IVNM fordert: "Stoppt den Abmahnwahn im Internet!"
Archivmeldung vom 10.06.2005
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittUnternehmen im Internet leben gefährlich, bereits kleine Rechtsverletzungen können zu unerwartet hohen Kosten führen. Wer beispielsweise im Impressum der firmeneigenen Homepage keine Telefonnummer angibt, verstößt gegen § 6 Teledienstegesetz und wird schnell das Opfer von Abmahnanwälten.
Diese fordern dann schriftlich
dazu auf, dass eine sog. Unterlassungserklärung unterschrieben und
ihre Gebührenrechnung bezahlt wird. Dabei argumentieren sie mit dem
"Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb" (UWG). Denn, so wird
behauptet, ihr Auftraggeber sei im wirtschaftlichen Wettbewerb durch
die fehlende Telefonnummer erheblich benachteiligt. Um diesen
Nachteil zu beenden, wäre kostenpflichtige anwaltliche Hilfe
notwendig, die jetzt vom Abgemahnten zu zahlen sei. Der Haken an der
Sache: Häufig entsteht dem Auftraggeber keinerlei wirtschaftlicher
Schaden oder noch schlimmer, es gibt überhaupt keinen Auftraggeber.
In einem aktuellen Fall schob das Oberlandesgericht Düsseldorf dem
Abmahnwahn einen Riegel vor. In dem Urteil (Az.: I-20 U 25/05) vom
25. Mai 2005 stellt es fest, dass der abmahnende Anwalt
ausschließlich "sein Interesse an der Schaffung von
Gebührentatbeständen" verfolge. Dazu Marko Dörre, Rechtsanwalt des
Abgemahnten und Geschäftsführer des IVNM e.V.: "Wir konnten durch
umfangreiche Recherchen nachweisen, dass der Anwalt eigene
Internetseiten erstellt hatte, um damit ein Wettbewerbsverhältnis
vorzutäuschen und anschließend in über 100 Fällen abzumahnen. Leider
ist der Nachweis von missbräuchlichen Abmahnungen häufig nur
unvollständig oder gar nicht möglich, und dann bleiben die
Abgemahnten auf ihren Kosten sitzen."
Darum fordert nun der IVNM - Interessenverband Neue Medien e.V.,
dass in wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten für Abmahnungsschreiben
keine Kosten anfallen dürfen. Jan Ginhold, Vorstandsvorsitzender des
IVNM: "Nur wenn im Gesetz klar geregelt ist, dass keine Gebühren vom
Abgemahnten verlangt werden dürfen, wird der Abmahnwahn beendet."
Bislang findet sich die Reglung zum Kostenersatz im "Gesetz gegen
unlauteren Wettbewerb". In § 12 Absatz 1 Satz 2 heißt es: "Soweit die
Abmahnung berechtigt ist, kann Ersatz der erforderlichen Aufwendungen
verlangt werden". Problem dabei ist, dass die Beweislast für eine
unberechtigte Abmahnung der Abgemahnte trägt. Marko Dörre besteht
ebenfalls auf gesetzgeberischem Handeln: "Eine Änderung des § 12
Absatz 1 Satz 2 UWG muss schnell erfolgen, sonst entsteht täglich ein
höherer Schaden!" Der fragliche Paragraf wurde erst im Juli 2004 in
das "Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb" aufgenommen.
In Zukunft würden dann auch Abmahnwellen unterbleiben, wie die
eines Münchner Anwaltes, der in den letzten Wochen dutzendfach
Unterlassungserklärungen und Kostennoten verschickte, u.a. wegen
fehlerhaften Impressen oder Preisangaben. Dabei drohte er auch mit
Strafanzeigen, falls die Anwaltsgebühren nicht schriftlich anerkannt
würden. Auftraggeber seien Primacom AG, Bundesverband Digitale
Wirtschaft und friends4.net, aber Vollmachten waren den Abmahnungen
nicht beigefügt. Ein Abmahn-Opfer berichtet: "Ich wusste nicht mehr,
wie mir geschah. Fast täglich erhielt ich ein neues Abmahnschreiben,
insgesamt waren es vier Stück. Alle von Rechtsanwalt Scheffler aus
München. Jetzt liegen mir Kostenrechnungen von dem Scheffler über
5.0000 Euro vor. Diese Summe bereitet mir als Kleinunternehmer sehr
große Bauchschmerzen."
Zum IVNM:
Der IVNM - Interessenverband Neue Medien e.V. wurde im Jahr 2001
gegründet und vertritt rund 200 Unternehmen aus der Internet- und
Mobilbranche gegenüber Politik und Behörden, fördert die
Kommunikation untereinander und unterstützt sie bei der Vermarktung
ihrer Produkte.
Quelle: Pressemitteilung IVNM - Interessenverband Neue Medien e.V.