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Bank muss Kunden bei Verdacht einer drohenden Schädigung im bargeldlosen Zahlungsverkehr warnen

Archivmeldung vom 03.07.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.07.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 06.05.2008 (BGH, Urt. v. 06.05.2008 – XI ZR 56/07) erneut festgestellt, dass Banken die Pflicht haben, die Interessen ihrer Kunden zu wahren und aus diesem Grunde gerade auch im Bereich des bargeldlosen Zahlungsverkehrs ihren Kunden vor Gefahren für sein Vermögen zu warnen.

Kommen Banken einer solchen Warnpflicht nicht nach, können sie sich gegenüber ihrem Kunden aufgrund einer Schlechterfüllung des Girovertrages schadensersatzpflichtig machen.
Vor dem Hintergrund der Massenhaftigkeit der Geschäftsvorgänge im bargeldlosen Zahlungsverkehrs wird allgemein davon ausgegangen, dass Kreditinstitute sich grundsätzlich nicht um die Interessen der an den einzelnen Zahlungsvorgängen beteiligten Kunden zu kümmern haben. Der Zweck der Tätigkeit der Kreditinstitute im Bereich des bargeldlosen Zahlungsverkehrs liegt vielmehr in der Gewährleistung dessen technisch einwandfreier, einfacher und schneller Abwicklung. Ausnahmsweise sind jedoch auch Kreditinstitute verpflichtet, ihre Kunden vor drohenden Schäden aufgrund der Teilnahme an dem bargeldlosen Zahlungsverkehr zu schützen. Sie treffen in diesem Falle ggf. Warn- und Hinweispflichten.
Anlässlich der nunmehr ergangenen Entscheidung hat der BGH klargestellt, dass eine Bank dann verpflichtet ist ihren Kunden zu warnen, wenn sie über massive Anhaltspunkte verfügt, die den Verdacht begründen, dass der Kunde bei der Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr durch eine Straftat eines anderen Kunden oder eines Dritten geschädigt zu werden droht.
Zwar bestehe, so der BGH, keine generelle Pflicht für Banken, bei jeder Abwick-lung eines Zahlungsvorgangs zu prüfen, ob dieser für einen beteiligten Kunden risikoreich ist. Auch könne von Kreditinstituten nicht verlangt werden, jede Kontobewegung ohne besondere Anhaltspunkte zu überwachen. Eine Warnpflicht gegenüber dem eigenen Kunden komme jedoch dann in Betracht, wenn der Bank ohne nähere Prüfung im Rahmen der normalen Bearbeitung eines Vorgangs des bargeldlosen Zahlungsverkehrs Tatsachen bekannt werden, aus denen sich massive Verdachtsmomente im Hinblick auf eine Straftat zum Schaden eines beteiligten Kunden ergeben.
Im vorliegend durch den BGH zu entscheidenden Fall wurden Kunden des Kreditinstituts von einer GmbH mit hohen Renditeversprechen dazu veranlasst, auf einem Konto Gelder für Börsengeschäfte bereitzustellen. Tatsächlich wurden diese Gelder jedoch nicht für Börsengeschäfte verwendet, sondern sukzessive durch verschiedene Personen von diesem Konto abgehoben bzw. auf ein anderes Konto weitergeleitet. Nachdem einer Bankmitarbeiterin die häufigen Barabhebungen aufgefallen waren, befragte sie zunächst den Gründer der GmbH zu den Hintergründen dieser Barabhebungen. Als der GmbH-Gründer seine anlässlich der Befragung gemachten Angaben im Hinblick auf die Ordnungsgemäßheit der Transaktionen nicht durch schriftliche Unterlagen belegen konnte, erstattete die Bankmitarbeiterin eine Verdachtsanzeige nach dem Geldwäschegesetz. Erst Monate später erstattete sodann die betroffene Bank Strafanzeige. In der Zwischenzeit hatten Kunden des Kreditinstituts auf das Konto Gelder eingezahlt, welche sodann in bar abgehoben bzw. auf ein anderes Konto weitergeleitet wurden.
Der BGH gelangte nun zu der Auffassung, das Kreditinstitut sei seinen Verpflichtungen aus dem mit ihren Bankkunden geschlossenen Girovertrag nicht ausreichend nachgekommen und habe Warn- bzw. Hinweispflichten verletzt. Solche Warnpflichten bestehen regelmäßig im Falle der drohenden Veruntreuung von Kundengeldern oder einem Vollmachtsmißbrauch.
An der Erfüllung einer solchen Warnpflicht sei die Bank auch nicht durch das von ihr zu beachtende Bankgeheimnis gehindert, so der BGH weiter. Die Erfüllung des Bankgeheimnisses gegenüber einem Kunden müsse im Einzelfall hinter den Vermögensinteressen eines anderen Kunden zurücktreten. Wenn also die Bank einen massiven Verdacht hegt, einer ihrer Kunden könnte gegenüber einem anderen Kunden eine Straftat begehen, so muss die Bank ggf. ihre gegenüber dem einen Kunden bestehende Pflicht der Wahrung des Bankgeheimnisses verletzen, um seiner in diesem Falle höher zu bewertenden Warnpflicht gegenüber den betroffenen Kunden nachkommen zu können.
Derartige Warnpflichten einer Bank können auch gegenüber Dritten bestehen, die nicht zu deren Kundenkreis zählen, aber dennoch mit ihr in Verbindung treten. So kann auch die Bank eines Zahlungsempfängers im Einzelfall Warn- und Hinweispflichten gegenüber dem Einzahler treffen.

Quelle: KSR Kanzlei Siegfried Reulein

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