Vorsteuerabzug bei gemeinschaftlicher Auftragserteilung
Archivmeldung vom 27.08.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIn der Praxis sind folgende Fälle recht häufig anzutreffen: Mehrere Unternehmer schließen sich zusammen, um eine teure Maschine zu kaufen, oder ein gewerblich genutztes Ladenlokal wird an ein Ehepaar vermietet, in dem jedoch nur der Ehemann sein Unternehmen betreibt.
Was aus wirtschaftlichen oder zivilrechtlichen Gesichtspunkten recht sinnvoll erscheint, wird nun durch ein neues BMF-Schreiben steuerlich zum Verhängnis, wenn es um die Umsatzsteuer geht.
Nach der Ansicht des Finanzministeriums entfaltet nämlich in den
genannten Fällen die Gemeinschaft als solche keine unternehmerische
Tätigkeit, weil sie nicht als wirtschaftlich und umsatzsteuerrechtlich
relevantes Gebilde auftritt.
Wird also beispielsweise das Ladenlokal an das Ehepaar vermietet, aber
nur der Ehemann ist Unternehmer, könne der Vermieter nicht zur
Umsatzsteuerpflicht auf seine Vermietungsumsätze optieren. Eine Option
zur umsatzsteuerpflichtigen Vermietung sei laut dem Schreiben des
Bundesministeriums für Finanzen nur möglich, wenn der Umsatz an einen
Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt werde.
Das sah der Bundesfinanzhof in seiner bisher dazu ergangenen Rechtsprechung anders. Er urteilte, dass die Vermietungsleistungen den jeweiligen Eheleuten zu gleichen Teilen zuzuordnen wären, weil beide gleichermaßen aus dem Mietvertrag berechtigt und verpflichtet seien. Der Ladenvermieter könne in so einem Fall zumindest für 50 % seiner Vermietungsumsätze zur Steuerpflicht optieren. Dieses günstige BFH-Urteil, das bereits im Jahr 2001 gefällt wurde, will die Finanzverwaltung jedoch nicht anwenden.
Das gleiche Schicksal droht der Gemeinschaft aus mehreren Unternehmern, die sich zum Erwerb einer Maschine zusammengeschlossen haben. Angeblich würden die Unternehmer keine gemeinsamen Umsätze „im Rahmen des Gesamtobjekts“ ausüben. Die Praxis, dass der Vorsteuerabzug auf die einzelnen Unternehmer gesondert und einheitlich aufgeteilt wird und anschließend abgezogen werden kann, will die Finanzveraltung nicht dulden. Auch zu diesem Fall gab es bereits ein positives BFH-Urteil, das die gesonderte und einheitliche Feststellung der Vorsteuerbeträge bejahte, wenn die Rechnung an die Bruchteilsgemeinschaft gerichtet ist und in einem Gesamtbetrag gesondert ausgewiesen wird. Jedem Unternehmer stünde nach der BFH-Rechtsprechung sein Anteil am Vorsteuerabzug zu.
Hinweis:
Die neue Sichtweise der Finanzverwaltung bietet einige Brisanz. Da das
Schreiben keine Anwendungsvorschriften enthält, sind wohl alle offenen
Fälle betroffen - auch Änderungen im Rahmen von Betriebsprüfungen. Wer
sich dagegen zur Wehr setzen möchte, muss auf alle Fälle ein
finanzgerichtliches Verfahren in Kauf nehmen.
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, solche Gestaltungen zukünftig
zu vermeiden. Zumindest bei gemeinschaftlicher Auftragserteilung durch
mehrere Personen wäre es für den anteiligen Vorsteuerabzug nach der
bisherigen Sichtweise der Finanzverwaltung ausreichend, wenn das
Wirtschaftgut unentgeltlich an einen Gemeinschafter überlassen wird.
Die Gemeinschaft wird dann gemeinschaftlich unternehmerisch tätig; das
wiederum kann andere umsatzsteuerliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Quelle: R.T.S. STEUERBERATUNGSGESELLSCHAFT MBH