Bundesgerichtshof stärkt Schutz von Filmwerken im Internet
Archivmeldung vom 16.08.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Bundesgerichtshof hat mit zwei parallelen Entscheidungen vom 19.04.2012, die erst jetzt bekannt gegeben wurden, den Schutz von urheberrechtlich geschützten Werken gegen eine illegale Weitergabe im Internet deutlich gestärkt.
Im Zentrum des von der Tele München Fernseh GmbH + Co. Produktionsgesellschaft betriebenen Rechtsbeschwerdeverfahrens (BGH I ZB 77/11)* stand die Frage, unter welchen Voraussetzungen Rechteinhaber einen Anspruch gegen einen Internetprovider auf Herausgabe der Daten eines Kunden haben, über dessen Anschluss illegale Tauschbörsenangebote von Filmwerken gemacht wurden. Nach der in der Rechtsprechung zuvor überwiegend vertretenen Auffassung war dieser Auskunftsanspruch nur gegeben, sofern die eigentliche Rechtsverletzung "im gewerblichen Ausmaß" erfolgt war. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff wurde von den Gerichten höchst unterschiedlich und zudem zum Teil sehr restriktiv ausgelegt. So sollte dieses Kriterium z. B. bei Filmen nur für einen Zeitraum von sechs Monaten nach deren Veröffentlichung erfüllt sein, da danach die "regelmäßige Auswertungsphase" beendet sei.
Dieser Auffassung, die in der Praxis zu einer faktischen Begrenzung des Urheberrechtsschutzes im Internet auf wenige Monate geführt hat, hat der Bundesgerichtshof nun eine deutliche Absage erteilt. Das höchste deutsche Zivilgericht stellte fest, dass die Erteilung der Auskunft durch den Internetprovider kein besonderes und namentlich kein gewerbliches Ausmaß voraussetzt. Sie ist vielmehr in Fällen offensichtlicher Rechtsverletzungen, auch wenn diese im privaten Bereich erfolgen, regelmäßig ohne weiteres begründet.
Die Richter des u. a. für Urheberrecht zuständigen ersten Zivilsenates begründeten ihre Entscheidung damit, dass die bisherige Auffassung der Instanzgerichte schon mit dem Wortlaut des maßgeblichen § 101 UrhG nicht in Einklang zu bringen sei. Darüber hinaus liefe die nunmehr hinfällige Lesart darauf hinaus, dass im Internet nur im gewerblichen Ausmaß erfolgende Rechtsverletzungen überhaupt verfolgt werden könnten. "Dies widerspräche dem Ziel des Gesetzes, Rechtsverletzungen im Internet wirksam zu bekämpfen", so der Bundesgerichtshof.
"Diese Entscheidung beendet den untragbaren Zustand, dass Filme bereits zu einem Zeitpunkt faktisch unbehelligt 'getauscht' werden dürfen, zu dem die legale Auswertung durch den Filmhersteller noch den Sperrfristen des Filmförderungsgesetzes unterworfen ist und damit die Amortisation der Produktionskosten in aller Regel noch in weiter Ferne liegt.
Dies stellt ein wichtiges Signal für die gesamte Filmwirtschaft dar.", so Herbert Kloiber, geschäftsführender Gesellschafter der Tele München.
Das Verfahren wurde in den Instanzen von der Kanzlei WALDORF FROMMER und vor dem Bundesgerichtshof von Rechtsanwalt Dr. Hermann Büttner geführt.
*Wortlaut der Entscheidung unter: http://ots.de/IOJAy
Quelle: Tele München Fernseh GmbH & Co. Produktionsgesellschaft (ots)