BGH trifft Grundsatzentscheidung zur Forenhaftung - Haftet der Betreiber oder der Verfasser?
Archivmeldung vom 27.03.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.03.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat ein Grundsatzurteil zur Frage der Forenhaftung gefällt. Der BGH hatte die Frage zu entscheiden, ob er auf die Löschung rechtsverletzender Beiträge auch dann in Anspruch genommen werden kann, wenn die Identität des Verfassers bekannt ist.
In dem Fall war der Kläger in einem sogenannten Meinungsforum in seiner Ehre
verletzt worden und hatte den Forenbetreiber auf Löschung dieser rechtswidrigen
Beiträge verklagt. Der von der Kanzlei Terhaag & Partner, Rechtsanwalt
Wolfgang Mews als Sachbearbeiter, Düsseldorf, vertretene Kläger hatte den
Rechtsstreit zunächst vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf (www.aufrecht.de/index.php?id=4727) bezüglich des Teils
verloren, bei dem der Verfasser des Beitrages bekannt gewesen war. Die
Düsseldorfer Richter waren der Ansicht, dass der Betreiber eines Forums
jedenfalls dann nicht haftet, wenn der Verfasser des Beitrages selbst bekannt
ist. In diesem Fall, so das OLG Düsseldorf, müsse stets der Verfasser selbst
verklagt werden, wohin gegen der Forenbetreiber nicht mithaftet.
Der
Bundesgerichtshof hat die Entscheidung des OLG Düsseldorf in einer
Grundsatzentscheidung aufgehoben (www.aufrecht.de/index.php?id=5245). Der Revision des Klägers,
der in dem Forum beleidigt worden war, wurde stattgegeben. Die Revision des
Forenbetreibers wurde hingegen zurückgewiesen. Die Karlsruher Richter
entschieden, dass der Forenbetreiber für die in sein Forum eingestellten
Beiträge ab dem Zeitpunkt mithaftet, zu dem er Kenntnis von dem rechtswidrigen
Beitrag erlangt hat. Die Karlsruher Richter machten dabei deutlich, dass es
keine Rolle spielt, ob die Identität des jeweiligen Verfassers bekannt ist oder
es sich um einen anonymen Verfasser handelt. Nach den Regelungen des
Telemediengesetzes kann der Verletzte vielmehr wahlweise den Verfasser oder den
Forenbetreiber in Haftung nehmen.
Die Karlsruher Richter befassten sich
zudem mit der grundsätzlichen Frage, ob sogenannte Meinungsforen, in denen ein
reger Meinungsaustausch über bestimmte Themen stattfindet, im Sinne der
grundgesetzlich garantierten Pressefreiheit gegenüber anderen Foren privilegiert
sind. Eine Privilegierung von Meinungsforen lehnten die Karlsruher Richter ab
und entschieden, dass auch Meinungsforen stets für rechtsverletzende Einträge ab
dem Zeitpunkt mithaften, zu welchen diese Kenntnis über den rechtswidrigen
Beitrag erlangt haben.
Da der Sachverhalt noch in einzelnen Punkten
aufklärungsbedürftig war, verwies der BGH den Rechtsstreit an das OLG Düsseldorf
zurück- Mit dieser wichtigen Grundsatzentscheidung hat der Bundesgerichtshof
eine praxisnahe Entscheidung getroffen. Durch das Urteil ist gewährleistet, dass
ein wirksamer Rechtsschutz gegen rechtsverletzende Beiträge in Foren
gewährleistet ist. Wer in Internetforen beleidigt oder verunglimpft wird, ist
daher nach der BGH-Entscheidung nicht darauf angewiesen, einen möglicherweise
juristisch nicht greifbaren einzelnen Verfasser auf Löschung in Anspruch zu
nehmen, sondern kann sich an den jeweiligen Forenbetreiber selbst wenden. Das
gleiche gilt selbstverständlich auch bei Urheberrechts- oder Markenverletzungen.
So machten die Karlsruher Richter in der mündlichen Verhandlung auch
deutlich, dass auch für Forenbetreiber der Rechtsgrundsatz gilt, dass diese zu
einem Tätigwerden verpflichtet sind, sobald sie Kenntnis von einem
rechtswidrigen Beitrag erlangt haben. Die Entscheidung des BGH ist bei (www.aufrecht.de/5245.html) abrufbar. Rechtsanwalt Wolfgang
Mews betreute den obsiegenden Kläger in allen drei Instanzen und nahm auch an
der Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof mit teil. Weitere Informationen gibt
es unter www.aufrecht.de/5240.html
Quelle: Pressemitteilung Terhaag & Partner