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EuGH kippt erstmalig Vorschrift des Markengesetzes - Effizienzgewinne für Markeninhaber

Archivmeldung vom 24.04.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.04.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Europäischer Gerichtshof: Großer Saal mit 13 Richtern
Europäischer Gerichtshof: Großer Saal mit 13 Richtern

Lizenz: Public domain
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 19. April 2018 (C-148/17) in einem Rechtsstreit zwischen Peek & Cloppenburg Düsseldorf und Peek & Cloppenburg Hamburg erstmalig eine Vorschrift des Markengesetzes gekippt. Er widersprach damit gleichzeitig der Auffassung des BGH, der das deutsche Recht im europäischen Kontext für maßgeblich hielt.

Dem Urteil lag der Fall zugrunde, dass Peek & Cloppenburg Hamburg auf zwei wegen Nichtbenutzung löschungsreife deutsche Marken aus den Jahren 1978 und 1982 verzichtete und dadurch seiner gleichlautenden Unionsmarke aus dem Jahre 2001 die Zeitränge der deutschen Marken von 1978 und 1982 verschaffen wollte. Diese Möglichkeit ist an sich im Unionsmarkenrecht vorgesehen. Damit einer solchen Inanspruchnahme aber entgegengetreten werden kann, sieht die Unionsmarkenverordnung vor, dass die Ungültigkeit oder der Verfall der älteren nationalen Marke, die Gegenstand eines Verzichts gewesen oder erloschen ist, nachträglich festgestellt werden kann.

Peek & Cloppenburg Düsseldorf machte von dieser Möglichkeit Gebrauch und griff die neuen Zeitränge der Unionsmarke mit dem Argument an, dass die ehemals nationalen Marken zum Zeitpunkt des Verzichts auf sie löschungsreif waren. Demgegenüber verlangt das deutsche Markengesetz, dass die Voraussetzungen für die Ungültigkeit oder den Verfall der älteren nationalen Marke auch zu dem Zeitpunkt erfüllt sein müssen, zu dem über den Antrag auf nachträgliche Feststellung der Ungültigkeit oder des Verfalls entschieden wird. Hintergrund der deutschen Regelung ist die Vorstellung, dass die nationale Marke in dem neuen Zeitrang der Unionsmarke fortexistiert.

Wie der Gerichtshof jetzt entschieden hat, besteht die nationale Marke nicht in dem neuen Zeitrang der Unionsmarke fort. Ihr ehemaliger Zeitrang wird Bestandteil der Unionsmarke. Mit der Zeitrangregelung solle dem Inhaber der Unionsmarke ermöglicht werden, in diesem Mitgliedstaat weiter von dem Schutz zu profitieren, den die gelöschte ältere nationale Marke genoss. Der Gerichtshof entschied überdies, dass die nationale Marke im Zeitpunkt ihres Verzichts nicht löschungsreif sein darf. Auf andere Zeitpunkte komme es anders als es das deutsche Recht vorsieht nicht an. Der Gerichtshof bestätigte damit die Argumentation von Peek & Cloppenburg Düsseldorf.

Rechtsanwalt Professor Dr. Paul Lange von der Kanzlei Siebeke Lange Wilbert in Düsseldorf, der den Rechtsstreit für Peek & Cloppenburg Düsseldorf geführt hat, erläutert hierzu: "Das Urteil des Gerichtshofs ist besonders wichtig für die Inhaber internationaler Markenportfolios. Wenn der Markeninhaber die Priorität nicht löschungsreifer nationaler Marken durch Verzicht an eine identische Unionsmarke anhängt, ändert sich an seiner rechtlichen Position für die Länder, in denen die nationalen Marken existierten, nichts. Aber der Markeninhaber kann jetzt auch für den angehängten Zeitrang von den Vorteilen der Unionsmarke profitieren.

Vorteile bestehen insbesondere in der rechtserhaltenden Benutzung der unterschiedlichen Prioritäten. Da sich diese jetzt nach Unionsmarkenrecht richtet, braucht eine Benutzung nicht mehr in dem Staat zu erfolgen, für den der Zeitrang gilt. Die Unionsmarke kann nämlich in einem wesentlichen Teil der Europäischen Union rechtserhaltend benutzt werden. Der Markeninhaber kann deshalb beispielsweise den für ihn wertvollen Zeitrang seiner aufgegebenen nationalen Marke in Spanien durch Nachweis der Benutzung seiner Unionsmarke in Deutschland aufrechterhalten.

In internationalen Verletzungsprozessen entfällt für ihn damit meist die aufwändige und teure Zusammenstellung von landesspezifischen Benutzungsunterlagen. Weiter kann in Fällen der Geschäftsverlagerung in der Europäischen Union die Aufrechterhaltung des gesamten Markenschutzes durch eine ausreichende Benutzung der Unionsmarke im Land des neuen Geschäftssitzes aufrecht erhalten werden.

Auch braucht der Markeninhaber nur noch die Kosten für die Verlängerung der Unionsmarke zu zahlen, um auch die alten landesspezifischen Prioritäten aufrecht zu erhalten".

Es ist davon auszugehen, dass nunmehr auch der Entwurf des Markenrechtsmodernisierungsgesetzes geändert wird, welcher an der nunmehr gekippten Rechtslage Deutschland nichts ändern wollte, weil auch er noch davon ausgeht, dass die aufgegebene nationale Marke in dem Zeitrang der Unionsmarke fortbesteht.

Quelle: Kanzlei Siebeke, Lange, Wilbert (ots)

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