BGH erweitert Grundsätze der zivilrechtlichen Prospekthaftung für Kapitalanleger
Archivmeldung vom 15.03.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer BGH verschärft seine Rechtsprechung bei der Prospekthaftung. In einer aktuellen Entscheidung urteilte das Gericht über die Klage eines stillen Gesellschafters gegen Vorstandsmitglieder der insolventen Securenta Göttinger Immobilienanlagen und Vermögensmanagement AG auf Schadensersatz.
Diese begründete der Kläger damit, dass der Emissionsprospekt, den er
vor Vertragsschluss nicht erhalten hatte, in wesentlichen Punkten
unvollständig gewesen sei. Demgemäß berief sich der Anleger auf die
Grundsätze der Prospekthaftung, obwohl er den Prospekt bei der
Vermittlung überhaupt nicht erhalten hatte. Der BGH hat in seiner
Entscheidung betont, dass der Prospekt hier entsprechend dem
Vertriebskonzept der Anlagegesellschaft bestimmungsgemäß die Grundlage
für die Unterrichtung der Anleger durch die Vermittler geworden ist. In
diesem Fall wirken sich Prospektfehler genauso aus, als wäre der
Prospekt dem Anlageinteressenten persönlich ausgehändigt worden. Somit
können geschädigte Anleger auch in diesen Fällen auf die
bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung wegen eines unrichtigen
Emissionsprospekts zurückgreifen. Auch an der Unvollständigkeit des
Prospekts ließ der BGH keine Zweifel. Nach Auffassung der Richter
hätten bankrechtliche Zweifel an der von der Securenta AG propagierten
ratierlichen Auszahlung der späteren Guthaben in den
Emissionsunterlagen Erwähnung finden müssen. Dass mit dem Kläger eine
solche Auszahlungsmodalität nicht vereinbart worden ist, spielt dabei
keine Rolle. Denn es war absehbar, dass zahlreiche andere Anleger
kündigen würden, wenn sie von den rechtlichen Bedenken gegen die
Securente erfahren würden – wie auch tatsächlich geschehen. Dadurch
entstand auch im Hinblick auf die Anlage des Klägers die Gefahr, dass
die Securenta AG in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten werde.
Die Entscheidung ermöglicht zahlreichen Prospektgeschädigten eine
Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen, selbst wenn sie den
Prospekt überhaupt nicht erhalten haben.
Wegen der kurzen Verjährungsfristen sollten sich Anleger allerdings
nicht zu lange Zeit lassen, die Ansprüche gerichtlich geltend zu machen.
Quelle: Thieler Rechtsanwaltsgesellschaft mbH