Mittelalterliche Bauwerke in Hessen: Häuser, Burgen und Kirchen - Versuch einer alternativen Chronologie
Archivmeldung vom 03.01.2017
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtEs gibt viel Grund zur Annahme, dass der uns bekannte rekonstruierte Geschichtsverlauf aufgrund von Irrtümern und gezielten Fälschungsaktionen fehlerhaft ist. Führende Chronologiekritiker vermuten eine drastische Verkürzung ganzer historischer Zeitabschnitte. Das nun nachfolgend rezensierte Buch "Mittelalterliche Bauwerke in Hessen: Häuser, Burgen und Kirchen - Versuch einer alternativen Chronologie" von Dr. Manfred Neusel untersucht die Geschichte der Vergangenheit unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte anhand der architektonischen Entwicklung.
Auf der Rückseite des Werkes ist zu lesen: "Aus dem 16. Jahrhundert sind in Hessen noch zahlreiche Wohnhäuser, Burgen und Kirchen erhalten geblieben. An vielen Abbildungen können die Leser/innen deren Entwicklung zurückverfolgen bis ins 6. Jahrhundert, da ausgegrabene Vorgängerbauten mitberücksichtigt werden. Man merkt, dass Bauwerke in ihrer Gestalt und Funktion nur aus ihrer Zeit heraus verstanden werden können.
Das Buch soll anregen, mittelalterliche Bauwerke in und um Hessen herum aufzusuchen und sich mit ihnen zu beschäftigen. Stellt man sie als wichtige historische Quelle alten Überlieferungen gegenüber, drängt sich einem stark der Verdacht auf, dass mit Karl dem Großen und seiner Zeit etwas nicht stimmen kann. So bietet der Autor alternative Bauzeiten im jeweiligen historischen Umfeld an."
Unser Fazit:
Nach einem Vorwort von Prof. Dr. Wilhelm Kaltenstadler und einem Brief an seine Leser von Dr. phil. Manfred Neusel folgen etwa 50 Seiten mit Abbildungen mittelalterlicher Bauwerke und danach 60 Seiten auf denen sich der Autor mit der kulturgeschichtlichen Entwicklung der Bauern- und Burgenhäuser, der Burgen und Pfalzen sowie der Kapellen und Kirchen auseinandersetzt. Auf weiteren 30 Seiten wird sich im Kapitel "Mythos und Wahrheit" an die eigentliche Thematik der Chronologiekritik herangetastet. 15 Seiten Abbildungs- und Literaturnachweise schließen das Buch ab.
Prof. Dr. Kaltenstadler beschreibt treffend im Vorwort: "Anders als Dr. Illig und Topper geht Dr. Neusel die Chronologiefrage bewusst von der Warte eines begrenzten, überschaubaren Raumes, also gewissermaßen "dal basso", an. In seinem Buch wird deutlich, dass man die Chronologiefrage nicht losgelöst von einem bestimmten Raum betrachten sollte." Sollten tatsächlich mehrere Jahrzehnte oder gar Jahrunderte unserer Geschichtsschreibung "erfunden" worden sein, dann sollte dies auch die Architekturgeschichte zu erkennen geben. Demnach ist der Ansatz des Autors die Menschen mit diesem Buch an diese Materie heranzuführen äußerst lobenswert, zumal er als hervorragender Kenner der Geschichte der Mittelalterlichen Bauwerke in Hessen wohl perfekt für diese Aufgabe geeignet ist.
50 Seiten mit Abbildungen der Bauwerke erscheinen dem Leser dieser Buchbesprechung vielleicht als zu viel, dem muss allerdings widersprochen werden. Da wohl überwiegend themenferne Leute das Buch lesen werden, sind die Fotos und Zeichnungen der Bauwerke und deren Grundrisse wichtig zum Hereinfinden und bieten auch fürs Verstehen der Thematik eine wichtige Grundlage. Überdies gibt es wohl nur sehr wenige Arbeiten, die Kapellen und Kirchen "ebenso wie die anderen hessischen Bauwerke in einen allgemeinen kulturhistorischen Kontext in Verbindung mit anderen wissenschaftlichen Methoden, z.B. der Münzkunde und Archäologie, einzubauen", wie auch Prof. Dr. Kaltenstadler hervorhebt. Man kann und sollte zwar nicht hundertprozentig von einer gradlinigen Entwicklung in der Baugeschichte ausgehen, kann aber eine weitestgehend aussagekräftige Grundtendenz annehmen, die bei der Zuordnung eines Bauwerkes zu einer gewissen Zeit nützlich sein kann.
Dr. Neusel schreibt auf Seite 111, dass "die vorliegende Arbeit keine stark verkürzte Kunstgeschichte sein" soll, "sondern ein Versuch, die Architektur in einen gesellschaftlichen und kulturellen Gesamtzusammenhang zu stellen und auf die Problematik der frühmittelalterlichen Altersbestimmung hinzuweisen". Dies ist dem Historiker durchaus gut gelungen. Selbst derjenige, der heutzutage - knapp zehn Jahre nach Erscheinen des Buches - die Schulausbildung im Gymnasialzweig mit Abitur erfolgreich beendet, wird kaum irgendetwas aus diesem Buch von vornherein wissen. Die Inhalte werden generell heutzutage nicht gelehrt und müssen sich im Selbststudium in der Freizeit angeeignet werden. Das Buch dient daher als wunderbarer Einstieg in eine vielschichtige Thematik und schafft trotz seiner Kürze (der Textteil umfasst nur fast 100 Seiten) eine weitreichende Basis an weiteren verknüpften Einzelthemen, die sich der Leser für ein weiteres autodidaktisches Studium des Komplexes zu späterer Zeit ebenfalls anschauen kann.
Es werden viele Puzzleteile zum Versstehen des "Großen Ganzens" geliefert. Die vielen oft kurz aufeinander folgenden Themen- und Ortswechsel mögen den "nicht im Thema steckenden" Leser vielleicht ein wenig überfordern, dennoch sind sie unvermeidlich bei einem facettenreichen Themenkomplex wie diesem und außerdem übergeordnet gut sortiert und sinnvoll aneinandergereiht. Man sollte das Buch bestenfalls mit einem Notizblock lesen und sich alle angeschnittenen Themen, die man vertiefen möchte, herausschreiben, um seinen Wissensstand auf diese Weise optimal vertiefen zu können.
Angenehm sind in diesem Zusammenhang auch die vielen nützlichen und notwendigen Literaturhinweise, die die Arbeit transparent machen und weiteren Stoff zur Recherche bieten.
Zu den Ergebnissen Dr. Neusels zählt unter anderem,
- dass sich die Entwicklungsgeschichte der Wohnhäuser, Burgen und Kirchen in Hessen und den angrenzenden Gebieten vom 6. bis zum 16. Jahrhundert gut verfolgen und darstellen lässt,
- dass diese Entwicklung gradlinig verläuft, sofern man die angeblichen Bauten Karls des Großen und Ludwigs des Frommen als spätottonisch einstuft,
- dass spätottonische Berichte über die karolingische Zeit zumindest teilweise Idealbilder und nicht als historische Realität zu werten sind
- und dass Bauten und gesellschaftliche Verhältnisse sich um 650 und 850 so ähnlich sind, dass eine 200-jährige Phantomzeit möglich erscheint.
Die Indizienlage hierzu ist detailliert im Buch nachzulesen.
Neben der weiteren Buchrecherche zum Thema regt das Werk vor allem auch zum Besuchen der noch vorhandenen alten Bauwerke an. Gerade für jemanden, der in oder bei Hessen wohnt, gibt es viele Inspirationen für kulturhistorische Vor-Ort-Recherchen. Da jeder Mensch einen anderen Zugang zu / Blick auf die Geschichte hat, fallen dem einen oder anderen Leser direkt am Ort des Geschehens vielleicht Dinge auf, die die meisten anderen schnell übersehen. Die starke Nähe und Liebe des Autors zur Kultur und Geschichte der Heimat fällt nicht nur deutlich auf, sondern schwappt auch beim Lesen über und animiert dazu die eigene Region nicht nur durch Bücher zu erkunden. Das große Rätsel um die Chronologiefrage wird somit greifbarer und noch mehr zu einem Abenteuer, zu dessen Lösung man womöglich auch selbst einen Beitrag leisten kann.
Abschließend lässt sich sagen: Dr. Neusels Buch "Mittelalterliche Bauwerke in Hessen: Häuser, Burgen und Kirchen" ist nicht als endgültige vollständige Ausarbeitung zu verstehen, vielmehr als ein notwendiger und nützlicher Beitrag zur Wahrheitsfindung, daher trägt es ja auch den Untertitel "Versuch einer alternativen Chronologie". Man spürt jedenfalls deutlich beim Lesen, dass der Historiker es nach bestem Wissen und Gewissen mit fachmännischem Sachverstand verfasst hat. Wer sich mit Chronologiekritik auseinandersetzt oder sich für die tatsächliche Geschichte interessiert, sollte es gelesen haben.
Informationen zum Buch:
Autor: Manfred Neusel
Mittelalterliche Bauwerke in Hessen: Häuser, Burgen und Kirchen - Versuch einer alternativen Chronologie
Taschenbuch: 175 Seiten
Verlag: Ancient Mail; Auflage: 1 (23. August 2007)
Sprache: Deutsch
ISBN-13: 978-3935910477
€ 18,50