Schmerzensgeld nach Zahnarztbehandlung, weil Schmerzen nach dem Eingriff nicht hinreichend behandelt wurden
Archivmeldung vom 25.05.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.05.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Jens BrehlIn einer aktuell veröffentlichten Entscheidung hat das Oberlandesgericht Köln einen Kölner Zahnarzt nach einer fehlerhaften Behandlung seiner Patientin rechtskräftig zur Zahlung von insgesamt 7.000,- Euro Schadensersatz und Schmerzensgeld verurteilt.
Darüber hinaus wurde der Arzt verpflichtet, auch alle
zukünftigen Schäden zu ersetzten, welche aus der fehlerhaften Behandlung
eventuell noch entstehen können. Der Zahnarzt wurde zu dem Ersatz des von ihm
verursachten Schadens verurteilt, weil er die Schmerzzustände seiner Patientin
nach einer Wurzelbehandlung falsch interpretiert hatte (OLG Köln, Urteil vom
01.03.2007 - 5 U 148/04).
Das allgemeine Arzthaftungsrecht
Grundsätzlich richtet sich die Haftung eines Arztes
bzw. auch die Haftung eines Zahnarztes nach den allgemeinen zivilrechtlichen
Regelungen. Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld können sowohl aus
dem vertragsrechtlichen Gesichtspunkt der Schlechterfüllung des
Behandlungsvertrages, wie auch aus dem deliktsrechtlichen Aspekt der
fahrlässigen Körperverletzung begründet werden. In Arzthaftungsprozessen wird in
der Regel über die Frage gestritten, ob der Arzt im Rahmen der von ihm
durchgeführten Behandlung eine vertragliche Pflichtverletzung begangen hat, die
ihn zur Leistung von Schadensersatz und Schmerzensgeld verpflichtet.
Solche vertraglichen Pflichtverletzungen des Arztes können bereits
frühzeitig im Vorfeld der Heilbehandlung und schon bei der regelmäßig
notwendigen ärztlichen Aufklärung über die medizinisch indizierte Maßnahme
erfolgen.
Meist ereignen sich die ärztlichen Pflichtverletzungen aber
gerade während der gewünschten ärztlichen Behandlung; hierbei spricht man
umgangssprachlich und unscharf formuliert von so genannten „klassischen
Kunstfehlern“.
Aber auch nach der eigentlichen Behandlung sind Fehler
jederzeit, z.B. bei der Koordination der Nachbehandlung, möglich und
schwerwiegend.
Maßstab für die Frage, ob ein Arzt im Einzelfall fehlerhaft handelt oder nicht, ist jeweils ausschließlich der ärztliche Standard.
Die aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln
In dem der Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln zugrunde liegenden
Sachverhalt hatte eine Patientin ihren Zahnarzt wegen Zahnschmerzen aufgesucht
und um Heilbehandlung und zahnärztliche Versorgung gebeten. Der Arzt führte
daraufhin bei seiner Patientin eine Zahnwurzelbehandlung an zwei Zähnen durch
und erneuerte die Keramikfüllungen der Zähne. Da die Patientin weiterhin
Schmerzen an einem Zahn hatte, wurde eine nochmalige Wurzelkanalbehandlung
vorgenommen. Bei der zusätzlichen Wurzelbehandlung musste das Keramikinlay
entfernt und später neu eingesetzt werden.
Nach einiger Zeit Klage die
Patientin jedoch über weitere anhaltende Schmerzen und suchte die Praxis
wiederum mehrfach auf. Der Zahnarzt bezeichnete die Schmerzen als typische
Anpassungs- und Übergangsschmerzen, die immer nach einer Füllung mit
Keramikinlays auftreten könnten. Zusätzlich soll der Arzt seiner Patientin
gesagt haben, dass sie sich auch nicht so anstellen solle. Daraufhin entzog die
Patientin ihrem Arzt das Vertrauen und suchte einen anderen Zahnarzt auf. Der
neue Arzt behandelte die Patientin fachgerecht. Dennoch musste er die beiden
vorbehandelten Zähne schließlich sogar ziehen und die Patientin mit Implantaten
versorgen.
Das Gericht konnte bei der Klägerin nach Anhörung eines
zahnmedizinischen Sachverständigen zwar keinen Fehler bei den Wurzelbehandlungen
und der Versorgung mit Keramikfüllungen feststellen. Die Richter erkannten
jedoch, dass der beklagte Zahnarzt nicht hinreichend auf die späteren
Schmerzzustände der Patientin reagiert habe. Wenn Schmerzen länger als vier Tage
anhielten, führte das Gericht aus, könne nicht mehr von einem Anpassungsschmerz
ausgegangen werden. In diesem Fall müsse die Ursache vielmehr durch eine neue
Röntgenkontrolle abgeklärt werden. Da diese Diagnosemaßnahme fehlerhaft nicht
durchgeführt worden war, gingen die Richter des Senats sogar von einer Umkehr
der Beweislast aus. Ohne die durch das Gericht angenommene Beweiserleichterung
zugunsten der Patientin hätte sie nicht nachweisen können, dass die Zähne bei
fachgerechter und rechtzeitiger Behandlung hätten erhalten werden können.
Letztlich lasteten das Oberlandesgericht dem Zahnarzt an, dass die
Patientin zwei Zähne infolge seiner fehlerhaften Behandlung verloren habe.
Der verurteilte Zahnarzt muss nun die Kosten der zwei Implantate in Höhe von 5.500,- Euro tragen. Zusätzlich muss er der geschundenen Patientin auch ein Schmerzensgeld in Höhe von weiteren 1.500,- zahlen. Bei der Bemessung des Schmerzensgeld berücksichtigte das Gericht, dass die Patientin zwei Zähne verloren hat, über einen längeren Zeitraum Schmerzen erleiden musste und auch die Nachbehandlung mit Schmerzen verbunden war.
Fazit
Für den Fall, dass sich Patienten durch
ihren Arzt schlecht und unsachgemäß behandelt fühlen und im schlimmsten Fall
auch noch nach einer ärztlichen Behandlung Schmerzen leiden oder gar körperlich
entstellt sind, ist nicht nur der Besuch bei einem zweiten Arzt dringend
angeraten.
Zusätzlich ist auch eine fundierte juristische Beratung über
die Möglichkeit und Durchsetzbarkeit von Schadensersatzansprüchen und
Schmerzensgeld durch einen Anwalt empfehlenswert. Hierdurch werden regelmäßig
ganz erhebliche Zahlungs- und Entschädigungsansprüche verlässlich erkannt,
vorausschauend gesichert und optimal durchgesetzt.
Auch der vermeintlich
zu Unrecht in Anspruch genommene Arzt sollte sich frühzeitig anwaltlich beraten
lassen. Denn regelmäßig werden durch den unberatenen Arzt bereits im Vorfeld
eines möglichen Arzthaftungsprozesses taktische Fehler begangen, die im
Nachhinein schwerlich zu korrigieren sind und gegebenenfalls auch durch die
einstandspflichtige Berufshaftpflichtversicherung nicht gänzlich abgefangen
werden können.
Quelle: Pressemitteilung Wagner Halbe Rechtsanwälte Köln