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Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs gegen Presseunternehmen wegen negativer Berichterstattung

Archivmeldung vom 23.05.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.05.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Das OLG Hamm (Urteil vom 17.03.2009 – 4 U 184/08) hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, wann eine von einer negativen Presseberichterstattung betroffene PR-Agentur einen Anspruch auf Unterlassung gegen das Presseunternehmen geltend machen kann.

Sachverhalt

Klägerin war eine PR-Agentur, die Beklagte verlegt u. a. Zeitungen und betreibt ein Zeitungsportal im Internet.

Die Klägerin nahm an einer städtischen Ausschreibung zur Konzeption eines Projektes "Stadtpräsentation im Internet" teil, mit dem das Ziel verfolgt werden sollte, den Wirtschaftsstandort N besser zu vermarkten und die Stadt als starken Wirtschaftsraum mit hoher Lebensqualität zu präsentieren. Die Klägerin erhielt den Zuschlag. Das von ihr sodann ausgearbeitete Projekt sah neben der Präsentation der Stadt auch die Schaffung eines Forums vor, in dem sich ortsansässige Unternehmen in bewegten Bildern darstellen und Arbeitsplätze anbieten, und Interessenten sich auf demselben Weg um die Stellen bewerben können.

Nach Abschluss der ersten Projektphase beschlossen die kommunalen Träger, die Kampagne nicht in der von der Klägerin konzipierten Form weiterzuführen und lösten das Vertragsverhältnis auf. Bis dahin waren öffentliche Mittel in Höhe von 58.000,00 € aufgewendet worden.

Die Beklagte berichtete in einer von ihr verlegten Zeitung über die Entwicklung der ursprünglichen Werbekampagne der Kläger. U.a. schrieb sie hierzu: „... Die Stadt hatte das bis dahin gut 60.000,00 € teure Projekt mit der Imagewerbung ... aber gestoppt, weil es ihrer Meinung nach mit erheblichen Mängeln behaftet war“.“

Ansicht der Klägerin

Die Klägerin war der Ansicht, sie habe einen Anspruch gegen die Beklagte auf Unterlassung dieser Äußerung. Sie vertrat die Ansicht, zwischen ihr und der Beklagten bestehe ein Wettbewerbsverhältnis aufgrund der zahlreichen Berührungspunkte ihrer Internetportale und der jeweiligen Veröffentlichung von Stellenangeboten. Ferner behauptete sie, die angegriffenen Aussagen seien von der Beklagten mit der Absicht getätigt worden, die Klägerin als Wettbewerberin vom Markt zu verdrängen. Sie seien auch inhaltlich unzutreffend. Den Beweis der Richtigkeit ihrer Äußerungen könne die Beklagte nicht führen. Aufgrund der Nennung des Namens der Klägerin im Zusammenhang mit Projektmängeln und überhöhten Kosten seien diese Äußerungen in hohem Maße existenzbedrohend. Sie stellten daher einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Geschäftsbetrieb dar, der insbesondere aufgrund der bestehenden Konkurrenzsituation nicht von der Pressefreiheit gedeckt sei.

Urteil Landgericht: Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung

Das Landgericht hat in erster Instanz die Beklagte zur Unterlassung verurteilt.

Erfolgreiche Berufung der Beklagten

Gegen das Urteil des LG legte die Beklagte erfolgreich Berufung ein. Das Berufungsgericht verneinte sowohl einen Anspruch auf Unterlassung wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens (UWG) als auch wegen strafbarer übler Nachrede nach § 186 StGB.

Kein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch mangels Wettbewerbsverhältnis

Ein Anspruch nach UWG schied bereits mangels Bestehens eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen den Parteien aus, denn nur dann wäre die Klägerin gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG klagebefugt gewesen. Ein solches liegt vor, wenn sich die Angebote der Klägerin und der Beklagten an denselben Kundenkreis richten und aus dessen Sicht austauschbar wären.

Die Klägerin gab zwar an, dass sie eine Internetseite mit Unternehmenspräsentationen, Stellenanzeigen und Bewerbungsmöglichkeiten betreibe. Das Gericht führte zwar aus, dass ein solches Internetangebot im Wettbewerb mit dem Anzeigenmarkt in der Zeitung der Beklagten stehen könnte, da sich beide Angebote an denselben Kundenkreis richten und aus dessen Sicht austauschbar wären. Jedoch konnte die Klägerin keine Beweise für den tatsächlichen Betrieb eines solchen Portals vorlegen. Sie legte lediglich Screenshots vor, bei denen es sich jedoch nicht um Auszüge aus dem Internet, sondern um Abbildungen von Seiten, die auf einem lokalen PC gespeichert waren, handelte. Von der Homepage der Klägerin existierte lediglich die Startseite. Links zu den vorgelegten weiteren Screenshots waren nicht vorhanden.

Kein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch mangels Wettbewerbshandlung

Überdies scheiterte ein Anspruch nach UWG daran, dass die Beklagte nicht wettbewerbsmäßig gehandelt hat, d.h. um eigenen oder fremden Wettbewerb zu fördern. Hier verwies das Gericht darauf, dass grundsätzlich nämlich keine Vermutung für ein wettbewerbsmäßiges Handeln besteht, wenn Medienunternehmen im Rahmen ihres journalistischen Auftrags tätig werden (...).

„(... ) Von einer Wettbewerbshandlung bzw. geschäftlichen Handlung ist nur auszugehen, wenn konkrete Umstände vorliegen, dass neben der Absicht, das Publikum zu unterrichten, der Zweck der Förderung des Wettbewerbs mehr als nur eine untergeordnete weil notwendig begleitende Rolle gespielt hat (...). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist auch vorliegend davon auszugehen, dass die gebotene journalistische Berichterstattung im Vordergrund stand und die Benachteiligung der Klägerin keine eigene Rolle spielte. Danach hat die Beklagte bei der Veröffentlichung des Artikels mit der beanstandeten Aussage außerhalb des wettbewerbsmäßigen Geschehens gehandelt, so dass für wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche von vornherein kein Raum ist.(...)“

Kein Unterlasssungsanspruch wegen übler Nachrede nach § 186 StGB

Zwar handelt es sich bei der angegriffenen Äußerung der Beklagten um eine Tatsachenbehauptung - nur solche können den Tatbestand der üblen Nachrede erfüllen – und nicht um eine Meinungsäußerung. Hier zu das Gericht:

„(...) Die Aussage, die Stadt habe das Projekt gestoppt, da es ihrer Meinung nach mit erheblichen Mängeln behaftet war, gibt zwar mittelbar eine Meinungsäußerung der Stadt wieder. Diese Behauptung steht aber im Zusammenhang mit der äußeren Erscheinung der Beendigung des Projekts und bezieht sich auf die Beweggründe für diese Handlung. Ob die Überzeugung von Mängeln des Projekts tatsächlich ausschlaggebend für die Aufhebung der Kampagne war, ist eine These, die sich als wahr oder falsch herausstellen kann, auch wenn sie nur schwer zu beweisen ist.(...)“

Auch war die Tatsache geeignet, die Klägerin in der öffentlichen Meinung herabzusetzen, da der Name der Klägerin und ihrer Partnerin genannt wird und es sich um ihre Projektentwicklung handelt, die als mängelbehaftet dargestellt wird.

Jedoch - so das Gericht - kann der in Anspruch genommene Verletzer den Unterlassungsanspruch dadurch zu Fall zu bringen, dass er die Wahrheit der beanstandeten Äußerung nachweist, da eine üble Nachrede nach § 186 StGB nur unwahre Äußerungen betrifft. Entgegen der Ansicht des Landgerichts vertrat das OLG die Ansicht, dass die Beklagte aufgrund der unstreitigen bzw. bewiesenen Gesamtumstände den Wahrheitsbeweis für ihre beanstandete Äußerung geführt hat.

Kein Unterlasssungsanspruch wegen Ehrverletzung nach §§ 823 / § 824 BGB

Auch einen solchen Anspruch verneinte das OLG und führte hierzu aus:

„(..) Zwar können auch wahre Tatsachenbehauptungen Ehrverletzungen darstellen, die der Beleidigte nicht hinzunehmen braucht. Ein Anspruch auf Unterlassung einer ehrenrührigen wahren Tatsache besteht aber höchstens dann, wenn diese ungerechtfertigt in die Intim- oder Privatsphäre eingreift. Davon kann bei der Berichterstattung über die berufliche Tätigkeit der Klägerin keine Rede sein. Die Pressefreiheit gewährt gerade auch die Berichterstattung über Tatsachen, die für den Betroffenen unangenehm sind. Das gilt vor allem für Tatsachen, die dem öffentlichen Bereich zuzuordnen sind.(...)“

Fazit

Ein Anspruch auf Unterlassung einer negativen Berichterstattung ist nicht bereits dann gegeben, nur weil es sich um eine negative Berichterstattung handelt, sondern es muss entweder deren Unwahrheit hinzukommen oder die Intim- oder Privatsphäre betroffen sein.

Quelle: Hoffmann Rechtsanwälte & Steuerberater

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