Einlagensicherungsfonds - alles andere als sicher
Archivmeldung vom 24.04.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt„Der größte Irrtum von Bankkunden besteht darin, dass das Geld auf der Bank sicher sei." Das sagt der Mitautor des Buches „Lexikon der Finanzirrtümer“ und Banker bei der Verbraucherzentrale Baden-Würt- temberg, Niels Nauhauser, dem Finanznachrichtendienst gomopa.net.
„Denn“, so Nauhauser, „der Einlagensicherungsfonds, dem die Banken freiwillig angehören, muss gar nicht zahlen, wenn die Bank einmal Pleite geht. Nach den Satzungen ist die Entschädigung aus dem Fonds nicht einklagbar. Und außerdem reichten die eingezahlten Mittel niemals aus, sollte eine große deutsche Bank zahlungsunfähig werden.“
Im Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes öffentlicher Banken Deutschlands e.V. (VÖB), an dem sich alle anderen Satzungen und Statute deutscher Privatbanken, Sparkassen, Girozentralen, Bausparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken orientieren, heisst es im Paragrafen 13 unter der Überschrift Ausschluss von Rechtsansprüchen: „Auf das Eingreifen oder auf Sicherungsleistungen des Fonds besteht kein Rechtsanspruch. Dies gilt sowohl für die Mitglieder als auch für deren Kunden oder sonstige Personen.“
Und es kommt noch schlimmer. Im Paragrafen 15 wird der Sicherheitsfall, also die Zahlung, bei einer Finanzkrise einfach ausgeschlossen. Wörtlich heisst es: „Eine allgemeine Krise der Kreditwirtschaft kann keinen Sicherungsfall begründen.“
Finanzkrise ausgeschlossen
Das muss auch der oberste Hüter des Einlagensicherungsfonds, Rechtsanwalt Dr. Stephan Rabe vom VÖB zugegeben: „Ja, das haben wir so hineingeschrieben. Weil jeder Fall einzeln und nicht pauschal geprüft werden soll. Dennoch braucht niemand in Panik geraten. Wir erfüllen in Deutschland die von der Regierung gesetzlich vorgeschriebenen Garantien. Wir gehen davon aus, dass wir jedem Kunden im Notfall helfen können. Wir simulieren den Entschädigungsfall in Trockenübungen, woraus sich Drehbücher für neue Gesetze ergeben. Zum Glück ist noch kein Ernstfall eingetreten und wir hoffen auch, dass es nie dazu kommt.“
Gesetzlich garantierter Anlegerschutz heißt: Alle Gelder, auch die Zinsen, sind bis zu 90 Prozent und einer Maximalsumme von 20.000 Euro im Falle einer Bankpleite geschützt. Die Bundesregierung beschloss am 18. Februar 2009, die geschützte Summe ab 30. Juni 2009 auf 50.000 Euro zu erhöhen und den zehnprozentigen Eigenanteil abzuschaffen. Eine weitere Erhöhung auf 100.000 Euro wird ab 31. Dezember 2010 erfolgen.
Unternehmer Stephan Rave (Optiker und Hörgeräte) aus Rhede in Westfalen ärgert sich über den Haftungsausschluss im Einlagensicherungsfonds der Banken: „Wieso müssen erst Gesetze erlassen werden, damit die Banken im Schadensfall zahlen? Und dann auch nur so wenig, wie der Staat garantiert?“
Das Kundengeld auf dem Konto gehört der Bank.
Rave sieht das Problem, das dahinter steckt, in einem weiteren Irrtum vieler Bankkunden. Rave: „Sie glauben, dass das Geld auf Ihrem Konto Ihnen gehört. Das ist falsch. Sie haben es der Bank übergeben. Inhaber des Kontos sind nicht Sie, das Konto gehört der Bank. Die reicht das Geld als Kredite weiter und verdient damit Geld. Ihr Guthaben auf dem Konto bedeutet lediglich, dass Sie eine Forderung an die Bank haben. Sind Sie im Minus, hat die Bank eine Forderung an Sie."
Nicht alle sind angeschlossen.
Bei Privatbanken sieht Vermögensberater Johannes Laas aus Endingen in Baden-Württemberg, der die Internetplattform gegen-altersarmut.de betreibt, noch ein weiteres Problem: „Nicht alle Banken sind dem freiwilligen Einlagensicherungsfonds angeschlossen. Finanziell angeschlagenen Unternehmen kann die Mitgliedschaft gekündigt werden, wie am Beispiel der Privatbank Reithinger geschehen. Die Privatbank Reithinger flog bereits 2002 aus dem Einlagensicherungsfonds heraus und ging 2006 in Insolvenz. Zwar legt der Paragraf 6, Absatz 8 des Statuts des Einlagensicherungsfonds den Privatbanken gewisse Infopflichten beim Ausscheiden auf. Doch diese Information kann ein Bankhaus, wie mittlerweile bei konkursgefährdeten üblich, leicht im Kleingedruckten der Kontoauszüge oder in der Werbung verstecken.“
Kann man sich denn wenigstens auf seine Lebensversicherung verlassen?
Laas: „Läuft die Lebens- und Rentenversicherung über die Bank, verhält es sich so wie bei Fonds, Sparbüchern, Festgeldern und Bausparverträgen. Geht die Bank pleite, gelten diese Anlagen nicht als Sondervermögen und sind durch den Einlagensicherungsfonds nicht ausreichend geschützt.“
Laas weiter: „Allerdings haben die Lebensversicherungsgesellschaften auch eine Einlagensicherung ähnlich dem Einlagensicherungsfonds der Banken. Sie heisst Protektor und ist ein Sicherungsfonds für Not leidende Versicherungen."
Hat der Sicherungsfonds für Lebensversicherungen einen Haken?
Laas: „Ja, in den Paragrafen 124 und folgende des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) wurde bestimmt, dass Sparer von Kapitallebensversicherungen und privaten Rentenversicherungen bei Pleiten anderer Versicherungsgesellschaften mit ihren Kundengeldern zur Kasse gebeten werden. Konkret dürfen die garantierten Leistungen um fünf Prozent gekürzt werden. Gerät das eigene Rentenversicherungsunternehmen in Schieflage, werden Rentenzahlungen sogar eingestellt. Das Versicherungsaufsichtsgesetz sieht in diesem Fall sogar ein Auszahlungsverbot vor.“
Laut Paragraf 89 des VAG kann die Versicherungsaufsichtsbehörde zur Vermeidung einer Insolvenz der Versicherung folgendes anordnen: „Alle Arten Zahlungen, besonders Versicherungsleistungen, Gewinnverteilungen und bei Lebensversicherungen der Rückkauf oder die Beleihung des Versicherungsscheins sowie Vorauszahlungen darauf können zeitweilig verboten werden.“ Protektor teilte gegen-armut.de mit: „Auch bei fondsgebundenen Lebensversicherungen werden Leistungen gekürzt.“
„Hinzu kommt“, so Laas, „dass Gelder in festverzinslichen Wertpapieren (auch Rentenfonds) keine Sachwerte sind und daher bei einer Inflation oder Währungsreform nicht geschützt sind."
Das Fazit von Banker Nauhauser lautet: „Im Zweifel ist das Geld nicht einklagbar. Kleine Pleiten werden sicherlich aufgefangen werden können. Geht die Deutsche Bank pleite, wird nicht genug Geld da sein. Die von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück abgegebenen Garantien stehen zwar als verlässliches Versprechen, aber es ist fragwürdig, ob man dieses vor Gericht einklagen kann."
Was rät der Banker?
Nauhauser: „Es gibt keine sichere Anlage. Auch Sparbücher und Bundesschatzbriefe sind spekulativ. Niemand kann für alles garantieren, auch das Staatssäckel nicht. Ich rate zu einer breiten Streuung. Ein Mix aus Aktien, Immobilien, offenen Immobilienfonds sowie Gold und Rohstoffen.“
Quelle: GoMoPa (www.gomopa.net)