Regierung muss juristische Prüfung des Böhmermann-Falls offen legen - Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg verpflichtet Auswärtiges Amt zu Auskünften
Archivmeldung vom 02.01.2017
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Freigeschaltet durch André OttDie Bundesregierung muss offen legen, weshalb sie Jan Böhmermanns Erdogan-Satire für strafbar hielt. Das hat das Berlin-Brandenburger Oberverwaltungsgericht (OVG) auf einen Eilantrag des Berliner "Tagesspiegels" in einem am Montag veröffentlichten Beschluss entschieden und damit eine Beschwerde des Auswärtigen Amts (AA) gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts abgewiesen (Az.: OVG 6 S 29.16). Das AA und das Justizministerium hatten das umstrittene "Schmähgedicht" des TV-Unterhalters auf den türkischen Präsidenten als Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts eingestuft. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisierte den Fernsehbeitrag damals als "bewusst verletzend", und das Kabinett erlaubte Ermittlungen, die mittlerweile eingestellt sind.
Trotzdem wurde die juristische Prüfung weiter geheim gehalten. Zu Unrecht, wie das OVG jetzt rechtskräftig feststellt: Die Regierung habe zwar behauptet, dass eine Offenlegung ihre Arbeit und das Verhältnis zur Türkei beeinträchtige, dies vor Gericht jedoch nicht überzeugend dargelegt. Es sei nicht ersichtlich, dass "durch das Auskunftsbegehren in den innersten Bereich der Willensbildung der Bundesregierung eingedrungen würde".
Böhmermann hatte die Klage unterstützt und ein eigenes Interesse an den Informationen angemeldet. Zudem hatte er in einer Erklärung begrenzt auf den Fall auf seinen Schutz durch die Unschuldsvermutung verzichtet, um Auskünfte zu ermöglichen.
In einer ersten Entscheidung in der Sache im August 2016 hatte das Verwaltungsgericht eine "Tagesspiegel"-Klage noch mit diesem Argument zurückgewiesen (Az.: VG 27 L 324.16), ihr in einem erneuten Verfahren dann aber kürzlich stattgegeben (Az.: VG 27 L 475.16.)
Quelle: Der Tagesspiegel (ots)