BILD.de: Landgericht Berlin verbietet Schleichwerbung
Archivmeldung vom 09.08.2005
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 09.08.2005 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Michael DahlkeWerbung in Online-Zeitungen muss klar erkennbar sein
In einem Verfahren um Schleichwerbung hat sich der Verbraucherzentrale Bundesverband gegen BILD.T-Online.de durchgesetzt. Werbung in Online-Medien muss klar erkennbar und vom redaktionellen Inhalt eindeutig getrennt sein. Eine irreführende Vermischung mit redaktionellen Beiträgen ist wettbewerbswidrig. Das hat das Landgericht Berlin auf eine Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) gegen BILD.T-Online.de, die Internet-Ausgabe der Bild-Zeitung entschieden. "Das Urteil ist ein wichtiger Schritt im Kampf gegen Schleichwerbung im Internet", sagte Patrick von Braunmühl, Fachbereichsleiter beim vzbv. "Ob im Fernsehen oder im Internet: Verbraucher müssen sich darauf verlassen können, dass ihnen Werbung nicht als Journalismus verkauft wird."
Für den vzbv hat das Urteil eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung: "In der aktuellen Diskussion um Schleichwerbung im Fernsehen darf die Einhaltung des Trennungsgebotes im Internet nicht vergessen werden", so Patrick von Braunmühl.
Der konkrete Fall: "Hier glüht die Werbung"
Im konkreten Fall ging es um einen im Januar 2005 erschienen Artikel auf der Startseite von BILD.T-Online.de unter der Überschrift "Flitzer für 11.900 Euro: Volks-SEAT - und der Asphalt wird glühen". Der Beitrag glich in seiner Aufmachung redaktionellen Texten. Beim Anklicken landete der Nutzer auf einer Folgeseite mit verschiedenen Beiträgen rund um das beworbene Auto. Nur ein Teil dieser Beiträge war mit dem Hinweis "Anzeige" versehen - für die Leser musste dadurch der Eindruck entstehen, die übrigen Texte seien neutrale, von Journalisten überprüfte Informationen. Tatsächlich entpuppten sich jedoch auch diese "Artikel" als Werbung. Zum Teil waren sie direkt mit Finanzierungsangeboten zum Autokauf verlinkt. Der vzbv sah in dieser Aufmachung einen Verstoß gegen medienrechtliche Vorschriften, wonach Werbung klar als solche zu erkennen sein muss und eine Verschleierung von Wettbewerbshandlungen unzulässig ist.
BILD.de ist identisch mit Bild.T-Online.de, einem Gemeinschaftsunternehmen der Axel Springer AG und der T-Online International AG. Das Unternehmen hatte in dem Verfahren argumentiert, gerade jüngere Internetnutzer gingen von einem generellen Werbecharakter des Internet aus. Eine klare Abgrenzung zwischen Werbung und redaktionellen Beiträgen sei deshalb nicht erforderlich. Dieser Argumentation folgte das Landgericht Berlin nicht. Vielmehr sei eine Internetseite so zu gestalten, dass der Nutzer die Wahl hat, ob er sich mit Werbung beschäftigen will oder nicht.
Das Gericht wies darauf hin, dass - auch in Bezug auf Werbeanzeigen im Internet - die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur redaktionellen Werbung in Printmedien heranzuziehen seien. Danach muss Werbung als "Anzeige" gekennzeichnet sein, sofern sie nicht nach der Art ihrer Aufmachung eindeutig als solche zu erkennen ist.
Auch ein sogenannter Teaser im Kontext redaktioneller Inhalte muss den Leser bereits klar erkennen lassen, ob es sich um eine Werbeanzeige handelt. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass Leser, die einen redaktionellen Beitrag erwarten, irregeführt werden, erläuterte das Gericht. Der Besucher einer Internetseite dürfe deshalb nicht erst in den Folgeklicks über den werblichen Charakter einer Anzeige aufgeklärt werden. Die hohe Schutzfunktion des Teledienstegesetzes gebiete, dass die Leser gar nicht erst auf Grund einer Fehlvorstellung auf einen Werbepfad gelenkt würden.
LG Berlin, Urteil vom 26.07.2005, Aktenzeichen 16 O 132/05 (nicht rechtskräftig)
Quelle: Pressemeldung / Verbraucherzentrale Bundesverband