BGH entscheidet über Haftung bei GbR im Treuhandmodell
Archivmeldung vom 31.01.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Bundesgerichtshof hat sich in einer Entscheidung mit der Haftung von Treugebern beschäftigt, die über einen Treuhandgesellschafter an einer Publikumsgesellschaft bürgerlichen Rechts beteiligt sind. Diese Rechtsfragen sind daher vor allem für derartig beteiligte Gesellschafter von gesteigertem Interesse.
Die klagende Bank und der beklagte Anleger stritten im Zusammenhang mit
dessen Beteiligung an einem Immobilienfonds über Verpflichtungen aus
Darlehensverträgen. Der Beklagte wurde 1992 von einer
Vertriebsgesellschaft geworben, sich zur Steuerersparnis über eine
Treuhand Steuerberatungsgesellschaft an einem geschlossenen
Immobilienfonds in Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu
beteiligen. Gegenstand der GbR, zu deren Gründungsgesellschaftern u.a.
die Treuhänderin gehörte, war die Errichtung und Vermietung eines Büro-
und Geschäftshauses. Der Beklagte unterzeichnete am 24. August 1992
einen mit "Auftrag und Vollmacht" überschriebenen formularmäßigen
Zeichnungsschein, mit dem er die Treuhänderin, die keine Erlaubnis nach
dem Rechtsberatungsgesetz besaß, beauftragte, für ihn den
wirtschaftlichen Beitritt zu der GbR mit einer Einlage von 200.000 DM,
zu erbringen aus 20% Eigenkapital und 80% Fremdkapital, zu bewirken. Er
bot ihr den Abschluss eines dem Fondsprospekt beigefügten
Treuhandvertrages an, bevollmächtigte sie, die erforderlichen Zwischen-
und Endfinanzierungskredite aufzunehmen und verpflichtete sich, eine
dem Treuhandvertrag beigefügte umfassende Vollmacht beglaubigen zu
lassen. Ausweislich des Zeichnungsscheins wünschte er die Tilgung über
eine Kapitallebensversicherung und alle Leistungen wie prospektiert.
Nach dem Inhalt des Treuhandvertrages sollte der Treuhänder seine
Gesellschaftsbeteiligung für die Treugeber im Außenverhältnis als
einheitlichen Gesellschaftsanteil halten und nach außen im eigenen
Namen auftreten, im Innenverhältnis aber ausschließlich im Auftrage und
für Rechnung des Treugebers handeln. Der
Beteiligungs-Gesellschaftsvertrag sah vor, dass die Treugeber im
Innenverhältnis als Gesellschafter behandelt werden sollten. Nach
Fertigstellung des Fondsobjekts schloss die Treuhänderin namens der GbR
mit der Klägerin sechs Darlehensverträge zu unterschiedlichen
Konditionen ab. Als Sicherheit dienten eine Grundschuld auf dem
Fondsgrundstück sowie abgetretene Ansprüche aus
Kapitallebensversicherungen der Gesellschafter. Die Treuhänderin trat
in Vertretung des Beklagten dessen Ansprüche aus einer
Kapitallebensversicherung entsprechend ab. Die Klägerin hatte die
Zinszahlungen aufgrund der ihr erteilten Einzugsermächtigung direkt vom
Konto des Beklagten abbuchen lassen. Zuletzt stellte der Beklagte seine
Zahlungen ein. Die Klage der Klägerin auf rückständige Zinsraten
zuzüglich Zinsen blieb ohne Erfolg. Dagegen besteht nach Auffassung der
Gerichte ein Anspruch des Beklagten auf Rückzahlung gezahlter Zinsen
auf Feststellung, dass der Beklagte aus den Darlehensverträgen nicht
zur Zahlung verpflichtet und dass die Abtretung seiner Ansprüche aus
der Kapitallebensversicherung unwirksam ist. Auch nach Auffassung des
BGH steht der Klägerin gegen den Beklagten kein Anspruch aus den
Darlehensverträgen zu, weil nicht der Beklagte, sondern die GbR
Darlehensnehmer ist. Eine Haftung des Beklagten ergibt sich auch nicht
aus § 128 HGB analog, da er nicht Gesellschafter der GbR im Rechtssinne
geworden ist, sondern nur deren wirtschaftlicher Gesellschafter. Im
Außenverhältnis sollte allein die Treuhänderin berechtigt und
verpflichtet sein, über die sich der Beklagte wirtschaftlich an der GbR
beteiligt hat. Bei einer nur wirtschaftlichen Beteiligung über einen
Treuhänder kommt eine gesellschaftsrechtliche Haftung der Treugeber
nicht in Betracht. Die Interessen aller sind hierbei gewahrt, weil der
Treugeber in einem solchen Fall den Treuhänder nach Maßgabe des
Treuhandvertrages im Innenverhältnis von seinen Haftungsverpflichtungen
freizustellen hat. Der Konstruktion einer selbständigen Außenhaftung
des mittelbaren Gesellschafters bedarf es daher nicht. Da der Beklagte
mithin nicht aus den Darlehensverträgen verpflichtet ist, ist seine
diesbezügliche negative Feststellungswiderklage begründet. Auch
verlangt er zu Recht die Rückzahlung der an die Klägerin bezahlten
Zinsen, soweit dieser Anspruch noch nicht verjährt ist, da es an einem
Rechtsgrund für die an die Klägerin erbrachten Zinszahlungen fehlt. Die
formularmäßigen Darlehensverträgen wurden von der Klägerin allein mit
der GbR, nicht aber mit den einzelnen Anlegern abgeschlossen. Eine
persönliche Haftung des Beklagten für die Darlehensverbindlichkeit der
GbR ergibt sich auch nicht aus dem Grund, weil er nach dem Inhalt des
Gesellschaftsvertrages im Innenverhältnis als Gesellschafter mit allen
Rechten und Pflichten habe behandelt werden sollen. Hiermit lässt sich
eine persönliche Haftung des Beklagten nicht begründen. Nach inzwischen
gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist eine Fonds-GbR
rechtsfähig mit der Folge, dass sich die persönliche Haftung ihrer
Gesellschafter für die Gesellschaftsverbindlichkeiten aus den für die
OHG und KG analog geltenden Vorschriften der §§ 128 ff. HGB ergibt. Mit
der Frage, ob auch ein Treugeber, der selbst nicht Gesellschafter der
Personengesellschaft wird, sondern für den ein Gesellschafter den
Geschäftsanteil treuhänderisch hält, nach denselben Grundsätzen für die
Gesellschaftsschulden persönlich einstehen muss, war der
Bundesgerichtshof noch nicht befasst. In der gesellschaftsrechtlichen
Literatur wird sie von der herrschenden Ansicht verneint. Der
erkennende Senat schließt sich der herrschenden Meinung an. Allerdings
ist seit langem anerkannt, dass dem Treugeber im Gesellschaftsvertrag
der Personengesellschaft unmittelbare Rechte und Ansprüche zugebilligt
werden können. Der Treugeber kann auf diese Art und Weise die Stellung
eines "Quasi-Gesellschafters" erhalten mit unmittelbarem Stimmrecht,
mit Teilnahmerecht an der Gesellschafterversammlung und mit Einsichts-,
Informations- und Kontrollrechten. Eine solche Gestaltung der
Treugeberstellung, wie sie vor allem bei Publikumsgesellschaften
verwendet wird, führt zu einer Einbeziehung des Anlegers in den
Gesellschaftsverband und geht dadurch über die übliche schuldrechtliche
Beziehung zum Treuhänder deutlich hinaus. Für die Statuierung einer
persönlichen Außenhaftung des so genannten "qualifizierten Treugebers"
entsprechend den Regeln der §§ 128, 130 HGB fehlt jedoch die notwendige
gesetzliche Grundlage. Zwar mag sich seine Rechtsposition innerhalb der
Gesellschaft im Ergebnis nicht wesentlich von der eines "echten"
Gesellschafters unterscheiden. Durch die weitreichenden Macht- und
Kontrollbefugnisse wird er aber nicht zum Vollgesellschafter, sondern
lediglich in das Innenverhältnis unter den Gesellschaftern einbezogen.
Die persönliche Haftung des Personengesellschafters für die
Gesellschaftsschulden beruht indes auf dem Außenverhältnis. Die
gesetzliche Haftungsverfassung der §§ 128, 130 HGB setzt daher zwingend
eine "wirkliche" Gesellschafterstellung voraus. Für eine doppelt
analoge Anwendung der §§ 128, 130 HGB auf einen
Treugeber-Gesellschafter fehlt es schon an einer ausfüllungsbedürftigen
Regelungslücke, da der Treuhänder-Gesellschafter
Gesellschaftsgläubigern nach § 128 HGB analog haftet. Überdies gibt es
keinen überzeugenden Grund, Gesellschaftsgläubigern wie der Klägerin
das Privileg einzuräumen, nicht nur den Treuhänder-Gesellschafter,
sondern daneben auch noch den Treugeber-Gesellschafter unmittelbar
persönlich in Anspruch nehmen zu können. Für eine Erstreckung der
strengen Haftungsregeln der §§ 128, 130 HGB auf den
Treugeber-Gesellschafter im Wege höchstrichterlicher Rechtsfortbildung
besteht kein Bedürfnis. Denn abgesehen davon, dass es insoweit
normalerweise keine schutzwürdigen Erwartungen auf Seiten der
Gesellschaftsgläubiger gibt, können sie mittelbar auf das Vermögen des
Treugebers zurückgreifen, indem sie den für die Gesellschaftsschuld
persönlich haftenden Treuhänder in Anspruch nehmen und aus einem Titel
gegebenenfalls in dessen Anspruch aus §§ 675, 670 BGB gegen den
Treugeber vollstrecken. Überdies ist es dem Gesellschaftsgläubiger
aufgrund der schuldrechtlichen Verpflichtungsfreiheit unbenommen, mit
dem Treugeber etwa eine der "wirtschaftlichen" Beteiligung
entsprechende Mithaftungsübernahme zu vereinbaren. Haftet der Beklagte
nach alledem weder als Darlehensnehmer unmittelbar aus dem
Darlehensvertrag noch in analoger Anwendung der §§ 128, 130 HGB als
mittelbarer Gesellschafter der GbR, so ist die auf Zahlung von Zins-
und Tilgungsleistungen gerichtete Klage unbegründet und die negative
Feststellungswiderklage des Beklagten, dass er aus den
Darlehensverträgen nicht zur Zahlung verpflichtet ist, begründet. Der
Anspruch des Beklagten auf Rückzahlung der Zinsen ist auch nicht mit
der von der Klägerin ausgezahlten Darlehensvaluta zu saldieren. Wie
dargelegt, hat der Beklagte nach den Feststellungen des
Berufungsgerichts seine Zinszahlungen unmittelbar an die Klägerin auf
seine vermeintlich bestehende Darlehensschuld erbracht.
Darlehensschuldnerin ist jedoch in Wahrheit die Fondsgesellschaft, für
deren Darlehensschuld der Beklagte als mittelbarer Gesellschafter nicht
persönlich haftet. Der Klägerin steht daher kein Anspruch gegen den
Beklagten zu, den sie gegenüber seinem Rückzahlungsanspruch zur
Verrechnung stellen könnte. Dass die Treuhänderin oder die
Fondsgesellschaft Rechte an die Klägerin abgetreten haben, hat das
Berufungsgericht nicht festgestellt. Soweit sie sich nunmehr darauf
beruft, sie habe als Dritte auf die Einlageschuld des Beklagten
geleistet, steht dies in Widerspruch zu ihrem eigenen Vorbringen, die
Valuta aufgrund der vermeintlich mit dem Beklagten geschlossenen
Darlehensverträge an die Fonds-GbR ausgezahlt zu haben. Als Leistung
eines Dritten könnte diese Zahlung nur angesehen werden, wenn die
Klägerin bei objektiver Betrachtung aus der Sicht der GbR als der
Zuwendungsempfängerin mit Fremdtilgungswillen gehandelt hätte. Der
Bereicherungsanspruch des Beklagten ist entgegen der Auffassung der
Revision auch nicht um etwa erzielte Steuervorteile zu kürzen. Die von
dem Beklagten aufgrund der Fondsbeteiligung mutmaßlich erlangten
Steuervorteile mindern den Rückzahlungsanspruch nicht. Anders als die
Rückabwicklung eines nach § 1 HWiG widerrufenen Darlehensvertrages, der
mit einem finanzierten Fondsanteilserwerb ein verbundenes Geschäft
bildet, bei der der Darlehensnehmer die Rückzahlung seiner auf den
Darlehensvertrag erbrachten Leistungen Zug-um-Zug gegen Abtretung des
Fondsanteils verlangen kann, führt das Nichtzustandekommen der
Darlehensverträge zwischen dem Beklagten und der Klägerin nicht zu
einer Rückabwicklung der Fondsbeteiligung. Daher sind ihm die aus
dieser Kapitalanlage resultierenden Vorteile wie die
Fondsausschüttungen und Steuervorteile zu belassen. Die Abtretung der
Rechte aus der Lebensversicherung ist unwirksam, da der Anleger hierbei
von der Treuhänderin mangels Vollmacht nicht wirksam vertreten worden
ist. Die in dem Treuhandvertrag enthaltene umfassende Vollmacht ist
wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG i.V. mit § 134 BGB nichtig. Nach
gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bedarf derjenige,
der ausschließlich oder hauptsächlich die rechtliche Abwicklung eines
Grundstückserwerbs oder Fondsbeitritts im Rahmen eines
Steuersparmodells besorgt, der Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG. Ein
ohne diese Erlaubnis abgeschlossener Treuhand- bzw.
Geschäftsbesorgungsvertrag, der so umfassende rechtliche Befugnisse und
Pflichten des Auftragnehmers enthält, ist daher nichtig, wobei die
Nichtigkeit nach dem Schutzgedanken des Art. 1 § 1 RBerG i.V. mit § 134
BGB auch die dem Treuhänder/Geschäftsbesorger erteilte umfassende
Vollmacht erfasst. Auch aus dem formularmäßigen Zeichnungsschein ergibt
sich keine Vollmacht zur Abtretung der Rechte aus der
Lebensversicherung. Eine ausdrückliche Vollmacht zur sicherungshalben
Abtretung der Rechte aus der Lebensversicherung enthält der
Zeichnungsschein nicht. Nach seinem Wortlaut berechtigt die darin
erteilte Vollmacht nur zur Aufnahme der Zwischen- und
Endfinanzierungskredite, zu Konteneröffnungen sowie zu Verfügungen über
Eigen- und Fremdmittel, nicht aber zur Bestellung von Sicherheiten.
Soweit der Beklagte auf dem Formular angekreuzt hat, die Tilgung über
eine Kapitallebensversicherung zu wünschen, macht auch die Revision
nicht geltend, dies beinhalte eine Vollmacht zur sicherungshalben
Abtretung der Rechte aus einer Kapitallebensversicherung. Ist die
Sicherheit - sei es auch aufgrund unwirksamer Vollmacht - von der
Treuhänderin gemäß den Verpflichtungen des Darlehensvertrags gestellt
worden, so ist es dem Darlehensnehmer nach § 242 BGB verwehrt, diese
Sicherheit zurückzufordern, da er zu ihrer Stellung verpflichtet ist.
Im Streitfall scheidet letzteres allerdings aus, da der Beklagte nicht
Darlehensnehmer geworden und damit auch insgesamt nicht aus dem
Darlehensvertrag verpflichtet ist. Vielmehr ist, da er für die
Darlehensschuld der GbR nicht persönlich haftet, der mit der Klägerin
getroffenen Tilgungs- und Besicherungsvereinbarung die Grundlage
entzogen mit der Folge, dass die Rechte aus der
Kapitallebensversicherung entsprechend zurück zu übertragen sind.
Für betroffene Anleger bietet diese Entscheidung eine wichtige
Komponente. Wenn sich die rechtlichen Möglichkeiten auf einen Anspruch
des Treuhänders gegen seine Treugeber im Innenverhältnis beschränken,
wird damit auch der Rahmen der Einwendungen gegen die Forderung
erweitert.
Betroffene Anleger sollten sich unbedingt anwaltlich beraten lassen.
Quelle: Prof. Dr. Thieler – Prof. Huber – Heike – Thieler Rechtsanwaltsgesellschaft mbH