Ein Verzicht auf Lohnansprüche - um einen Betriebsübergang zu ermöglichen ist nichtig.
Archivmeldung vom 23.03.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEin Erlassvertrag, mit dem die Parteien eines Arbeitsverhältnisses den Verzicht auf rückständige Vergütung für den Fall vereinbaren, dass es zu einem Übergang des Betriebs auf einen Dritten kommt, verstößt gegen zwingendes Gesetzesrecht und ist unwirksam.
Die Klägerin arbeitete seit 1998 für den Beklagten als Erzieherin in
einer Kindertagesstätte. Der Beklagte erfüllte die vertraglichen
Ansprüche der Klägerin auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld 2003 nur noch
teilweise, 2004 überhaupt nicht mehr. Im Frühjahr 2005 informierte der
Beklagte die Klägerin und die anderen im Bereich der Kinder- und
Jugendhilfe tätigen Arbeitnehmer darüber, dass dieser Bereich zum 1.
April 2005 von einem anderen Träger übernommen werde und die
Arbeitsverhältnisse auf diesen übergehen sollten. Die Übernahme werde
aber nur erfolgen, wenn die Mitarbeiter auf alle offenen Urlaubs- und
Weihnachtsgeldansprüche verzichteten, andernfalls die Insolvenz des
Beklagten und damit der Verlust des Arbeitsplatzes drohe.
Daraufhin verzichtete die Klägerin schriftlich mit einem Nachtrag zum
Arbeitsvertrag gegenüber dem Beklagten auf rückständiges Urlaubs- und
Weihnachtsgeld. Der Verzicht sollte unwirksam sein, wenn der
Beschäftigungsbereich nicht bis zum Jahresende 2005 auf einen
bestimmten anderen Träger der Sozialarbeit übergegangen sein sollte.
Der Betriebsübergang fand wie vorgesehen zum 1. April 2005 statt.
Mit der Klage verlangt die Klägerin von dem Beklagten rückständiges
Urlaubs- und Weihnachtsgeld in Höhe von mehr als 1.700,00 Euro brutto,
auf das sie mit dem Nachtrag zum Arbeitsvertrag verzichtet hatte.
Diesen Verzicht hat sie für unwirksam gehalten. Die Klage war in allen
drei Instanzen erfolgreich. Der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts
hat entschieden, dass der zwischen den Parteien geschlossene
Erlassvertrag nichtig ist, weil er gegen ein gesetzliches Verbot
verstößt. Bei einem Betriebsübergang schreibt § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB
zwingend vor, dass der Betriebserwerber in die Rechte und Pflichten aus
den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen
eintritt. Diese Vorschrift darf nicht abbedungen oder umgangen werden.
Aus der Bedingung des Erlassvertrages ergibt sich, dass für ihn der
geplante Betriebsübergang Anlass und entscheidender Grund war. Damit
stellt er eine unzulässige Umgehung des zwingenden Gesetzesrechtes dar.
Quelle: Rechtsanwalt Torsten Klose