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Kalkül oder Ungeschick: Unklare Verjährungssituation bei Schadensersatzansprüchen wegen VIP 3 und 4

Archivmeldung vom 11.04.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.04.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Gegenüber Anlegern, die sich von ihr im Zusammenhang mit dem Beitritt zu den Filmfonds VIP 3 und 4 falsch beraten fühlen, hat die Commerzbank in einem an die Gesellschafter der Medienfonds gerichteten Rundschreiben von Februar 2007 einen von ihr bis zum 31.12.2007 befristeten Verjährungsverzicht wiederholt.

Aus welchem Grunde auch immer hat die neue Erklärung jedoch keinen eindeutigen Inhalt im Sinne eines alle in Frage kommende Anspruchsgrundlagen umfassenden Verzichts, so dass Vorsicht geboten ist.

Schadensersatzansprüche werden erwähnt nur im Zusammenhang mit der Vermittlung der Beteiligungen. Im rechtlichen Sinne ist davon eine fehlerhafte Beratung nicht umfasst. Der Schwerpunkt einer Auseinandersetzung könnte aber auf dem Thema Beratung liegen. Das ist im rechtlichen Sinne etwas völlig anderes, als lediglich Vermittlung. Von der Differenzierung kann der Erfolg der Inanspruchnahme der Bank abhängen. An herausragender Stelle des Textes ist nur von einem Fonds die Rede, ohne dass klar ist, ob damit VIP 3 oder VIP 4 gemeint ist. Die Verjährungssituation erscheint deshalb ungeklärt. Die Formulierung des Rundschreibens lässt nicht unzweideutig erkennen, ob beide Fonds gemeint sind und nicht nur Ansprüche im Zusammenhang mit einer Vermittlung der Anlagen.

Die Kanzlei Jens Graf Rechtsanwälte, Düsseldorf, nimmt das zum Anlass, grundsätzlich auf Folgendes aufmerksam zu machen:

1. Spätestens durch das Verhalten der Finanzverwaltung mit der Folge von Steuernachforderungen gegenüber Anlegern (und unbeschadet anderer Mängel der Fonds und der Beratungsleistungen) haben alle betroffenen Gesellschafter, die sich als Anleger den Fonds VIP 3 und 4 angeschlossen haben, im rechtlichen Sinne einen Schaden erlitten. Es ist nicht erforderlich, dass die Fonds erst „pleite“ gehen oder endgültig feststeht, dass die steuerlichen Verlustzuweisungen rückwirkend entfallen sind. Es genügt, dass ein objektiver Anleger sich nicht mehr an den Fonds beteiligen würde. Schon das Wissen um die Ungeklärtheit der steuerlichen Situation wäre Anlass genug, von einem Beitrittsentschluss abzusehen. Für die Beurteilung der Frage, ob es empfehlenswert ist, Schadensersatzansprüche geltend zu machen, muss also nicht zugewartet werden. Der Verlauf der Gesellschafterversammlungen ist allein kein Grund dafür, nicht jetzt schon zu handeln.

2. Selbst wenn der von der Commerzbank erklärte Verjährungsverzicht umfassend sein sollte, woran begründete Zweifel bestehen, muss auch das allein kein Grund sein, von der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen abzusehen. Außer dieser Erklärung ist, soweit ersichtlich, gegenüber der Masse der Geschädigten bisher nichts verlautbart worden, was Anlass zu der Annahme eines Einlenkens bieten könnte. Allem Anschein nach setzen die Verantwortlichen der Bank allein auf eine Verbesserung der steuerlichen Situation. Ob und wann diese eintreten könnte und ob das zeitlich noch vor dem prospektierten Ende der Fonds VIP 3 und 4 der Fall ist, steht, wie auf den Gesellschafterversammlungen zu vernehmen war, völlig in den Sternen. Nach den bisherigen Erkenntnissen gibt es über dieses Thema hinaus noch weitere Ansatzpunkte für die Annahme von Beratungsfehlern, wie das Verkaufsargument „Garantie“. Selbst ein wirksamer Verjährungsverzicht würde derzeit allenfalls zu einer Erstreckung des Zeitrahmens führen, in dem jeder Geschädigte für sich entscheiden sollte, ob er Schadensersatzansprüche insbesondere gegen die beratende Bank geltend macht, oder darauf verzichtet.

3. Das deutsche Recht beinhaltet neben dem Thema Verjährung noch weitere Risiken für den Bestand von Schadensersatzansprüchen, wie die Verwirkung. Je länger ein Geschädigter untätig bleibt, obwohl er über ausreichende Kenntnisse für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen verfügt, desto eher könnte ein Gericht annehmen, er habe sich längst „innerlich von Schadensersatzforderungen verabschiedet“ und bereit sein, auch eine noch nicht verjährte Klage abzuweisen. Selbst wenn Verwirkung nicht angenommen wird, könnten Argumente, mit denen Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden, bei nicht wenigen Gerichten an Überzeugungskraft verlieren, wenn von ihnen erst nach zu langem Zögern gebraucht gemacht wird. Nichts ist schädlicher für den Erfolg in einem Prozess als der Eindruck, der Anleger habe doch erst sehen wollen, ob er nicht einen „Gewinn mitnehmen“ könne.

4. Bei der Vielzahl potentieller Anspruchsteller ist die Erstreckung der Verjährungsfrist bis lediglich Ende diesen Jahres nur ein „Tropfen auf den heißen Stein“. Niemand weiß, ob es zu einer weiteren Verlängerung dieser Erklärung kommen wird und, wenn ja, wann. Kommt es erst kurz vor Toresschluss zu der Entscheidung, dass die Commerzbank über das Jahresende hinaus nicht mehr auf die Einrede der Verjährung verzichten möchte, ist es nicht ausgeschlossen, dass viele Geschädigte nicht mehr rechtzeitig zu einem zur Mandatsannahme bereiten Rechtsanwalt gelangen.

Aus anwaltlicher Vorsorge rät die Kanzlei Jens Graf Rechtsanwälte, Düsseldorf, deshalb ihren Mandanten, weiterhin die außergerichtliche oder, wo erforderlich werdend, gerichtliche Auseinandersetzung mit potentiellen Anspruchsgegnern zu suchen und nicht einfach abzuwarten. In diesem Zusammenhang treten die weiteren, gewichtigen Argumente in den Vordergrund, die bisher nicht im Fokus der Betrachtung standen. Es handelt sich dabei auch um Abläufe, die mit den sonstigen fallspezifischen Besonderheiten nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen und damit auch nicht die Risiken der Diskussion dieser Themen teilen. Es bedarf, wenn sie greifen, insbesondere auch nicht einer Klärung der komplizierten steuerrechtlichen Situation.

Quelle: Pressemitteilung Jens Graf, Rechtsanwalt

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