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Rechte von Arbeitnehmern im Insolvenzfall

Archivmeldung vom 16.04.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.04.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Eine Insolvenz bedeutet für die Arbeitnehmer eines betroffenen Unternehmens nicht zwangsläufig die sofortige Arbeitslosigkeit. Allerdings bringt die neue Situation in der Regel Modifizierungen des Arbeitsvertrages und Änderungen bei den Kündigungsfristen mit sich. Welche Rechte Arbeitnehmer im Fall einer Firmenpleite haben und wie sie diese gegenüber Unternehmen, Insolvenzverwalter und der Agentur für Arbeit wahrnehmen können, fasst die D.A.S. Rechtsschutzversicherung zusammen.

Wird dem Insolvenzantrag einer Firma stattgegeben, dann gilt für die Abwicklung des Unternehmens die seit 1999 bestehende Insolvenzordnung (InsO). Diese regelt unter anderem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, Ansprüche der Gläubiger, Kündigungsrecht und Mitwirkung des Betriebsrates. Arbeitnehmer, denen Arbeitsentgelt nicht oder nur noch teilweise ausgezahlt wird, geraten im Zuge einer Insolvenz in die Rolle des Gläubigers. „Betroffene sollten sich daher möglichst rasch und umfassend über den aktuellen Stand des Insolvenzverfahrens informieren“, rät Anne Kronzucker, D.A.S. Rechtsexpertin. „Hilfreich ist dabei die Teilnahme an der Gläubigerversammlung.“ Diese wird vom Insolvenzverwalter in Form eines Berichtes informiert und muss bestimmten Maßnahmen des Verwalters zustimmen – etwa einer Betriebsveräußerung (Paragraph 160 Abs. 2 InsO). Teilnahmeberechtigt sind Arbeitnehmer, wenn sie noch offene Lohnforderungen aus der Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Arbeitgeber haben. Hat ein Arbeitnehmer Insolvenzgeld bekommen und bestehen keine offenen Arbeitslohnforderungen mehr, kann er jedoch nicht an der Gläubigerversammlung teilnehmen.

Lohnanspruch und Insolvenzgeld

Sind in den letzten drei Monaten vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine Gehälter mehr ausgezahlt worden, so steht den Mitarbeitern ein Insolvenzgeld zu, das von der Agentur für Arbeit ausgezahlt wird. Auf Antrag wird auch ein Vorschuss auf das Insolvenzgeld gewährt. Die Höhe des Insolvenzgeldes entspricht dem Nettogehalt. Es gibt jedoch Obergrenzen, die sich am Bruttogehalt orientieren: In den westlichen Bundesländern gilt als Obergrenze ein monatliches Bruttogehalt von 5.400 Euro, in den östlichen Bundesländern von 4.550 Euro. Darüberliegende Einkommen werden bei der Berechnung nicht berücksichtigt. „Betroffene Arbeitnehmer sollten sich so frühzeitig wie möglich mit ihrem Antrag auf Insolvenzgeld an die Agentur für Arbeit wenden“, empfiehlt die D.A.S. „Denn dafür haben sie ab Insolvenzeröffnung nur zwei Monate Zeit!"
Auch Mitarbeiter, denen auf Grund der wirtschaftlich schlechten Situation des Arbeitgebers noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gekündigt wurde, haben diesen Anspruch für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses. Das Arbeitslosengeld wird allerdings auf das Insolvenzgeld angerechnet, wenn es für den gleichen Zeitraum gezahlt wurde. Anspruch auf Insolvenzgeld besteht auch dann, wenn das Insolvenzverfahren abgelehnt wird. Dies ist bei über der Hälfte der gestellten Anträge der Fall, hauptsächlich wenn nicht genügend „Masse“, also finanzielle Mittel zur Restrukturierung vorhanden sind und der Verkaufserlös damit unter den Kosten für die Abwicklung des Unternehmens bleiben würde.

Arbeiten die Beschäftigten nach der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens weiter, weil beispielsweise eine Chance auf Weiterführung des Betriebs besteht, müssen sie ihre neu entstehenden Entgeltansprüche, die nicht für den Insolvenzgeldzeitraum angefallen sind, gegen die so genannte Insolvenzmasse richten (Paragraph 55 der InsO). Diese Forderungen werden wie alle anderen Insolvenzforderungen oft erst Jahre später nach einer bestimmten Quote beglichen. „Wird Arbeitnehmern eine Vereinbarung angeboten, laut der sie auf ihren Arbeitslohn verzichten, um das Unternehmen am Leben zu halten und ihren Arbeitsplatz zu sichern, müssen sie bedenken, dass ein Lohnverzicht zum Verlust des Anspruchs auf Insolvenzgeld führen kann“, warnt die D.A.S. Juristin.

Interessenausgleich und Sozialplan

Plant der Insolvenzverwalter aufgrund der wirtschaftlichen Situation Massenentlassungen oder die Stilllegung des Betriebes, also eine „Betriebsänderung“, so ist er bei einem Unternehmen mit mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern verpflichtet, den Betriebsrat rechtzeitig und umfassend zu informieren. Danach ist eine mindestens dreiwöchige Verhandlung über einen Interessenausgleich (Paragraph 112 BetrVG) obligatorisch. Einigen sich beide Parteien schriftlich, kann dieser Ausgleich auch die Namen der zu kündigenden Mitarbeiter beinhalten. In diesem Fall hat ein Arbeitnehmer, der gegen seine Kündigung klagt, nahezu keine Aussicht auf Erfolg. Gibt es keinen Betriebsrat oder kommt aus anderen Gründen innerhalb von drei Wochen nach schriftlicher Aufforderung zu Verhandlungen kein Interessenausgleich zustande, kann der Insolvenzverwalter beim Amtsgericht die Feststellung beantragen, dass Entlassungen auf Grund betrieblicher Erfordernisse notwendig und sozial gerechtfertigt sind (Paragraph 125, 126 InsO; BAG, NZA 2000 S. 1180). Wird ein Sozialplan vereinbart, so ist pro Arbeitnehmer eine maximale Abfindungssumme von bis zu zweieinhalb Monatsverdiensten zulässig.

Kündigung während des Insolvenzverfahrens

Auch nach Eröffnung des Verfahrens muss der Insolvenzverwalter begründen, warum ein bestimmter Arbeitsplatz eingespart werden muss, beispielsweise wegen teilweiser Schließung des Betriebes. „Grundsätzlich gelten die allgemeinen arbeitsrechtlichen Regeln auch während einer Insolvenz weiter“, fasst die D.A.S. Juristin zusammen. „Allerdings sind speziell beim Kündigungsrecht einige Änderungen zu berücksichtigen.“ Unabhängig von tarif- oder einzelvertraglichen Kündigungsfristen kann sowohl vom Arbeitnehmer als auch vom Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten zum Monatsende gekündigt werden. Diese Frist gilt selbst dann, wenn etwa im Arbeits- oder Tarifvertrag eine längere Kündigungsfrist vereinbart wurde oder sich die gesetzliche Kündigungsfrist wegen langer Betriebszugehörigkeit verlängert hat. Durch die Wahrnehmung der kürzeren Kündigungsfrist durch den Insolvenzverwalter entsteht ein Schadenersatzanspruch des Arbeitnehmers, den dieser zur Insolvenztabelle anmelden kann. Auch Auszubildenden kann gekündigt werden, wenn beispielsweise der Betrieb nicht mehr in der Lage ist, die Ausbildung fortzusetzen (BAG, NZA 1993, S. 845).

Bei der Begründung der Kündigung ist der Insolvenzverwalter weiter an den Kündigungsschutz gebunden. Plant er zum Beispiel einen Verkauf des Unternehmens oder verhandelt er bereits darüber, so fehlt es „an einem dringenden betrieblichen Erfordernis“ für die Kündigung, wie im Kündigungsschutzgesetz vorgeschrieben. Außerdem muss der Insolvenzverwalter bei Kündigungen die Grundsätze der Sozialauswahl berücksichtigen.

Ein wichtiger Hinweis der D.A.S.: Wird einem Arbeitnehmer während der Insolvenz seines Arbeitgebers unwirksam gekündigt, muss er nach Zustellung der Kündigung unbedingt innerhalb von drei Wochen beim Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage erheben. Ansonsten wird die Kündigung wirksam. Dabei muss gegen den Insolvenzverwalter geklagt werden.

Quelle: D.A.S. Rechtsschutzversicherung

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