Insolvenz: Rückständige Lohnzahlungen können zurückgefordert werden
Archivmeldung vom 06.05.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittArbeitnehmer aufgepasst! Rückständige Lohnzahlungen können in der späteren Insolvenz des Arbeitgebers vom Insolvenzverwalter angefochten und zurückgefordert werden.
Folgende Grundsätze gelten:
I. Bei Lohnzahlungen innerhalb von 3 Wochen nach Fälligkeit besteht grundsätzlich keine Anfechtungsgefahr, weil ein sogenanntes Bargeschäft gemäß § 142 InsO vorliegt. Das heißt es besteht ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Arbeitsleistung des Lohnes und Zahlung.
II.Kritisch sind Lohnzahlungen später als 3 Wochen nach Fälligkeit, das heißt rückständige Lohnzahlungen:
1.Nach geltendem Recht muss der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Zahlung Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit oder dem Eröffnungsantrag haben, § 139 InsO.
Der BGH hat mit Urteil vom 19.02.2009, Az. Ix ZR 62/08, grundsätzlich Anforderungen an die erforderliche Kenntnis des Arbeitnehmers formuliert. Hiernach ist ein Gesamtüberblick des Arbeitnehmers über die Liquiditäts- oder Zahlungslage des Arbeitgebers erforderlich. Diese "Insiderkenntnis" ist am ehesten bei Arbeitnehmern in der Finanzbuchhaltung und in der Geschäftsleitung einzunehmen. Die Kenntnis von Einzeltatsachen - etwa Lohnrückstände bei Kollegen - reicht noch nicht aus.
2.Zur Schaffung von Rechtsklarheit liegt ein Gesetzesentwurf des Bundesjustizministeriums vom 17.04.2009 zur Einführung eines neuen § 130 IV InsO vor. Voraussetzungen der Vorschrift sind:
- Gläubiger ist Arbeitnehmer
- Lohn ist fällig
- Lohnzahlung ist erst nach Ablauf von 3 Wochen nach Fälligkeit erfolgt
- Arbeitnehmer hat positive Kenntnis von Zahlungsunfähigkeit oder vom Eröffnungsantrag.
III.Zu beachten ist noch, dass der Insolvenzverwalter nach § 130 InsO nur solche Zahlungen anfechten kann, die rückwirkend vom Insolvenzantrag innerhalb einer Frist von 3 Monaten geleistet wurden.
Quelle: Rechtsanwalt Dresden: Ulrich Horrion