren. Auch im Osten ist der stärkste Anstieg seit der Wiedervereinigung zu verzeichnen, denn Ostrentner bekommen 6,12 Prozent zusätzlich. Ein Rentenpunkt West ist jetzt statt 34,19 Euro künftig 36,02 Euro wert, ein Rentenpunkt Ost 35,52 Euro. Somit bekommt ein Rentner mit einer Bruttorente in Höhe von 900 Euro im Westen 48 Euro und im Osten knapp 43 Euro mehr. Beträgt die Bruttorente 1.500 Euro, erhöhen sich die Bezüge im Westen um rund 80 Euro und im Osten um fast 92 Euro monatlich.
Wie kommt diese Rentenerhöhung 2022 zustande?
Im Sechsten Sozialgesetzbuch sind die genauen Regeln niedergeschrieben, wie die jährliche Rentenanpassung zu berechnen ist. Verschiedene Einflussfaktoren werden dabei berücksichtigt. Faktor eins ist die Entwicklung von Bruttolöhnen und -gehältern. Steigen die Löhne, steigen die Renten mit. Würde nur dieser Faktor berücksichtigt werden, wäre die Rentenerhöhung dank der äußerst positiven Lohnentwicklung im Westen sogar noch höher ausgefallen.
Wäre da nicht von der Bundesregierung der ausgesetzte Nachholfaktor wieder in Kraft gesetzt worden, der die Rentensteigerung ausgebremst hat. Denn sinken die Löhne, sinken die Renten nicht mit. Eine Rentengarantie verhindert eine negative Entwicklung der Rente. Steigt das Lohnniveau nicht, gibt es bei der Rente eine Nullrunde, wie im vergangenen Jahr. Die so verhinderte Minderung der Renten wird dafür im Folgejahr mit dem Rentenanstieg verrechnet. Der Nachholfaktor hat somit die Renten 2022 gedämpft.
Als weitere Einflussfaktoren gelten die Entwicklung des Beitragssatzes und der Nachhaltigkeitsfaktor. Letzterer berücksichtigt Veränderungen im zahlenmäßigen Verhältnis von Rentenempfängern zu Beitragszahlern. Werden die Beitragszahler im Verhältnis zur Zahl der Rentner weniger, bremst dieser Faktor den Rentenanstieg und umgekehrt. Für dieses Jahr war der Nachhaltigkeitsfaktor jedoch ein Plus, das für einen zusätzlichen Rentenanstieg sorgte. Der Beitragssatz hat sich 2022 hingegen nicht ausgewirkt.
Müssen viele Rentner jetzt erstmalig Steuern zahlen?
Rentner sind heutzutage grundsätzlich steuerpflichtig. Steuern sind de facto aber nur zu zahlen, wenn der steuerpflichtige Anteil der jährlichen Bruttorente den Grundfreibetrag übersteigt. Nun springen die Renten nach oben. Ist die Rentenerhöhung also eine Luftnummer? "Nein, das kann man so nicht sagen", erwidert Tobias Gerauer von der Lohi. " Denn nicht nur die Renten sind angestiegen, sondern auch der Grundfreibetrag."
Lag der steuerfreie Grundfreibetrag im Jahr 2021 bei 9.744 Euro, so beträgt er jetzt 10.347 Euro. Das sind 603 Euro mehr Spielraum für alleinstehende Rentnerinnen und Rentner. Wird dieser Wert auf die verbleibenden sechs Monate im Jahr 2022 umgebrochen, bleiben rechnerisch 100 Euro mehr im Monat steuerfrei. Rentnerehepaaren oder Lebenspartnern, die gemeinsam veranlagt werden, steht zusammen der doppelte Grundfreibetrag zur Verfügung.
"Neben der Erhöhung der Renten und des Grundfreibetrags gibt es noch weitere Einflussfaktoren zu berücksichtigen, bevor eine tatsächliche Besteuerung eintritt. So gehen von der Bruttorente z.B. noch die Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherungen weg", erklärt Tobias Gerauer. "Zudem ist bei bestehenden Rentnern nicht die gesamte Rente zu versteuern. Abhängig vom Renteneintrittsjahr betrifft es nur einen gewissen Anteil." Die große Mehrheit der Rentner profitiert insofern von der Rentenerhöhung. Das ist eine gute Nachricht.
Quelle: Lohnsteuerhilfe Bayern e.V. (ots)