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Achtung, Eigenbedarf! Gerichtsurteile zu einem heiklen Themengebiet

Archivmeldung vom 25.05.2024

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.05.2024 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Bild: Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen (LBS) Fotograf: Bundesgeschäftsstelle LBS
Bild: Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen (LBS) Fotograf: Bundesgeschäftsstelle LBS

Angesichts einer angespannten Situation auf dem Wohnungsmarkt fürchten viele Mieter, dass ihnen eines Tages der Eigentümer der Immobilie die Kündigung ausspricht. Die Begründung: Eigenbedarf. Das hat der Gesetzgeber eigens als Grund für eine ordentliche Kündigung vorgesehen. Doch nicht jede Variante, die Eigentümer vorbringen, hält auch vor Gericht stand. Der Infodienst Recht und Steuern der LBS hat sich mit diesem heiklen Themengebiet befasst und stellt entsprechende Urteile vor.

Eine Eigenbedarfskündigung muss eine gewisse Substanz aufweisen. So hatte ein Vater den Mietern mit der Begründung gekündigt, sein Sohn werde einziehen. Denn diesem drohe seinerseits der Abriss des Mietshauses, in dem er wohne. Doch dann stellte sich heraus, dass der Vater mit dem Sohn noch nicht einmal seine Pläne besprochen hatte. Das Amtsgericht München (Aktenzeichen 433 C 16581/17) hatte begründete Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Überlassungswillens und sah auch keinen tatsächlichen Nutzungswillen.

Was überhaupt nicht in Frage kommt als Grund für eine Eigenbedarfskündigung, das ist eine sogenannte abstrakte Familienplanung. Eine Wohnung sollte für den Enkel des Eigentümers und dessen Familiengründung frei gemacht werden, obwohl dieser noch nicht einmal eine feste Partnerin hatte. Das Landgericht Berlin (Aktenzeichen 64 S 260/22) erkannte wie schon die Vorinstanz keinen nachvollziehbaren Anspruch. Die angebliche Familienplanung sei bestenfalls als vage zu bezeichnen.

Es kommt daher gar nicht so selten vor, dass Mieter erhebliche Zweifel an der ihnen übermittelten Eigenbedarfskündigung haben. Manchmal schalten sie sogar Privatdetektive ein, um der Sache auf den Grund zu gehen. Das Landgericht Berlin (Aktenzeichen 80 T 489/22) stellte fest, dass solche Kosten erstattungsfähig sein können, "wenn sie prozessbezogen waren und sich - gemessen an den wirtschaftlichen Verhältnissen der Parteien und der Bedeutung des Streitgegenstandes - in vernünftigen Grenzen halten". Die Rechnungen müssten allerdings gewisse Mindestvoraussetzungen erfüllen, zum Beispiel den Nachweis des Stundenaufwandes und der jeweils erbrachten Tätigkeit.

Längst nicht alle Verwandten genießen im Zusammenhang mit Eigenbedarf dieselben Rechte. Ein Cousin zum Beispiel ist kein Familienangehöriger im Sinne des Mietrechts und rechtfertigt deswegen auch keine Eigenbedarfskündigung. Das Amtsgericht Berlin-Mitte (Aktenzeichen 25 C 183/22) wies darauf hin, dass auch ein besonderes Vertrauensverhältnis zum Cousin daran nichts ändere.

Manchmal fallen die Gründe für eine bereits ausgesprochene Eigenbedarfskündigung weg. In diesem Fall muss der Eigentümer nach Ansicht des Amtsgerichts Waiblingen (Aktenzeichen 9 C 1106/18) von sich aus auf die veränderte Situation hinweisen. Sind diese Erklärungen nicht schlüssig, kann sogar ein Schadenersatz gegenüber dem Mieter fällig werden.

Grundsätzlich sollten sich Eigentümer vor vorgetäuschtem Eigenbedarf hüten, denn das kann sie unter Umständen sehr teuer zu stehen kommen. Der Mieter kann nicht nur die Umzugskosten geltend machen, sondern auch eine doppelte Mietbelastung und die Differenz zwischen der alten und der neuen Miete für einen Zeitraum von dreieinhalb Jahren. Mit dieser Begründung sprach das Amtsgericht Coesfeld (Aktenzeichen 4 C 156/19) einer Mieterin mehr als 5.000 Euro Schadenersatz zu.

Ein Vermieter plante, ein Mehrfamilienhaus zu einem selbst genutzten Einfamilienhaus umzubauen und sprach deswegen eine Eigenbedarfskündigung aus. Das Amtsgericht Hamburg (Aktenzeichen 49 C 294/22) ging von einer ungerechtfertigten Kündigung aus, weil zu dem Zeitpunkt noch nicht einmal eine baustatische und baugenehmigungsrechtliche Vorprüfung vorgelegen habe.

Der Eigentümer eines Mehrfamilienhauses mit über 15 Wohnungen und Gewerbeeinheiten sprach einem Mieter die Kündigung aus, weil er dem von ihm selbst betreuten und verwalteten Objekt nahe sein wolle. Wegen tatsächlicher Zweifel, ob dieser Grund vorliegt, reichte dies dem Amtsgericht München (Aktenzeichen 423 C 5615/20) nicht als Begründung aus - ebenso wenig wie der Wunsch des Eigentümers, seine Arbeitsplatzsuche auf die Stadt München auszudehnen.

Quelle: Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen (LBS) (ots)

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