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Gurtpflicht für Rollstuhlnutzer: Neuerungen im Bußgeldkatalog 2017

Archivmeldung vom 02.12.2016

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.12.2016 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Querschnitt / pixelio.de
Bild: Querschnitt / pixelio.de

Wichtig für alle Fahrer und Fahrzeughalter, die Rollstuhlnutzer befördern wollen: Seit dem 01.02.2017 ist ein Bußgeld fällig, wenn die Verkehrsvorschriften für die sichere Beförderung von Rollstuhlnutzern, die schon seit Juni 2016 gelten, nicht eingehalten werden. Diese Vorschriften setzen europäische Normen in deutsches Recht um. Ab Februar 2017 werden Verstöße nun nach dem bundesweit gültigen Bußgeldkatalog geahndet.

Die Änderungen in der Straßenverkehrsordnung führten die "Gurtpflicht" für Passagiere ein, die im Rollstuhl befördert werden (§21a StVO). Diese erweiterte "Gurtpflicht" bezieht sich bei der Beförderung von Personen im Rollstuhl (Rollstuhlnutzer) zum einen auf das Benutzen eines Rollstuhl-Rückhaltesystems für den Rollstuhl, zum anderen auf das Anlegen eines Rollstuhlnutzer-Rückhaltesystems, das den Rollstuhlnutzer selbst sichert. Im gleichen Zug mit der Einführung dieser Regelung wurden im Juni 2016 vorsätzliche oder fahrlässige Verstöße gegen diese Vorschrift als Ordnungswidrigkeit klassifiziert (§49 Abs.1 Nr. 20a StVO), aber noch nicht geahndet.

Ab dem 01.02.2017 treten die Bußgeldkatalogtatbestände nun in Kraft. Die Verzögerung ist darauf zurückzuführen, dass zunächst die Möglichkeit zum Sammeln erster Erfahrungswerte in der Anwendung der neuen Vorschriften genutzt werden sollte. Ab Februar nächsten Jahres gelten folgende Bußgelder für Verstöße in Verbindung mit der Sicherung von Passagieren im Rollstuhl (Tatbestände sinngemäß gekürzt).

Lfd. Nr. Adressat Tatbestand Bußgeld

  • 101.1 - Fahrer: Rollstuhl-Rückhaltesystem oder Rohlstuhlnutzer-Rückhaltesystem während der Fahrt nicht angelegt. 30EUR
  • 203b - Fahrer: Inbetriebnahme eines PKWs, in dem trotz fehlendem Rollstuhlstellplatz ein Rollstuhlnutzer befördert wurde. 35EUR
  • 203a -  Halter: Anordnung oder Zulassen des voranstehenden Tatbestandes (203b). 35EUR
  • 203d - Fahrer: Inbetriebnahme eines PKWs, in dem ohne Rollstuhl-Rückhaltesystem oder Rollstuhlnutzer-Rückhaltesystem ein Rollstuhlnutzer befördert wurde. 30EUR
  • 203c - Halter: Anordnung oder Zulassen des voranstehenden Tatbestandes (203d). 30EUR
  • 203e - Fahrer: Nicht sichergestellt, dass das 203f Halter, Rollstuhl-Rückhaltesystem oder das Rollstuhlnutzer-Rückhaltesystem in der vom Hersteller des jeweiligen Systems vorgesehenen Weise während der Fahrt betrieben wurde. 30EUR

Die Bußgelder orientieren sich offenkundig an dem bestehenden Bußgeld für das Nichtanlegen vorgeschriebener Sicherheitsgurte während der Fahrt (Lfd. Nr. 100), das mit 30EUR zu Buche schlägt. Fraglich ist, ob die Höhe des Bußgeldes eine hinreichend abschreckende Wirkung entfaltet. Insbesondere beim Transport von Menschen mit Behinderung, die die eigene Sicherung möglicherweise nicht oder nur schwer selbst vornehmen können, hätte bei einer Beförderung ohne Rollstuhlstellplatz als Messlatte auch die Lfd. Nr. 99.1 herangezogen werden können. Dieser Tatbestand regelt das Bußgeld für die ungesicherte Beförderung von Kindern, die in vielen Fällen hinsichtlich der Sicherung ebenfalls vom Fahrzeugführer abhängig sind. Dafür sieht der Bußgeldkatalog ein fast doppelt so hohes Bußgeld von 60EUR, bei mehreren Kindern sogar 70EUR vor.

Ungeachtet der Höhe des Bußgeldes sollte vor der Beförderung eines Rollstuhlnutzers stets geprüft werden, ob der Rollstuhl selbst für die Verwendung mit den vorgeschriebenen Rückhaltesystemen geeignet ist. Die sicherste Alternative stellt in den meisten Fällen der integrierte Fahrzeugsitz mit Dreipunkt-Sicherheitsgurt dar. Sofern die Möglichkeit besteht, sollten Rollstuhlnutzer zur Beförderung entsprechend umgesetzt werden.

Die Verordnung hatte zunächst für Unsicherheit gesorgt, da vielen Rollstuhlnutzern unklar war, ob sie ihre Fahrzeuge nun umrüsten müssten. Auch bei Betreibern von Fahrzeugen für die Personenbeförderung hatte zunächst Unklarheit über etwaige Umbauten oder Nachrüstungen bestanden. Die Bundesregierung hat aber in ihrer Antwort auf eine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen klargestellt, dass die Rückhaltesysteme für Rollstühle und Rollstuhlnutzer zwar den einschlägigen DIN- bzw. ISO-Normen entsprechen müssen, dass aber eine entsprechende Nachrüstung aller für die Rollstuhlbeförderung im Verkehr geeigneten Fahrzeuge nicht vorgesehen ist (Drucksache 18/8634).

Quelle: Verband für transparente Verkehrspolitik in Europa (VTVEU) (ots)

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