Eisig und rutschig: Gerichtsurteile zum Thema Schnee, Glätte und Eiszapfen
Archivmeldung vom 19.02.2020
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Freigeschaltet durch André OttImmobilieneigentümern ist zu raten, sich vor Beginn der kalten Jahreszeit für das zu wappnen, was auf sie zukommt. Denn die Verkehrssicherungspflicht sieht unter anderem vor, dass man den Bürgersteig und Zugänge zum Haus, die von Fremden benutzt werden, von Schnee und Eis befreit.
Auch vom Dach kann Gefahr ausgehen, wenn ein Lawinenabgang droht oder Eiszapfen herabstürzen könnten. Der Infodienst Recht und Steuern der LBS hat einige Urteile deutscher Gerichte zusammengestellt, die sich mit dieser rechtlichen Materie befassen.
Vom Dach hängende größere Eiszapfen können Passanten verletzen oder auch erheblichen Sachschaden verursachen, wenn sie in den Bereich des Fußgängerweges ragen. Die städtischen Straßenordnungen schreiben häufig vor, dass solche Zapfen entfernt oder zumindest die darunter liegenden Bereiche abgesperrt werden müssen. Das Wuppertaler Amtsgericht (Aktenzeichen 8 S 56/11) sprach einen PKW-Halter, dessen geparktes Fahrzeug von herabgefallenen Eiszapfen beschädigt worden war, rund 2.200 Euro Schadenersatz zu, weil keine dieser Vorsichtsmaßnahmen getroffen worden war.
Wer ein Schild mit der Aufschrift "Bei Schnee und Eis wird nicht geräumt und nicht gestreut" aufstellt, der befreit sich damit nicht automatisch vor jeder Haftung. Wenn nämlich an diesem Ort, konkret: einem gebührenpflichtigen Kundenparkplatz, grundsätzlich eine Räumpflicht besteht, dann muss diese auch vom Grundstückseigentümer erfüllt werden. Das Oberlandesgericht Karlsruhe (Aktenzeichen 7 U 94/03) sprach einem gestürzten Mann 3.500 Euro Schadenersatz zu.
Ein Wohnungseigentümer und sein Mieter stritten darum, wer für einen Wasserschaden verantwortlich sei. Der Mieter hatte das Objekt zurückgegeben und weder den vereisten Balkonabfluss abgetaut noch den darüber liegenden Schnee entfernt. In der Folge drang Wasser in die Wohnung ein, die Reparaturkosten betrugen knapp 3.000 Euro. Den Betrag sollte der Mieter bezahlen. Das Landgericht Berlin (Aktenzeichen 63 S 213/15) wies die Klage ab. "Eine allgemeine Verpflichtung zur Schneeberäumung und zum Auftauen des Abflusses gibt es nicht", stellen die Juristen im Urteil fest.
Beim Vorliegen besonderer Gefahren muss ein Eigentümer notfalls sogar Fachkräfte einsetzen, die sein Dach von den Schneemassen befreien. Das kann teuer werden, ist aber manchmal nicht zu vermeiden. Im Normalfall sei das jedoch nicht nötig, entschied das Oberlandesgericht Oldenburg (Aktenzeichen 4 U 35/12). Ein Fahrzeugbesitzer hatte geklagt, weil Eisbrocken herabgestürzt waren. Die Richter sahen hier jedoch eine übliche Situation, wie sie bei Tauwetter entstehen könne.
In einer neu errichteten oberbayerischen Wohnanlage beschwerten sich die Käufer beim Bauträger darüber, dass nicht genügend Schneefanggitter auf dem Dach angebracht worden seien. Lediglich über den Eingängen und dem Bürgersteig sei das geschehen, nicht jedoch über Terrassen, Spielplätzen und Fahrradabstellplätzen. Das müsse jedoch in schneereichen Gegenden sein, befand das Oberlandesgericht München (Aktenzeichen 28 U 2388/16) und verurteilte den Bauträger zur geforderten Nachrüstung.
Was in schneereichen Gebieten wie Oberbayern gilt, kann im Rest der Republik unnötig sein. Es ist stets eine genaue Betrachtung der örtlichen Gegebenheiten und der klimatischen Verhältnisse erforderlich, betonte das Thüringische Oberlandesgericht (Aktenzeichen 4 U 865/05) in einem Urteil. Nur unter besonderen Umständen sei das Anbringen von Schneefanggittern auf den Hausdächern erforderlich. Entschieden werde das über die jeweilige Ortssatzung.
Die Räumpflicht ist verständlicherweise bei Grundstückseigentümern gefürchtet, denn sie bringt in harten Wintern sehr viel Arbeit mit sich. Deswegen wehrte sich ein Anwohner gegen eine städtische Satzung, die ihm einseitig die Räumpflicht auferlegte, obwohl es in der Straße nur einen Bürgersteig gab (auf seiner Seite). Die gegenüber wohnenden Grundstückseigentümer wurden nicht herangezogen, was der Kläger für ungerecht hielt. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (Aktenzeichen 5 S 2590/13) sah dadurch die nachbarschaftlichen Gleichheitsrechte nicht verletzt. Eine solche Aufteilung falle in den Ermessensspielraum der Gemeinde.
Ein Vermieter hatte die Streupflicht auf seine Mieter mit einem sogenannten "Schneekartensystem" abgewälzt. Das heißt, entsprechende Hinweiskarten, wer gerade mit dem Räumen dran sei, wurden von Mieter zu Mieter weitergereicht. Nach einem Glätteunfall wurde darum gestritten, ob nicht letztlich doch der Eigentümer verantwortlich sei - weil das System nicht funktioniert bzw. er nicht ausreichend kontrolliert habe. Das Oberlandesgericht Köln (Aktenzeichen 19 U 141/11) sah jedoch keinen Anscheinsbeweis für ein Verschulden des Vermieters.
Quelle: Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen (LBS) (ots)