Oberlandesgericht fällt Hammer-Blitzer-Urteil: Messungen rechtswidrig
Archivmeldung vom 13.11.2019
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Freigeschaltet durch André OttStädte und Gemeinden die private Dienstleister zur Verkehrsüberwachung einsetzen, ziehen den Kürzeren. In einer Grundsatzentscheidung hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main am 06. November 2019 bestätigt, dass Verkehrsüberwachungen durch private Dienstleister gesetzeswidrig sind. Auf dieser Grundlage können keine Bußgeldbescheide erlassen werden.
Ein geblitzter Autofahrer hatte geklagt, da bei der ihm vorgeworfenen Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit die Messung durch einen Angestellten einer privaten GmbH, als Zeuge B benannt, vorgenommen worden sei. Wie sich das Urteil auf künftige Bußgeldvorwürfe auswirkt, verrät die Berliner Coduka GmbH - Betreiber des Portals www.geblitzt.de - die sich als Prozessfinanzierer auf Vorwürfe aus dem Straßenverkehr spezialisiert hat.
Das Oberlandesgerichts (OLG) bestätigte mit seiner Entscheidung das Urteil des Amtsgerichts Gelnhausen, dass den Betroffenen zuvor freigesprochen hatte. Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, dass der Bürgermeister der Gemeinde Freigericht als Ortspolizeibehörde im Zuge verbotener Arbeitnehmerüberlassung einen privaten Dienstleister mit der hoheitlichen Verkehrsüberwachung und der Verhängung von Verwarn- und Bußgeldern beauftragt hat (Aktenzeichen 44 OWi - 2545 Js3379/19, Amtsgericht Gelnhausen, 29.5.2019). Gegen das Urteil hat die Staatsanwaltschaft Hanau Rechtsbeschwerde eingelegt.
Das Oberlandesgericht stellte in seiner Begründung nun grundlegend klar: "Die vorliegend durchgeführte Verkehrsüberwachung durch den gemeinsamen Ordnungsbehördenbezirk der Gemeinden Freigericht und Hasselroth ist gesetzeswidrig. Die im hoheitlichen Auftrag von einer privaten Person durchgeführte Geschwindigkeitsmessung hat keine Rechtsgrundlage. In der Folge hätte das Regierungspräsidium Kassel keinen Bußgeldbescheid erlassen dürfen." (Aktenzeichen 2 Ss-OWi 942/19, OLG Frankfurt am Main, 6.11.2019)
Im Urteil weist das Gericht darauf hin, dass die Verkehrsüberwachung nur durch eigene Bedienstete der Ortspolizeibehörde, mit entsprechender Qualifikation, durchgeführt werden darf. Der eingesetzte Zeuge ist unstrittig kein Bediensteter der Gemeinde. Seine Überlassung im Wege der Arbeitnehmerüberlassung sei rechtswidrig und entzieht damit dem Verfahren die Rechtsgrundlage für den Erlass des Bußgeldbescheides.
"Damit hat die zunehmende Praxis private Firmen zur Erbringung staatlicher Aufgaben, wie der Verkehrsüberwachung einzusetzen, einen Dämpfer erhalten. Da diese Auslagerung, neben Hessen, auch in Bayern, Brandenburg, Sachsen, dem Saarland und NRW verfolgt wird, hat diese Einzelfallentscheidung bundesweiten Signalcharakter ", so Jan Ginhold, Geschäftsführer der Coduka GmbH.
Das Gericht macht zudem deutlich, dass in Folge des gesetzwidrigen Handelns sämtliche Verkehrsüberwachungen der Ordnungsbehördenbezirke der Gemeinden Freigericht und Hasselroth, sowie der Gemeinden Brachttal und Nidderau, aufgrund gleicher Praxis, seit mindestens dem 23.03.2017 unzulässig sind.
"Wir begrüßen die Entscheidung des Gerichts", so Ginhold weiter. "Allerdings ist davon auszugehen, dass bereits rechtskräftige Bescheide, bei denen Betroffene gezahlt haben, trotz fehlender Rechtsgrundlage Bestand haben. Für zukünftige oder noch laufende Verfahren gilt, dass die Verfahren von derartigen Privat-Blitzern anfechtbar sind. Da dies von außen aber nicht identifizierbar sind, ist die Prüfung der Verfahren durch einen Anwalt auf Basis der Ermittlungsakte, so wie sie über www.geblitzt.de möglich ist, zwingend."
Die Coduka arbeitet eng mit drei großen Anwaltskanzleien zusammen, deren Anwälte für Verkehrsrecht bundesweit vertreten sind. Die Zahlen können sich sehen lassen. Täglich erreicht das Geblitzt.de-Team eine Flut von Anfragen. 12 % der betreuten Fälle werden eingestellt, bei weiteren 35 % besteht die Möglichkeit einer Strafreduzierung. Und wie finanziert sich das kostenfreie Geschäftsmodell? Durch die Erlöse aus Lizenzen einer selbst entwickelten Software, mit der die Anwälte ihre Fälle deutlich effizienter bearbeiten können. Somit leistet die Coduka aufgrund des Einsatzes von Legal-Tech-Lösungen Pionierarbeit auf dem Gebiet der Prozessfinanzierung.
Quelle: CODUKA GmbH (ots)