Die 10 wichtigsten Tipps für erfolgreiche Übersetzungsprojekte
Archivmeldung vom 20.03.2010
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.03.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBevor man ein neues Übersetzungsprojekt beginnt, sollte man ein paar wenige - aber wichtige - Punkte beachten. Dieser Artikel soll als kleiner Leitfaden dienen.
1. Vorausplanung ist die "halbe
Miete"
Erfahrungsgemäß hat das Thema Internationalisierung/Lokalisierung in
der Planung eines neuen Projektes meist niedrige Priorität. So werden
in Softwareprojekten funktionierende Prototypen sehr schnell in
Produktivsysteme transformiert. Dabei werden meistens die inhaltliche
Logik und die Tauglichkeit der Benutzeroberflächen (Userinterfaces) aus
der Perspektive der Zielsprachen nicht ausreichend getestet. Bei
Printprojekten verhält es sich ähnlich. Hier werden sehr schnell
inhaltlich-verdichtete Druckwerke entwickelt, ohne sich über die
Tragweite eines voreilig konstruierten (meist zu engen und inhaltlich
überfrachteten) Layouts im Klaren zu sein.
Tipp!
Bevor Sie in einem Softwareprojekt die 1. Zeile Sourcecode
schreiben, erstellen Sie zuerst eine schematische Voransicht der
Benutzeroberflächen. Ein sogenanntes "Mock-up". Dieses Mock-up sollte
(in den geplanten Sprachen) Ihren Kunden oder Ihrer Fokusgruppe einen
ersten Eindruck geben. Einen Eindruck darüber, wie die räumliche
Aufteilung und Position der Inhalte auf der Benutzeroberfläche wirkt und
ob wesentliche Programmabläufe für den Endanwender stimmig sind.
Die Vorteile:
+ Kundenwünsche können viel früher
konkretisiert/visualisiert/vereinbart werden (und sorgen gegen Ende des
Projektes weniger für unangenehme Überraschungen).
+ Unterschiedliche Vorstellungen aller Projekt-Beteiligten werden
deutlich vereinheitlicht.
+ Es lassen sich entscheidende Defekte und Missverständnisse im
Inhalt, in der Layoutstruktur und in den Funktionsabläufen frühzeitiger
abklären. Schon mit einfachen Tools, wie z.B. MS-Powerpoint können
simple "Mock-ups" rasch realisiert und relevante Abläufe simuliert
werden. Der Vorteil von Powerpoint gegenüber spezialisierten "Mock-up"
Tools ist, dass Powerpoint bekannter und verbreiteter ist.
2. Übersetzungen brauchen Zeit
Eine Übersetzung ist Ihr Tor in ein fremdsprachige(s) Land/Kultur,
daher benötigen Übersetzungen für hochwertige Produkte auch entsprechend
Zeit. Zeit für Recherche, für Rücksprache und Feinabstimmung, zwischen
Ihnen und dem Sprachdienstleiter.
Projekten, denen Sie schon sehr viel Zeit gewidmet haben, um inhaltliche Details sorgsam anzupassen, können Sie mit überstürzten Blitz-Übersetzungsangeboten/-Aufträgen massive Schäden zufügen. All Ihre Bemühungen würden dann in dem jeweiligen Ausland bestenfalls zu ungewollter Komik führen. (Sehen Sie dazu unseren Homepage-Bereich "Humor")
Tipp!
Planen/erfragen Sie vorausschauend einen realistischen Zeitrahmen
für Ihre Übersetzungen. Ein professioneller Sprachdienstleister berät
Sie dazu sehr gerne.
3. Übersetzungen brauchen Platz
Unterschiedliche Sprachen haben unterschiedliche Textlängen. Somit
kann ein englischer oder deutscher Ausgangstext z.B. in Polnisch oder
Ungarisch fast doppelt so lange sein. Bei sehr/zu knappen Layouts ohne
"Ausdehnungsräume" entstehen Platzprobleme in der Übersetzung.
Kostspielige Überarbeitungen des Layouts (pro Sprache) sind häufig die
Folge.
Tipp!
Bevor Sie Ihr Software- oder Print-Projekt beginnen, planen Sie
bereits im 1. Entwurf für jeden zu übersetzenden Inhalt großzügige
Ausdehnungsräume ein. Bedenken Sie, dass die Textlängen der Zielsprache
gegenüber der Ausgangssprache auch "schrumpfen" kann. Nutzen Sie daher
bei der Programmierung von Software/Webapplikationen stets dynamische
Textfelder und Designelemente. Reservieren Sie Ausdehnungsräume rund um
jedes Textelement, je nach Textlaufrichtung (z.B. bei arabischen
Sprachen). Auch bei Printmedien ist es ratsam im gesamten Layout
"Bufferzonen" rund um Texteinheiten einzuplanen. Vermeiden Sie daher
verdichtete Layouts (Text und Bilder auf engsten Raum) nur um Seiten zu
sparen. Enge Layouts können später bei Übersetzungen in kostspielige und
ungeplante Layout-Überarbeitungen je Sprache ausarten. Dadurch können
Verzögerungen Ihres Projekt "Roll-outs" verursacht werden. Vermeiden Sie
auch komplexe, verschachtelte und "verspielte" Designs, sofern
Textelemente beteiligt sind, die übersetzt werden müssen.
4. Tabellen sorgen für Orientierung
Schwierigkeiten in der Lokalisierung (Übersetzung) können auch
Texteinheiten verursachen, die Spalten, erzeugt nur durch Leerzeichen
und/oder Tabulatoren, aufweisen. Durch längere oder kürzere
Textlauflängen in den Fremdsprachen kann diese weiche
Spaltenformatierung leicht zerstört werden. In Folge können erhebliche
Zusatzaufwände entstehen, um die Originalformatierung
wiederherzustellen.
Tipp!
Erstellen Sie mehrspaltige Auflistungen von Inhalten immer mit den
dafür vorgesehenen Tabellenfunktionen. So entstehen harte Spalten und
Zeileneinteilungen, die als Struktur in den Übersetzungen erhalten
bleiben und in der Nachbearbeitung als Orientierung auch für
Nicht-sprachkundige dienen können.
5. Freiheit für Originaltexte!
Geschlossene / gesperrte / proprietäre Formate
Proprietäre Dateiformate wie z.B. PDF sorgen dafür, dass Texte nicht
veränderbar, sondern nur mehr lesbar sind. PDF ist ein reines
Veröffentlichungsformat, das nicht mehr verändert werden soll/darf.
Daher sind Ausgangstexte, die nur als Dateiformat "PDF" vorliegen für
ein Übersetzungsprojekt eine sehr schlechte Ausgangsbasis, die oft
Kosten für aufwendige Rekonstruktionen in ein editierbares Dateiformat
und Projektverzögerungen nach sich ziehen können. Eine ähnliche
Situation ergibt sich, wenn Text als "Bild" in ein Dokument eingefügt
wurde. Typischerweise erfolgt so eine Situation wenn Papiertexte (ohne
Texterkennung) eingescannt und in ein digitales Dokument kopiert wurden.
Tipp!
Für jedes Printmedium, das zu übersetzen ist, sollte Folgendes
bereitgestellt werden:
- Einen PDF-Abzug der Originaldatei (als Vergleichsobjekt)
- Eine Kopie der editierbaren Originaldatei, unter Angabe in welchem
Softwareprodukt das Original erstellt wurde.
Für Software/Webprojekte sollte der gesamte übersetzbare Text als
Liste einzelner Texteinheiten aufbereitet werden. Jeder Texteinheit
sollte eine eindeutige(r) Variable/ Code (unique Textkey) zugeordnet
werden. Enthält der Ausgangstext HTML Tags oder Parameter eingebetteter
Objekte etc. könnten diese unabsichtlich in der Übersetzung
mit-verändert werden. Dies führt dann zu unabsehbaren
Funktionsstörungen, deren Reparatur Ihnen wieder Kosten verursacht. Es
empfiehlt sich daher, variablen Text immer in externe XML (z.b. native
XML, TMX, XLIFF), include oder .po Dateien auszulagern oder Text mittels
einer Datenbank dynamisch einzubinden.
Wichtig:
Idealerweise sollten Textinhalte sauber getrennt von jeder Style-ing
und Programmlogik gespeichert werden! Fix kodierte (hard coded) Texte
sollten in jeder Software/Webapplikation auf jeden Fall vermieden
werden. Dies gilt besonders für grafische Texte, wie sie häufig in
dekorativen Designs oder Flash Animationen verwendet werden. Auch hier
empfiehlt es sich externe Textquellen einzubinden und auf die
Variabilität von Textlängen pro Sprache zu achten.
6. Sprache - kurz, einfach und prägnant
Texte mit Werbebotschaften neigen gerne dazu Wortspiele,
Redewendungen, Wortschöpfungen und Doppeldeutigkeiten als Elemente
einzusetzen. Leider sind diese Elemente meist sehr kulturspezifisch und
lassen sich nicht einfach 1:1 übersetzen. Manchmal lassen sich kreative
Schöpfungen - so genial sie auch sein mögen- unmöglich in eine andere
Sprache übertragen.
Hier stößt eine Übersetzung an ihre Leistungsgrenzen. Der Ausgangstext muss daher in der jeweiligen Fremdsprache und deren Kulturkontext komplett neu getextet/erfunden werden. So können sich hier wieder Projektverzögerungen ergeben und Zusatzkosten entstehen.
Tipp!
Vermeiden Sie daher "hoch-kreative" Inhalte, die nur im Kulturkreis
der Ausgangssprache verstanden werden. Fragen Sie Ihren
Sprachdienstleister bereits in der Erstellungsphase des Ausgangstextes.
7. Simple Satzstruktur
Lange und verschachtelte Sätze sind anfällig für Missverständnisse
und Sinnfehler.
Tipp!
Kurze und prägnante Sätze sparen Zeit und Kosten in der Übersetzung.
Sie verankern sich auch besser im Gedächtnis Ihrer (ausländischen)
Kunden.
8. Pure Texteinheiten zahlen sich aus
Sowohl in Printmedien als auch in Softwareprodukten werden
Texteinheiten zu einem Übersetzungsproblem, sobald Textsätze von
eingebetteten Designelementen, wie etwa Logos, kleine Abbildungen,
Buttons oder Symbolen unterbrochen werden. Diese "Textfremdkörper"
führen häufig zu (kostenpflichtigen) Zusatzaufwänden in der Übersetzung,
da sie grafische Anpassungen / Justierungen erfordern. Gelegentlich
entstehen in der jeweiligen Fremdsprache Satzkonstellationen, die eine
sinngemäße Anpassung der eingebetteten Elemente unmöglich machen.
Tipp!
Versuchen Sie Texteinheiten von eingebetteten Elementen frei zu
halten. Ordnen Sie (unverzichtbare) grafische Elemente, wie folgt an:
- Neben einer entsprechenden Texteinheit und außerhalb eines
allfälligen Textframes/-containers der den Text enthält.
Vorteil: Der Leser wird durch eine klarere Struktur beim Lesen
unterstützt.
- Wenn nicht anders möglich: Ordnen Sie Elemente am Anfang oder am
Ende eines ganzen Satzes an.
9. Text als Schmuck statt Inhalt: Text-Tapeten
Bei der Erstellung eines Ausgangstextes ist es ratsam zu
hinterfragen, ob soviel Text überhaupt nützlich ist.
Tipp!
Weniger ist mehr. Konzentrieren Sie sich auf die wesentlichen
Kernaussagen, ohne üppiges Textbeiwerk und Wiederholungen. Das schont
Produktions- und Übersetzungskosten und kommt der Wahrnehmung Ihrer
Endkunden entgegen.
10. Jetzt wird es hart. Zeilenumbrüche
Ein leider häufiges Phänomen in Texten von Print und Softwaremedien
sind sporadisch eingefügte harte Zeilenumbrüche (manuelle Returns). Sie
lösen zwar kleinere Defekte in der optischen Aufteilung des Textflusses
des Originals, jedoch können solche "harten" Zeilenumbrüche nach der
Übersetzung (wegen unterschiedlichen Textlauflängen) zu erheblichen
Textverschiebungen führen. Es kann ein Durcheinander entstehen, das jede
Nachbearbeitung - egal ob für Print oder Softwareprojekte - sehr
erschwert, wenn nicht sogar unmöglich macht.
Tipp!:
Versuchen Sie den Textfluss - wo optisch nötig- in mehrere
Textframes/-container/-abschnitte aufzuteilen, so dass auftretende
Textverschiebungen kompensiert werden können.
Quelle: Mondolingua Professionelle Übersetzung und Kommunikation