Foodwatch: Achtung: 30% teurer
Archivmeldung vom 17.03.2023
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.03.2023 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Sanjo BabićMit Aldi kannst du es dir leisten“ – während alles teurer wird, werben Supermärkte mit Slogans wie diesen für ihre Eigenmarken. Parallel dazu gehen sie die Hersteller von Markenprodukten hart an: Mit breiter Brust verbannte Rewe zum Beispiel die Frühstücksflocken von Kelloggs’s aus seinem Sortiment [1]. Der Grund: Deren Preis sei zu stark gestiegen. Als Alternative bewarb Rewe die angeblich so günstigen Choco Crispies aus eigener Produktion – und stilisierte sich dabei fast schon zum Verbraucherschützer. Dies berichtet die NGO "foodwatch".
foodwatch ist der Sache auf den Grund gegangen. Und tatsächlich: Das ganze ist ein Marketing-Trick. Der Preis der Rewe-Crispies ist sogar viel stärker gestiegen als die verbannten Kellogg‘s-Flocken – um geschlagene 25 Prozent.
Daher haben wir weiter recherchiert: Was ist dran an der Billig-Werbung der Supermärkte? Dafür haben wir einen durchschnittlichen Warenkorb gefüllt und nur zu den Niedrigpreis-Eigenmarken von Aldi gegriffen. 45 Euro hätten wir dafür vor einem Jahr gezahlt. Das zeigen die Daten einer Preisvergleichsapp. An der Kasse kam dann der große Schreck: Der Kassierer will knapp 60 Euro von uns haben. Das sind 30 Prozent mehr [2]. Zum Vergleich: Insgesamt wurden Lebensmittel 2022 „nur“ um 20 Prozent teurer [3]. Von wegen günstige Eigenmarken.
Das zeigt auch ein systematischer Marktcheck über alle Supermärkte hinweg: Unter allen Produkten, die im letzten Jahr teurer geworden sind, stechen besonders Niedrigpreis-Eigenmarken wie „gut & günstig“, „Milbona“ oder „Ja!“ hervor. Stiegen sie im Preis, dann durchschnittlich doppelt so stark wie die Markenprodukte. Der günstigste Joghurt legte bei allen Supermärkten sogar um satte 75 Prozent zu.
Dieses foodwatch-Recherche ist peinlich für die Supermärkte. Sie geben sich als Kämpfer gegen die Inflation. Und sind selbst nicht besser. Heute berichtet das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ auf seiner Internetseite über unsere Recherche – und bringt die Handelsketten in Erklärungsnot [4].
Rewe, Edeka, Lidl und Aldi – diese vier Handelsgiganten kontrollieren 85 Prozent des Lebensmittel-Einzelhandels [5].
Unsere Recherche zeigt einmal mehr: Diese Macht braucht ein Gegengewicht. Sonst ziehen sie uns alle über den Tisch. foodwatch kann gegenhalten, weil Verbraucher:innen wie Sie unsere Arbeit jeden Monat mit einem kleinen Betrag unterstützen – und uns erlauben, unabhängig zu bleiben.
Logisch – natürlich können die Supermärkte ihre Preise in Zeiten wie diesen nicht konstant halten. Aber so krass bei den Eigenmarken zulangen? Wie kann das sein? Wir dachten: Fragen wir doch mal nach. Könnt ihr uns die Preisexplosion bei euren Eigenmarken erklären? Uns mal vorrechnen, wie sich die 30 Prozent Teuerung zusammensetzen?
Das Ergebnis: Rewe und Lidl haben sich gar nicht geäußert, Aldi hat ein vereinbartes Gespräch wieder abgesagt und bis heute keinen neuen Termin vereinbart. Und Edeka hat sich in einer schriftlichen Stellungnahme hinter den Preissteigerungen der Markenhersteller versteckt, selbst aber nichts offengelegt. Sich als Vorkämpfer gegen hohe Preis aufspielen, aber auf Nachfrage mauern – das ist einfach nur dreist.
Denn es trifft gerade jene in der Gesellschaft, die mit den steigenden Preisen besonders kämpfen. Unsere Recherche zu den Preiseinstiegs-Marken zeigt: Gerade jene Produkte, auf die der einkommensschwächste Teil der Bevölkerung am meisten angewiesen ist, sind viel stärker im Preis gestiegen als der Rest des Lebensmittelsortiments. Wer schon vorher genau rechnen und jeden Cent umdrehen musste, ist jetzt besonders hart getroffen: Von einer versteckten, besonders drastischen Teuerung bei den Eigenmarken im Supermarkt.
Daher muss auch die Politik endlich handeln und gerade jene unterstützen, die unter den Lebensmittelpreisen besonders ächzen. Und natürlich sollten die Supermärkte ihr irreführendes Niedrigpreis-Marketing beenden und uns nicht länger über teure Eigenmarken täuschen.
Damit wir das durchsetzen können, bitte ich Sie heute: Bieten Sie der Lebensmittel-Industrie Paroli und unterstützen Sie foodwatch. Schon 2 Euro in der Woche helfen sehr."
Quelle: Foodwatch