Experten: Klare Regeln für E-Scooter sind sinnvoll aber zu vielen Nutzern offenbar unbekannt
Archivmeldung vom 27.03.2021
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDie in Deutschland geltenden klaren Regeln für die Nutzung von E-Scootern sind sinnvoll, werden aber noch von zu vielen Nutzern - bewusst oder unbewusst - missachtet. So bewerten die Experten der DEKRA Unfallforschung die aktuell vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Unfallzahlen.
Im Jahr 2020, für das E-Scooter-Unfälle zum ersten Mal gesondert erfasst wurden, nahm die Polizei insgesamt 2.155 Unfälle mit Personenschaden auf, an denen elektrisch betriebene Tretroller beteiligt waren. Dabei wurden fünf Menschen getötet und 386 schwer verletzt.
E-Scooter waren an 0,8 Prozent aller in Deutschland verzeichneten Unfälle mit Personenschaden beteiligt. "Dieser geringe Anteil spricht zunächst dafür, dass hierzulande - auch dank der klaren Regeln - das von vielen befürchtete Chaos rund um E-Scooter verhindert werden konnte", so DEKRA Unfallforscher Luigi Ancona. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern wurde 2019 für Deutschland klar definiert, welche Anforderungen die Roller erfüllen müssen, wer sie nutzen darf, welche Versicherung erforderlich ist und welche Verkehrsregeln gelten. "Auch wenn vergleichbare Unfallzahlen aus anderen Ländern bisher nicht vorliegen, ist davon auszugehen, dass die ungeregelte Nutzung von E-Scootern zu einem höheren Unfallrisiko führt", so der Experte.
Alleinunfälle und Kollisionen mit Pkw sind am häufigsten
Besonders auffällig ist für den DEKRA Unfallforscher der mit fast 43 Prozent sehr hohe Anteil an so genannten Alleinunfällen, also Unfällen ohne einen zweiten Beteiligten. In rund einem Drittel der Fälle kam es zur Kollision mit Pkw. Unfälle zwischen E-Scootern und Radfahrern oder Fußgängern machen zusammen rund 18 Prozent des Unfallgeschehens aus. "Das stützt die oft formulierte subjektive Wahrnehmung nicht, dass das eine besonders häufige Unfallkonstellation wäre", so Ancona. "Unbestritten ist aber, dass ein solches Zusammentreffen auch für die Unfallgegner ein hohes Verletzungsrisiko birgt."
1.553 E-Scooter-Nutzern wurde die Hauptschuld am Unfall zugewiesen. Das entspricht einem Anteil von fast 71 Prozent. Hier spielt aber die große Zahl an Alleinunfällen eine wichtige Rolle. "Betrachtet man nur die Unfälle mit Unfallgegner, reduziert sich der Wert auf ziemlich exakt 50 Prozent", so der DEKRA Unfallforscher. "Daraus ergibt sich kein klarer Hinweis darauf, dass E-Scooter-Nutzer durchweg rücksichtslos fahren und ständig andere gefährden."
Dass E-Scooter primär von jüngeren Menschen genutzt werden, spiegelt sich auch in den Unfallzahlen wider. Über 75 Prozent der an Unfällen beteiligten E-Scooter-Fahrer waren jünger als 45 Jahre, rund ein Drittel unter 25 Jahre alt.
Häufigste Fehlverhalten sind Alkoholeinfluss und falsche Straßennutzung
Extrem auffällig ist bei den Ursachen die Alkoholisierung der E-Scooter-Fahrer. Dieses Fehlverhalten wurde von der Polizei 431-mal registriert, was einem Anteil von mehr als 18 Prozent aller vorgeworfenen Fehlverhalten entspricht. Auf Platz zwei folgte mit gut 16 Prozent die falsche Benutzung der Fahrbahn oder des Gehwegs. "Beide Arten des Fehlverhaltens sprechen dafür, dass viele Nutzer von E-Scootern die für sie geltenden Verkehrsregeln nicht kennen oder sie bewusst missachten", folgert DEKRA Expert Ancona.
So gilt auch bei der Nutzung der E-Scooter, wie am Steuer eines Pkw, die Alkoholgrenze von 0,5 Promille, für Führerscheinneulinge die 0-Promille-Grenze - auch wenn für die Nutzung der E-Scooter kein Führerschein erforderlich ist. In Sachen Straßennutzung gelten die gleichen Regeln wie für Radfahrer. Falls nicht ausdrücklich freigegeben, sind Gehwege und Fußgängerzonen tabu. Wenn vorhanden, müssen Fahrradwege oder Schutzstreifen genutzt werden, ansonsten die Fahrbahn. Wer E-Scooter fahren will, muss mindestens 14 Jahre alt sein.
Klare Regeln für Zulassung der Fahrzeuge
In Deutschland dürfen im öffentlichen Straßenverkehr ausschließlich E-Scooter verwendet werden, die die Anforderungen der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung erfüllen, die entsprechend geprüft sind und denen eine Allgemeine Betriebserlaubnis erteilt wurde. Verlangt sind unter anderem eine Höchstgeschwindigkeit von maximal 20 km/h, Beleuchtungseinrichtungen und zwei voneinander unabhängige Bremsen. Die Fahrzeuge müssen außerdem, wie Mofas und S-Pedelecs, ein Versicherungskennzeichen haben. Andere Konzepte wie selbstbalancierende Monowheels oder Hoverboards sind nicht zugelassen und dürfen deshalb allenfalls auf privatem Gelände genutzt werden.
Verkehrsregeln kennen und befolgen
Der Appell der DEKRA Unfallforschung ist klar: Wer auf einen E-Scooter steigt, sollte die geltenden Regeln kennen und befolgen. Verkäufer und Vermieter sollten ihre Nutzer nachhaltig im sicheren Umgang mit den Fahrzeugen schulen - etwa durch ein Tutorial. Nutzer sollten vor der ersten Fahrt im Straßenverkehr den sicheren Umgang mit dem Fahrzeug unter kontrollierten Bedingungen üben. Und die Empfehlung, einen Helm zu tragen, gilt für den E-Scooter genauso wie fürs Fahrrad.
Quelle: DEKRA SE (ots)