Staatsanwaltschaft stellt Ermittlungsverfahren zu Sylt-Video ein "Meinungsäusserung"
Die Staatsanwaltschaft Flensburg hat das Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung gegen vier Personen in Zusammenhang mit dem sogenannten Sylt-Video eingestellt. Nach Sichtung des Videomaterials hätten sich nicht genügend Anhaltspunkte für eine weitere Verfolgung der Sache ergeben, sagte eine mit dem Verfahren vertraute Person der "Welt".
Bei dem Vorfall an Pfingsten 2024 hatte eine Gruppe junger Erwachsener
auf der Terrasse der Sylter Szenekneipe "Pony" zum Song "L'amour
toujours" den Liedtext "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus"
gesungen. Das hatte bundesweit für Empörung gesorgt.
Der Gesang
bleibe eine "Meinungsäußerung", geschützt von Artikel 5 Grundgesetz,
hieß es jetzt laut Zeitung. Gegen einen Mann, der im Video einen
abgewandelten "Hitler"-Gruß zeigt, erließ die Staatsanwaltschaft
Flensburg wegen Verwendung eines verfassungswidrigen Kennzeichens
(Artikel 86a Strafgesetzbuch) einen Strafbefehl in Höhe von 2.500 Euro.
Stimmen Gericht und der Angeschuldigte der Geldbuße zu, gilt dieser
weiterhin als nicht vorbestraft. Auch eine Eintragung ins
Führungszeugnis droht nicht. Die Person, die das Video aus dem "Pony" in
sozialen Medien hochgeladen hatte und selbst nicht darin zu sehen ist,
bleibt laut Zeitung straflos.
Das Landgericht Oldenburg kam Mitte
Dezember 2024 in einem Beschluss mit grundsätzlichem Charakter in der
Frage der Volksverhetzung zu einem ähnlichen Ergebnis wie nun die
Staatsanwaltschaft Flensburg. In diesem Fall ging es um zwei 16- und
17-jährige Jugendliche, die bei einem regionalen Schützenfest am 20. Mai
2024 ebenfalls den abgewandelten Chorus zum Lied "L'amour toujours"
gesungen hatten. Das Amtsgericht Cloppenburg hatte die Eröffnung eines
Verfahrens abgelehnt, das Landgericht Oldenburg wies die Beschwerde der
Staatsanwaltschaft gegen diesen Beschluss als "in der Sache unbegründet"
ab.
Das Landgericht schrieb in seiner Begründung, dass auch
solche Äußerungen unter den Schutz der Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG
fielen. Unter anderem argumentiert das Gericht: "Die Parole 'Deutschland
den Deutschen, Ausländer raus' ist ohne Weiteres als wertende
Stellungnahme und damit als Meinung zu qualifizieren. Als solche genießt
sie den Schutz der Meinungsfreiheit, ohne dass es dabei auf deren
Begründetheit, Werthaltigkeit oder Richtigkeit ankäme." Sie verliere
diesen Schutz auch dann nicht, wenn sie "scharf und überzogen" geäußert
wird.
Quelle: dts Nachrichtenagentur