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Kritische Richter und Staatsanwälte: Ein Hürdenlauf gegen die Wand - Zivilrechtliche Haftung bei Schäden durch Covid-19-Impfungen

Freigeschaltet am 04.03.2025 um 08:54 durch Sanjo Babić
Bild: Screenshot Internetseite: "https://netzwerkkrista.de/2025/02/28/ein-huerdenlauf-gegen-die-wand/" / Eigenes Werk
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Selbst bei den größten Impfbefürwortern hat sich mittlerweile herumgesprochen, dass die sogenannten Impfungen1 gegen Covid 19 nicht „nebenwirkungsfrei“2 waren und sind. Inzwischen ist vielmehr der Kampf um die Deutungshoheit ausgebrochen, in welchem Maße die Impfkampagne zu gesundheitlichen Schäden geführt hat. Dies schreibt Roland Stöbe vom Netzwerk Kritische Richter und Staatsanwälte (KRiStA).

Stöbe weiter: "Den von Impfschäden Betroffenen hilft diese Diskussion jedoch nicht weiter. Neben der Schwierigkeit, eine angemessene Behandlung zu bekommen, und einer vielfach anzutreffenden gesellschaftlichen und politischen „Schweigewand“ bei diesem Thema, kämpfen Impfgeschädigte teilweise auch an der „juristischen Front“. Vielfach mit ernüchternden Ergebnissen. Dieser Beitrag soll einen kurzen und kritischen Überblick geben über den aktuellen Stand der Rechtsprechung zur zivilrechtlichen Haftung bei Impfschäden.

Haftung der Impfstoffhersteller

Eine mögliche Haftung der Impfstoffhersteller ergibt sich aus § 84 AMG. Auch wenn diese Norm als Gefährdungshaftung ausgestaltet ist mit einer Vermutungswirkung hinsichtlich der Kausalität zwischen der Anwendung des Arzneimittels und dem eingetretenen Schaden, hat diese vielerlei Hürden, die für Menschen, die gegen Covid 19 geimpft wurden und dabei Gesundheitsschäden erlitten, bislang (soweit ersichtlich) unüberwindbar waren.

§ 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG und die „Tatbestandswirkung“ der Zulassungsentscheidungen

1. Gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG besteht eine Ersatzpflicht nur, wenn das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen. Dies ist über eine sogenannte Nutzen-Risiko-Abwägung zu ermitteln. 3 Die Nutzen-Risiko-Abwägung hat abstrakt-generellen Charakter und findet unter Berücksichtigung sämtlicher schädlichen Wirkungen für die vollständige, durch die Indikationsangabe des pharmazeutischen Unternehmens anvisierte Patientengruppe statt. Sie wird hingegen nicht bezogen auf den individuell Geschädigten oder Untergruppen innerhalb der durch die Indikation angesprochenen Patientengruppe vorgenommen. 4 

Maßgeblich ist nicht die Nutzen-Risiko-Abwägung zum Zeitpunkt der Impfung, sondern die zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Es ist zu prüfen, ob der Impfstoff hätte zugelassen werden dürfen, wenn die nunmehr vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse damals schon vorgelegen hätten. 5 Nach § 4 Abs. 28 AMG umfasst das Nutzen-Risiko-Verhältnis „eine Bewertung der positiven therapeutischen Wirkungen des Arzneimittels im Verhältnis zu dem Risiko nach Absatz 27 Buchstabe a“, welches sich definiertals „jedes Risiko im Zusammenhang mit der Qualität, Sicherheit oder Wirksamkeit des Arzneimittels für die Gesundheit der Patienten oder die öffentliche Gesundheit“. Dabei gilt: Je besser der therapeutische Nutzen und je schwerwiegender die Erkrankung, desto eher können auch gravierende schädliche Wirkungen akzeptiert werden. Risiken für den Einzelnen lassen sich also nicht gänzlich ausschließen und werden hingenommen, wenn der Nutzen bezogen auf die Gesamtheit der potentiellen Anwender in der Verhältnismäßigkeitsabwägung höher ausfällt. 6

Eine solche eigenständige Nutzen-Risiko-Abwägung haben die Obergerichte jedoch bislang nicht vorgenommen. Vielmehr gehen diese aufgrund der ursprünglich bedingten, später unbedingten Zulassung der Impfstoffe davon aus, dass die entsprechenden Durchführungsbeschlüsse der Europäischen Kommission eine sogenannte „Tatbestandswirkung“ hätten. Es gelte nämlich die Vermutung der Rechtmäßigkeit von Gemeinschaftsakten. Mit der Feststellung der rechtswirksamen Zulassung werde inzident das Vorliegen eines positiven Nutzen-Risiko-Verhältnisses festgestellt, da ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis Tatbestandsvoraussetzung der Zulassung eines Arzneimittels sei, gleichgültig, ob auf nationaler oder europäischer Ebene, und zwar sowohl für die bedingte (außerordentliche) Zulassung als auch für die ordentliche, fünf Jahre gültige Zulassung. 7 

Der Annahme einer solchen Tatbestandswirkung stehe auch nicht entgegen, dass die behördliche Zulassungsentscheidung nicht vor den nationalen Zivilgerichten angegriffen werden könne. Dies verstoße nicht gegen die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG. 8 Die Bindungswirkung der Zulassungsentscheidung könne nämlich infrage gestellt werden, wenn substantiiert dargelegt werde, welche der damals bereits bekannten Umstände bei der Zulassungsentscheidung nicht berücksichtigt worden sein sollen, bei deren Berücksichtigung eine andere Zulassungsentscheidung gerechtfertigt gewesen wäre, oder aber, wenn dargelegt werde, dass nach der Zulassung Nebenwirkungen des Impfstoffs bekannt geworden sind, deren Kenntnis im Zeitpunkt der Zulassung einer Zulassung entgegengestanden hätten. Gleiches gelte, wenn im Einzelnen begründet werde, dass ein Ermessensfehler bei der Nutzen-Risiko-Abwägung vorliege, d. h. das Ermessen nicht ausgeübt oder überschritten wurde oder das Ermessen wider die gesetzlichen Bestimmungen erfolgte. 9

2. Diese Auffassung erscheint bedenklich und zirkelschlüssig.

Denkt man dies konsequent fort, kommt eine Haftung nach § 84 Abs. 1 AMG bei zulassungspflichtigen Arzneien de facto so gut wie nicht mehr in Betracht. Denn die Zulassungsentscheidung begründet das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis und somit zugleich den Haftungsausschluss nach § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG.

Es hilft auch nicht, darauf zu verweisen, dass das Unterlassen der Einstellung bereits bei der Zulassungsentscheidung bekannter Nebenwirkungen in die Bewertung oder das Auftreten neuer Nebenwirkungen nach der Zulassungsentscheidung noch vorgetragen werden können, wenn doch der Hauptkritikpunkt an der Zulassungsentscheidung das Zulassungsprozedere selbst 10 und die nicht ausreichende Durchführung der gebotenen klinischen Tests ist 11. Der Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz 12 erscheint erheblich eingeschränkt.

Im Übrigen wird auch der Charakter der sog. „Tatbestandswirkung“ verkannt. Von einer „Tatbestandswirkung“ spricht man, wenn das materielle oder das Prozessrecht Rechtswirkungen an die Existenz einer rechtskräftigen oder einer vorläufig vollstreckbaren Entscheidung knüpft. 13 Soweit das OLG Koblenz hinsichtlich der „Tatbestandswirkung“ auf die Entscheidung des 1. Wehrdienstsenats des BVerwG zur Rechtmäßigkeit der Einführung einer Duldungspflicht für Covid-19-Impfungen bei Soldaten 14 verweist, in welcher ebenfalls eine solche Tatbestandswirkung angenommen wurde, hinkt dieser Vergleich. Das BVerwG führte nämlich aus, dass das Weisungs- und Befehlsrecht des § 10 Abs. 4 SG und die Duldungspflicht des § 17a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SG davon abhängen, dass der Impfstoff arzneimittelrechtlich zugelassen ist i. S. d. § 21 Abs. 1 AMG. Die Zulassung des Impfstoffs war demnach (ungeschriebene) Tatbestandsvoraussetzung nach § 10 Abs. 4 SG.  Das ist bei § 84 Abs. 1 AMG jedoch nicht der Fall.

3. Beispielhaft werden einige Einwendungen gegen das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis dargestellt, die erfolglos blieben.

Dass die Impfstoffe nicht vor einer Übertragung schützen, sei unerheblich. Denn die Impfstoffe seien einzig entwickelt worden, um vor einer schweren Erkrankung an Covid 19 zu schützen. Ein Schutz vor Übertragung sei von den Herstellern nie behauptet worden. 15 Das ist in Bezug auf die Hersteller zwar richtig. Es ist aber dennoch perfide, wurde der Öffentlichkeit doch das genaue Gegenteil vorgegaukelt. Gerade der sog. Transmissionsschutz war Grund für die mannigfaltigen 2G- und 3G-Regelungen. Auch die sog. einrichtungsbezogene Impfpflicht für Mitarbeiter des Gesundheitswesens wurde mit dieser Schutzfunktion begründet und vom BVerfG mit genau dieser Begründung gebilligt. 16

Mit einem Vortrag zur Toxizität der Lipidnanopartikel ALC-0315 und ALC-0159, zu DNA-Verunreinigungen und zum Bestehen von zwei Herstellungsprozessen, wobei beim zweiten krebserregende SV40-Gensequenzen verwendet würden, wollte man sich nicht auseinandersetzen. Dass bei der Herstellung von Cominarty Plasmid-DNA-Restmengen verblieben, sei den Zulassungsbehörden bekannt gewesen und als gesundheitlich unbedenklich eingestuft worden. 17

Die multinationale Kohortenstudie des Global Vaccine Data Network (GVDN) vom 30.01.2024 18 habe lediglich das bekannte Risikosignal für Myokarditis bestätigt. 19 Dies ändere an der Nutzen-Risiko-Einschätzung nichts.

Unabhängig davon, dass die Veröffentlichung der Verdachtsmeldungen und Nebenwirkungen nach Anwendung von Covid-19-Impfstoffen bis einschließlich 31.12.2023 durch das Paul Ehrlich Institut am 28.11.2024 keineswegs „klammheimlich“ 20 erfolgt sei, könnten Verdachtsmeldungen nicht mit Nebenwirkungen gleichgesetzt werden. 21

Die RKI-Leaks seien ebenfalls nicht geeignet, die Annahme eines positiven Nutzen-Risiko-Verhältnisses zu erschüttern. Selbst wenn eine Einflussnahme des Bundesgesundheitsministeriums auf die Außenkommunikation des RKI vorgelegen haben sollte, ergebe sich aus den Protokollen nicht, dass von politischer Seite auch auf die  Auswertung der wissenschaftlichen Studien Einfluss genommen worden wäre 22.

Alternativargumentation: sachverständige Einschätzungen des positiven Nutzen-Risiko-Verhältnisses durch CHMP, PRAC und PEI

1. Selbst wenn man der Argumentation über die „Tatbestandswirkung“ der Zulassungsentscheidungen nicht folgen wollte, gehen die Gerichte alternativ in eigener Einschätzung von einem positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis aus. Diese eigene Einschätzung haben sie aber wiederum nicht selbst ermittelt. Sie entnehmen sie den Einschätzungen zur Arzneimittelsicherheit des CHMP (Committee for Medicinal Products für Human Use), des PRAC (Pharmacovigilance Assessment Committee), beide angesiedelt bei der EMA, und beim PEI (Paul Ehrlich Institut). Insbesondere das PRAC setze sich aus Vertretern aller Mitgliedsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) zusammen. Es wäre lebensfremd anzunehmen, ein einzelner Sachverständiger könnte über weitere Quellen, eine größere Datengrundlage und umfangreicheres Wissen verfügen als die aus jeweils mindestens 27 Personen bestehenden Expertengremien. 23

2. Diese Auffassung kann ebenfalls nicht ohne Kritik bleiben.

Es ist unbestritten, dass in den benannten Expertengremien eine beachtliche Sachkunde versammelt ist. Das ändert aber nichts daran, dass diese Gremien der zu überprüfenden Verwaltung zugeordnet sind. Im Übrigen entbindet dies nicht vor einer Beweisaufnahme, sollte der Sachverständigenbeweis angetreten worden sein. Alles andere wäre eine unzulässige Beweisantizipation. 24 Sollte das Ergebnis des Sachverständigenbeweises der Bewertung der Gremienexperten widersprechen, wäre dieses 27:1-Ergebnis im Rahmen des § 286 ZPO zu würdigen. Dem Beweisantritt kann aber nicht von vornherein die Eignung abgesprochen werden.

3. Von welchen ideologischen Denkweisen und Voreingenommenheiten die Entscheidungen geprägt sind, zeigt eindrucksvoll eine Entscheidung des OLG Celle. Neben der Ableitung des positiven Nutzen-Risiko-Verhältnisses aus den fachlichen Stellungnahmen des CHMP, PRAC und des PEI greift dieses auch noch in die prozessuale Trickkiste und fühlt sich ungeachtet der mittlerweile allgemein bekannten Widerlegungen 25 mangels Tatbestandsberichtigungsantrag an die tatbestandlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts gebunden. Danach seien bereits wenige Wochen und Monate nach dem weltweiten Ausbruch des Corona-Virus weltweit bereits Millionen von Toten zu zählen gewesen. Die Gesamtzahl der schweren Verläufe sei von Tag zu Tag gestiegen. Die Kapazität der verfügbaren Intensivbetten sei erschöpft gewesen, genauso wie das verfügbare Ärzte- und Pflegepersonal. Deshalb sei der Lockdown notwendig gewesen und die baldige Entwicklung und Verabreichung eines Impfstoffs. 26 Dies kann mit einer gebotenen Ernsthaftigkeit heute kaum mehr behauptet werden.

§ 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AMG, Kennzeichnungspflicht

Alternativ kommt eine Haftung dann in Betracht, wenn der Schaden infolge einer nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation eingetreten ist. Umgekehrt formuliert: Handelt es sich bei dem Impfschaden um einen solchen, der in den Kennzeichnungen erwähnt ist, scheidet eine Haftung aus. Dabei muss berücksichtigt werden, dass nicht jede entfernte Möglichkeit eventueller Nebenwirkungen in die Produktinformationen aufgenommen werden muss. Aufzunehmen ist ein Verdacht erst, wenn dieser auf validen wissenschaftlichen  Daten beruht. 27 Maßgeblich ist, was zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens, spätestens jedoch zum Zeitpunkt der Impfung nach dem Stand der Wissenschaft  erkennbar war. 28

Die Haftung besteht nach § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AMG nur, wenn der Schaden infolge einer fehlerhaften Instruktion eingetreten ist. Es genügt also nicht, dass der Schaden durch das Arzneimittel verursacht wurde und die Arzneimittelinformation fehlerhaft war. Vielmehr muss der Schaden gerade auf die fehlerhafte Arzneimittelinformation zurückgehen (doppelte Kausalität). 29 Bei dieser Fallgruppe ist zu beachten, dass konkret zur Kausalität vorgetragen wird, nämlich dass bei einer entsprechenden Information über die beim Betroffenen eingetretene Nebenwirkung dieser von der Impfung Abstand genommen hätte. 30  Nicht vergessen werden darf vorzutragen, dass der Betroffene die vorhandenen (unzureichenden) Kennzeichnungen zuvor überhaupt gelesen hatte. Denn wer schon die unzureichenden Kennzeichnungen nicht gelesen hat, hätte eine vollständige wahrscheinlich auch nicht gelesen. 31

§ 84 Abs. 2 AMG; Geeignetheit zur Schadensverursachung

1. Selbst wenn man die Hürden des §84 Abs.1 Satz2 Nr.1 und 2 AMG übersprungen haben sollte, steht man vor der nächsten Hürde des §84 Abs.2 AMG. Dessen Satz1 regelt zwar geschmeidig eine Vermutungswirkung für die Kausalität zwischen der Einnahme des Arzneimittels und dem Schaden. Davon darf man sich aber nicht täuschen lassen. Denn die Vermutungswirkung greift nur, wenn das angewendete Arzneimittel nach den Gegebenheiten des Einzelfalls auch „geeignet ist“, den Schaden zu verursachen. Erforderlich ist dabei nicht lediglich eine abstrakte-generelle, sondern eine konkrete Verletzungseignung des Arzneimittels „nach den Gegebenheiten des Einzelfalls“, für welche die klagende Partei darlegungs- und beweisbelastet ist. 32 Um ein weitgehendes Leerlaufen der Vorschrift zu verhindern, dürfen einerseits keine zu hohen Anforderungen an die Darlegungslast des Arzneimittelanwenders gestellt werden. Eine Verletzungseignung kann angenommen werden, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass das Arzneimittel die Rechtsgutverletzung verursacht hat. Es genügt andererseits aber auch nicht, wenn nur eine ungesicherte Hypothese für den ursächlichen Zusammenhang spricht. 33 Der klagende Geschädigte kommt seiner Darlegungslast in erster Linie durch die Vorlage seiner Krankenunterlagen nach. 

Erforderlich ist unter anderem die Vorlage aller Krankenunterlagen, in denen über Parallelerkrankungen, Lebensumstände und sonstige Risikofaktoren berichtet wird. 34 Dabei sind nicht nur die Krankenunterlagen für den Zeitraum nach der Impfung lückenlos vorzulegen, sondern auch Krankenunterlagen für den Zeitraum vor der Impfung. 35 Unklar ist, für welchen Zeitraum vor der Impfung Krankenunterlagen vorgelegt werden müssen, um der Darlegungslast für die Geeignetheit genügen zu können. Erst wenn die Verletzungseignung im Einzelnen dargelegt und nach Bestreiten nachgewiesen ist, tritt zu Gunsten des klagenden Geschädigten eine Vermutung ein, dass die Rechtsgutverletzung auf der Anwendung des Arzneimittels beruht. 36 Die Vermutungswirkung kann der Impfstoffhersteller jedoch wieder angreifen. Sie gilt gemäß §84 Abs.2 Satz3 AMG nicht, wenn ein anderer Umstand nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet ist, den Schaden zu verursachen. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür trägt jedoch das pharmazeutische Unternehmen. Auch hier gilt, dass ein Vollbeweis der Kausalität des anderen Umstands nicht erforderlich ist. Es genügt auch hier der bloßen Nachweis einer konkreten Möglichkeit einer anderweitigen Schadensverursachung. 37

2. Da es Menschen ohne Eintragungen gesundheitlicher Vorbelastungen in den Krankenunterlagen kaum geben dürfte, ist ersichtlich, dass diese Eignungshürde im Falle von Impfschäden kaum zu überspringen ist. Außer in Fällen unstreitiger Impfschäden ist dem Verfasser kein Fall bekannt, in denen Kläger diese Hürde genommen hätten, soweit diese thematisiert wurde.

Auskunftsansprüche nach § 84a AMG

Gemäß §84a Abs. 1 Satz 1 AMG kann ein Geschädigter vom pharmazeutischen Unternehmen Auskunft verlangen, wenn Tatsachen vorliegen, die die Annahme begründen, dass ein Arzneimittel den Schaden verursacht hat, es sei denn, dies ist zur Feststellung, dass ein Schadensersatzanspruch nach § 84 AMG besteht, nicht erforderlich. Hierbei handelt es sich um einen Hilfsanspruch zum Schadensersatzanspruch nach § 84 AMG. 38 Er dient der Gewinnung von Tatsachen und Erkenntnissen, auf deren Grundlage der Betroffene im Schadenersatzprozess den Nachweis des Bestehens seiner Ansprüche führen kann. 39 Auch hier muss die klagende Partei Tatsachen darlegen und gegebenenfalls beweisen, die die Annahme begründen, dass ein konkretes Arzneimittel den Schaden verursacht hat. Die Ursächlichkeit des Arzneimittels für den Schaden des Anwenders muss zumindest plausibel erscheinen. Ein Vollbeweis ist nicht erforderlich. 40 Gegen diesen Auskunftsanspruch kann das pharmazeutische Unternehmen jedoch den Einwand der fehlenden Erforderlichkeit erheben. Erforderlich ist eine Auskunft nicht, wenn sie die beweisrechtliche Situation des die Auskunft Begehrenden in Bezug auf einen Schadensersatzanspruch offensichtlich nicht zu stärken vermag. Der Einwand der Nichterforderlichkeit ist auch nur dann erheblich, wenn er gegen die Ansprüche nach beiden Alternativen des § 84 Abs. 1 Satz 2 AMG durchgreift. 41 Jedenfalls hier kann nicht mit der oben genannten „Tatbestandswirkung“ der Zulassungsentscheidungen argumentiert werden. Denn die Bindungswirkung der Zulassungsentscheidung kann (zumindest theoretisch, s. o.) durch substantiierte Darlegungen der Klägerseite infrage gestellt werden. 42 Die Daumenschrauben hinsichtlich der Anforderungen an einen substantiierten Vortrag zur Kausalität sind jedoch straff gespannt.

Haftung der Ärzte und des sonstigen Impfpersonals

Neben der Haftung der den Impfstoff herstellenden pharmazeutischen Unternehmen kommt auch eine Haftung der impfenden Personen in Betracht.

Als Anspruchsgrundlage kommt in der Regel § 280 Abs. 1 BGB in Betracht. In aller Regel wurde zwischen der impfenden Person, bzw. der Institution, die die impfende Person als Erfüllungsgehilfen i. S. d. § 278 BGB herangezogen hat, und dem Geschädigten ein Behandlungsvertrag i. S. d. § 630a BGB geschlossen. Das gilt auch für gesetzlich Versicherte, die eigentlich nur einen Sachleistungsanspruch gegen die Krankenkasse haben, die somit keine synallagmatische Hauptpflicht trifft 43.

Pflichtverletzung durch unzureichende Einwilligung

1. Die Impfung ist ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit. Die Durchführung dieses Eingriffs bedarf gemäß § 630d BGB der Einwilligung. Eine wirksame Einwilligung setzt wiederum eine ordnungsgemäße Aufklärung i. S. d. § 630e BGB voraus. 44 Die Aufklärung hat gemäß § 630e Abs. 2 BGB mündlich zu erfolgen, wobei ergänzend auf Unterlagen Bezug genommen werden kann, die der Patient in Textform erhält. Grundsätzlich bedarf es aber eines vertrauensvollen Gesprächs zwischen Arzt und Patient. Das schließt die ergänzende Verwendung von Merkblättern nicht aus, in denen die notwendigen Informationen zu dem Eingriff einschließlich seiner Risiken schriftlich festgehalten sind. Ein Rückgriff des Arztes auf Formulare und Merkblätter, die er vom Patienten hat unterzeichnen lassen, kann aber nicht ausreichen und könnte zudem zu Wesen und Sinn der Patientenaufklärung geradezu in Widerspruch geraten. Der Arzt muss sich in dem Aufklärungsgespräch vielmehr davon überzeugen, dass der Patient mündliche wie schriftliche Hinweise und Informationen verstanden hat, und gegebenenfalls auf individuelle Belange des Patienten eingehen und eventuelle Fragen beantworten. 45 Insbesondere die Covid-19-Impfungen, die mit modRNA-basierten Impfarzneien erfolgten, bedurften in Anwendung der Grundsätze der sogenannten „Neulandmethode“ einer vertieften persönlichen Aufklärung angesichts der noch nicht bekannten Risiken und der noch begrenzten empirischen Datenbasis. 46

2. Eine solche eingehende Aufklärung dürfte vor allem bei den „Massenabfertigungen“ in den Impfzentren in den seltensten Fällen erfolgt sein.

Weitere Pflichtverletzungen

Selbstverständlich kommt eine Haftung auch in Betracht, wenn der Impfstoff z. B. fehlerhaft verabreicht wurde. 47 Diese Fälle dürften aber eher selten sein.

Kausalität

Auch bei einer unzureichenden Risikoaufklärung scheidet ein Schadensersatzanspruch aus, wenn nicht feststeht, dass der eingetretene Schaden durch den wegen der unwirksamen Einwilligung rechtswidrigen Eingriff verursacht worden ist. 48 Wie sich z. B. auch bei der Parallelproblematik der sozialen Entschädigung gemäß § 24 SGB XIV (vormals: §§ 60 ff. IfSG) und der dortigen geringen Anerkennungsquoten zeigt, ist dieser Kausalitätsnachweis schwer zu führen. 49

Letzter Ausweg: Amtshaftung

Mittlerweile sind die Oberlandesgerichte umgeschwenkt. Es wird davon ausgegangen, dass eine Haftung der Ärzte und des sonstigen impfenden Personals überhaupt nicht in Betracht kommt, weil diese im Rahmen der Impfungen gegen Covid 19 in Ausübung eines ihnen anvertrauten öffentlichen Amtes gehandelt haben, weshalb gemäß Art. 34 Satz 1 GG grundsätzlich nur den Staat die Verantwortlichkeit trifft. Für Klagen gegen die Ärzte oder das Impfpersonal fehle es an der Passivlegitimation. 50

1. In Ausübung eines ihnen anvertrauten öffentlichen Amtes gemäß Art. 34 Satz 1 GG können nicht nur Beamte, sondern auch Privatpersonen tätig werden. Das kann z. B. erfolgen, wenn die Privaten zur Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Aufgaben im eigenen Namen mit hoheitlichen Kompetenzen ausgestattet und beliehen werden. 51 Der Hoheitsträger kann aber auch ohne Beleihung im Rahmen seiner hoheitlichen Tätigkeit Privatpersonen zur Erfüllung seiner Aufgaben heranziehen als sogenannte Verwaltungshelfer. Dann haftet er nach § 839 BGB, Art. 34 GG, wenn nach der Zielsetzung der übertragenen Aufgabe deren hoheitlicher Charakter im Vordergrund steht. 52 Ob das Handeln einer Privatperson als hoheitliches Handeln einzustufen ist, hängt vom Charakter und dem Grad der Einbindung der handelnden Privatperson in den staatlichen Pflichtenkreis ab. Je enger die Verbindung zwischen der übertragenen Tätigkeit und der von der Behörde zu erfüllenden hoheitlichen Aufgabe und je begrenzter der Entscheidungsspielraum des Unternehmers ist, desto näher liegt es, ihn als Beamten im haftungsrechtlichen Sinne anzusehen. 53

Das OLG Hamm und das OLG Stuttgart gehen davon aus, dass diese Voraussetzungen vorlägen. Die Auffassung wird im Wesentlichen darauf gestützt, dass nach der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite über die Ermächtigungsgrundlage des § 20i Abs. 3 Satz 2 SGB V mit § 1 CoronaImpfV ein Rechtsanspruch auf eine Coronaimpfung geschaffen wurde, zu dessen Erfüllung neben den von den Ländern eingerichteten Impfzentren nachfolgend auch die niedergelassenen Ärzte und der betriebsärztliche Dienst, aber auch Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker einbezogen wurden. 54 Schließlich seien auch die Kosten der Beschaffung der Impfstoffe vom Bund getragen worden. Die Vergütung für die Impfungen sei zwar über die Kassenärztliche Vereinigung abgerechnet, jedoch aus Bundesmitteln refinanziert worden. 55

2. Auch diese Begründung steht auf tönernen Füßen.

Bislang bestand Einigkeit, dass ärztliche Behandlungen regelmäßig nicht in Ausübung eines öffentlichen Amtes erfolgen. Eine Amtshaftung kam bislang nur in Betracht, wenn der Arzt eine dem Hoheitsträger selbst obliegende Aufgabe erledigt und ihm insoweit ein öffentliches Amt anvertraut ist 56, z. B. bei Amtsärzten, Truppenärzten oder dem medizinischen Dienst von Sozialversicherungsträgern 57. Selbst Heilbehandlungen von Ärzten, die in öffentlichen Krankenhäusern durchgeführt werden, wurden bislang nicht als Durchführung hoheitlicher Maßnahmen angesehen. 58

Es ist richtig, dass mit § 1 Abs. 1 Satz 2 CoronaImpfV ein umfassender Impfanspruch geschaffen wurde, der insbesondere alle gesetzlich und privat Krankenversicherten (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 CoronaImpfV) und alle Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 CoronaImpfV) umfasste. Auch die Annahme, dass die Vergütung für die Impfungen trotz Abwicklung über die Kassenärztliche Vereinigung vollständig aus Bundesmitteln refinanziert wurde, ist größtenteils zutreffend, wenn man davon absieht, dass jedenfalls im Zeitraum bis 31.12.2021 die Kosten für die Impfzentren und die mobilen Impfteams zu 3,5 Prozent von den privaten Krankenversicherungsunternehmen (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 13 Abs. 1 Satz 3 CoronaImpfV) und durchgehend zu 50 Prozent von den betreibenden Ländern (§ 7 Abs. 1 CoronaImpfV) zu tragen waren. Auch wenn der Charakter des Sachleistungsanspruchs auf Impfung sich aus § 1 Abs. 1 CoronaImpfV nicht eindeutig ergibt, erschließt sich dieser aus der Verordnungsermächtigung des § 20i Abs. 3 SGB V. Der Verordnungsgeber wurde nämlich gemäß § 20i Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB V ermächtigt, einen Schutzimpfungsanspruch für „Versicherte“ zu begründen. Erst in Nr. 2 wurde der Verordnungsgeber ermächtigt, dass er diesen Anspruch auch auf nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherte erstrecken darf. Daraus folgt aber, dass das Regelungskonzept der gesetzlichen Krankenversicherung auf den Impfanspruch grundsätzlich aufrechterhalten bleiben sollte und lediglich auch auf nicht Versicherte übertragen werden sollte. Vor diesem Hintergrund ergibt auch die bereits in der Verordnungsermächtigung in § 20i Abs. 3 Satz 13 bis 15 SGB V (i. d. F. vom 20.05.2021 und i. d. F. vom 16.09.2022) angelegte Abwicklung über die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Finanzierung über die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds (§ 271 SGB V), umgesetzt in § 6 Abs. 6 (Abwicklung für alle Leistungserbringer außer den Impfzentren und mobilen Impfteams), § 11 Abs. 2 Satz 3 (Zahlungen an die Kassenärztliche Bundesvereinigung) und § 11 Abs. 1 Satz 3 CoronaImpfV (Zahlungen für die Impfzentren und mobilen Impfteams) Sinn. An dem Grundkonzept des § 76 Abs. 4 SGB V eines gegenseitigen Vertrags ohne synallagmatische Hauptleistungspflicht der Patienten 59 mit Sorgfaltspflichten nach den Vorschriften des bürgerlichen Vertragsrechts sollte sich nichts ändern. Ob bei einer solchen Einbettung in das Grundkonzept der gesetzlichen Krankenversicherung allein die (weitgehende) staatliche Kostenerstattung (§ 12 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 CoronaImpfV) die Impfleistungen zu einer hoheitlichen zu verändern vermochte, erscheint mehr als zweifelhaft.

Letztlich reduziert sich die Argumentation der Befürworter einer hoheitlichen Aufgabenerfüllung darauf, dass im Rahmen des nationalen Impfprogramms „alles, was impfen kann“ zur Zielerreichung hat mobilisiert werden sollen. Der Gesetz- und Verordnungsgeber hat aber sicher nicht damit gerechnet, neben den Kosten der Impfärzte, welche mit den Impfungen im Übrigen gut verdienten, auch mit einer Haftung für jegliche Fehlleistungen derselben konfrontiert zu werden.

Dass der Gesetz- und Verordnungsgeber bei der Einräumung eines allgemeinen Impfanspruchs und der Inanspruchnahme auch der niedergelassenen Ärzte nicht daran gedacht hat, dass sich hierdurch die Haftungszuständigkeiten verschieben könnten, ergibt sich auch aus der zum Zeitpunkt der Schaffung des allgemeinen Impfanspruchs bestehenden haftungsprivilegierenden Regelung des § 3 Abs. 4 MedBVSV (außer Kraft getreten zum 31.12.2023). Unabhängig von erheblichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit dieser Norm 60 war deren maßgeblicher Regelungsgehalt, in bestimmten Fällen eine Haftung nicht nur für pharmazeutische Unternehmen und Hersteller, sondern auch für Angehörige von Gesundheitsberufen auszuschließen. Eines solchen Haftungsausschlusses bedarf es aber nur, wenn überhaupt eine Haftung bestehen kann. Das ist bei einer Haftungsverlagerung gemäß Art. 34 GG aber nicht der Fall. § 3 Abs. 4 MedBVSV wurde mit Inkrafttreten des allgemeinen Impfanspruch in § 1 Abs. 1 CoronaImpfV nicht aufgehoben.

3. Jedenfalls mit Auslaufen der CoronaImpfV zum 31.12.2023 wird für Impfschäden, die aufgrund späterer Impfungen eingetreten sind, das „reguläre“ Haftungsregime wieder anwendbar sein.

Zivilrechtliche Haftung des Staates

Folgt man der Auffassung des OLG Hamm und des OLG Stuttgart, dass es sich bei der Impfung um eine hoheitliche Aufgabenerfüllung handelte, ist eine Haftung nicht ausgeschlossen. Sie trifft gemäß Art. 34 Satz 1 GG lediglich den Staat. Anspruchsgrundlage ist dann § 839 BGB.

Es bedarf für eine Haftung nach § 839 BGB einer Amtspflichtverletzung.  Der Amtsträger hat die Pflicht zu gesetzmäßigem Verhalten, d. h. er hat die ihm übertragenen Aufgaben und Befugnisse im Einklang mit dem objektiven Recht wahrzunehmen. 61 Die nach Amtshaftungsgrundsätzen einstandspflichtige Körperschaft haftet für einen Behandlungsfehler, den ein Arzt in Ausübung des ihm anvertrauten öffentlichen Amtes begangen hat, d. h. wenn dieser gegen seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Behandlung des Patienten einschließlich der therapeutischen Aufklärung verstoßen hat und hieraus ein kausaler Schaden erwachsen ist. Sie haftet auch, wenn der Arzt bei im Übrigen ordnungsgemäßer Behandlung den Patienten nicht hinreichend aufgeklärt hat und deshalb der mit der Behandlung verbundene Eingriff in den Körper und/oder die Gesundheit des Patienten nicht gerechtfertigt ist. 62 Insofern wird auf die obigen Darstellungen zur Einwilligung und der dafür erforderlichen ordnungsgemäßen Aufklärung sowie zur Kausalität verwiesen.

Haftung der Arbeitgeber

Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen auch der Arbeitgeber haften kann, wenn der geschädigte Arbeitnehmer im Rahmen einer betrieblichen Impfung geimpft wurde, und ob es sich bei einem solchen Impfschaden um einen Arbeitsunfall handelt, der die Haftungsprivilegierung des § 104 SGB VII auszulösen vermag, ist bislang von der Rechtsprechung noch nicht entschieden. Wegen der Möglichkeit, auch den Arbeitgeber in Anspruch zu nehmen, wird deshalb lediglich auf den ausführlichen Aufsatz von Stöbe/Stach 63 Bezug genommen.

Exkurs: Soziale Entschädigung

Neben einem zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch steht Impfgeschädigten auch ein sozialer Entschädigungsanspruch nach § 24 SGB XIV (vormals §§ 60 ff. IfSG) zu.

1. Die Anerkennung als Impfschaden setzt eine dreigliedrige Kausalkette voraus. 64 Ein schädigender Vorgang in Form einer Schutzimpfung oder einer anderen Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, der die Voraussetzungen des § 24 Satz 1 SGB XIV erfüllt (erstes Glied), muss zu einer gesundheitlichen Schädigung (zweites Glied), also einen Primärschaden in Form einer Impfkomplikation geführt haben, die wiederum den Impfschaden, d. h. die dauerhafte gesundheitliche Schädigung, also den Folgeschaden (drittes Glied), bedingt. 65 Für den ursächlichen Zusammenhang zwischen den drei Gliedern der Kausalkette reicht nach § 4 Abs. 4 SGB XIV der Beweismaßstab der Wahrscheinlichkeit aus. Die Beweisanforderung der Wahrscheinlichkeit gilt sowohl für den Bereich der haftungsbegründenden Kausalität zwischen dem ersten und dem zweiten Glied der Kausalkette als auch für den Bereich der haftungsausfüllenden Kausalität zwischen dem zweiten und dritten Glied. 66 Eine potentielle, versorgungsrechtlich geschützte Ursache begründet dann einen wahrscheinlichen Zusammenhang, wenn ihr nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt. 67

2. Es macht den Eindruck, als ob die Kausalitätsanforderung nach dem Maßstab der Wahrscheinlichkeit nicht ganz so hoch ist wie bei der zivilrechtlichen Haftung. Angesichts der dennoch recht geringen Anerkennungsquote ist die Hürde des Kausalitätsnachweises aber dennoch hoch.

Fazit

Auch bei der Impfschadenshaftung zeigt sich, dass die Justiz von einem Willen zur Aufarbeitung der Coronapandemie noch weit entfernt ist. Eine Bereitschaft, ans „Eingemachte“ zu gehen und die aus der jahrelangen Dauerbeschallung erlernten Narrative einer objektiven Überprüfung am Fall zu unterziehen, ist nicht erkennbar. Die gefundenen Auswege sind vielmehr Ausdruck einer Abwehrhaltung. Derzeit führt der Hürdenlauf durch die juristischen Instanzen zumeist noch direkt gegen die Wand. Für die Betroffenen bedeutet dies, dass sie nicht nur bei ihrer gesundheitlichen Wiederherstellung langen Atem brauchen, sondern auch bei der rechtlichen Wiedergutmachung. Auf diesem Weg kann man ihnen nur die besten Wünsche mitgeben und Gottes Segen.

Endnoten

  • 1
    Die genetischen Covid-19-Impfarzneien auf modRNA- oder Vektorbasis werden entsprechend den Begriffsbestimmungen und -ausnahmen im Anh. Teil IV Nr. 2.1 (Gentherapeutikum) RL 2009/120/EG und § 4 Abs. 4 AMG als „Impfstoffe“ und nicht als „Gentherapeutika“ bezeichnet.
  • 2
    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in der Sendung „Anne Will“ am 13.02.2022.
  • 3
    BGH 19.03.1991 – VI ZR 248/90 –.
  • 4
    OLG Koblenz 18.12.2024 – 5 U 168/24 –; OLG Koblenz 18.09.2024 – 5 U 1139/23 –.
  • 5
    OLG Koblenz 18.12.2024 – 5 U 168/24 –; OLG Dresden 29.10.2024 – 4 U 31/24 –.
  • 6
    OLG Koblenz 18.09.2024 – 5 U 1139/23 –.
  • 7
    OLG Koblenz 18.12.2024 – 5 U 168/24 –; OLG Koblenz 18.09.2024 – 5 U 1139/23 –; OLG Celle 11.10.2024  5 U 323/23 –.
  • 8
    OLG Koblenz 18.09.2024 – 5 U 1139/23 –.
  • 9
    OLG Koblenz 18.12.2024 – 5 U 168/24 –; OLG Koblenz 18.09.2024 – 5 U 1139/23 –; i. E. ebenso: OLG Bamberg 08.04.2024 – 4 U 15/23e –.
  • 10
    Siehe hierzu Röhrig Die Coronaverschwörung Teil III.
  • 11
    Dies zumal selbst das umstrittene „Teleskopverfahren“ als vertretbar „durchgewinkt“ wurde, vgl. OLG Koblenz 18.09.2024 – 5 U 1139/23 –.
  • 12
    BVerfG 20.06.1995 – 1 BvR 166/93 –.
  • 13
    MüKoZPO/Gottwald 7. Aufl. § 322 Rn. 20.
  • 14
    BVerwG 07.07.2022 – 1 WB 2/22 –.
  • 15
    OLG Koblenz 18.12.2024 – 5 U 168/24 –.
  • 16
    BVerfG 27.04.2022 – 1 BvR 2649/21 –; zuletzt sogar wiederholend: BVerfG 29.01.2025 – 1 BvL 9/24 –.
  • 17
    OLG Koblenz 18.12.2024 – 5 U 168/24 –.
  • 18
    FOCUS online: Riesen-Studie zeigt die häufigsten Nebenwirkungen der Corona-Impfung.
  • 19
    OLG Koblenz 18.12.2024 – 5 U 168/24 –.
  • 20
    Zu diesem Vorwurf siehe: Rogert & Ulbrich: PEI bestätigt heimlich chargenabhängige Schäden und verstößt gegen Aufsichtspflichten.
  • 21
    OLG Koblenz 18.12.2024 – 5 U 168/24 –.
  • 22
    OLG Koblenz 18.12.2024 – 5 U 168/24 –.
  • 23
    OLG Koblenz 18.12.2024 – 5 U 168/24 –; OLG Koblenz 18.09.2024 – 5 U 1139/23 –; OLG Koblenz 10.07.2024 – 5 U 1375/23 –; OLG Celle 11.10.2024 – 5 U 323/23 –.
  • 24
    BGH 10.04.2018 – VI ZR 378/17 –.
  • 25
    Z. B.: Stellungnahme des Sachverständigen Tom Lausen zur Anhörung vom 08.07.2021 im Unterausschuss Parlamentarisches Begleitgremium COVID-19-Pandemie zur jederzeit ausreichenden Verfügbarkeit von Krankenhausbetten.
  • 26
    OLG Celle 11.10.2024 – 5 U 323/23 –.
  • 27
    OLG Koblenz 18.12.2024 – 5 U 168/24 –.
  • 28
    OLG Koblenz 18.09.2024 – 5 U 1139/23 –; OLG Koblenz 10.07.2024 – 5 U 1375/23 –.
  • 29
    OLG Bamberg 14.08.2023 – 4 U 15/23e –.
  • 30
    OLG Celle 11.10.2024 – 5 U 323/23 –.
  • 31
    OLG Koblenz 18.09.2024 – 5 U 1139/23 –.
  • 32
    BGH 26.03.2013 – VI ZR 109/12 –; OLG Koblenz 18.09.2024 – 5 U 1139/23 –.
  • 33
    OLG Koblenz 18.12.2024 – 5 U 168/24 –.
  • 34
    OLG Koblenz 18.12.2024 – 5 U 168/24 –.
  • 35
    OLG Koblenz 18.12.2024 – 5 U 168/24 –.
  • 36
    OLG Koblenz 18.09.2024 – 5 U 1139/23 –
  • 37
    OLG Koblenz 18.09.2024 – 5 U 1139/23 –.
  • 38
    OLG Dresden 29.10.2024 – 4 U 31/24 –.
  • 39
    BT-Drs. 14/7752 Seite 20.
  • 40
    BGH 12.05.2015 – VI ZR 328/11 –.
  • 41
    BGH 12.05.2015 – VI ZR 328/11 –.
  • 42
    OLG Dresden 29.10.2024 – 4U 31/24 –.
  • 43
    Becker/Kingreen/Lang SGB V 9. Aufl. § 76 Rn. 26.
  • 44
    BGH 05.11.2024 – VI ZR 188/23 –.
  • 45
    BGH 05.11.2024 – VI ZR 188/23 –.
  • 46
    Ausführlich: Stöbe/Stach NJW 2024, 2430; Gebauer/Gierhake NJW 2023, 2231; ebenso: auf der Heiden r+s 2023, 433.
  • 47
    Zu möglichen Fehlern bei der Anwendung: Ärzteblatt: COVID-19-Impfstroffe: Auf korrekte Anwendung achten.
  • 48
    OLG Dresden 05.02.204 – 4 U 1376/23 –.
  • 49
    Stöbe/Stach NJW 2024, 2430.
  • 50
    OLG Stuttgart 25.06.2024 – 1 U 34/23 –; OLG Hamm 19.06.2024 – I-3 U119/23, 3 U 119/23 –.
  • 51
    Grüneberg/Sprau BGB 84. Aufl. § 839 Rn. 20.
  • 52
    Grüneberg/Sprau BGB 84. Aufl. § 839 Rn. 20.
  • 53
    BGH 18.02.2014 – VI ZR 383/12 –.
  • 54
    OLG Stuttgart 25.06.2024 – 1 U 34/23 –; OLG Hamm 19.06.2024 – I-3 U119/23, 3 U 119/23 –; ebenso: Dutta NJW 2022, 649; Plagemann/Baumann COVuR 2021, 514.
  • 55
    OLG Hamm 19.06.2024 – I-3 U119/23, 3 U 119/23 –.
  • 56
    BGH 21.01.2014 – VI ZR 78/13 –.
  • 57
    BGH 21.01.2014 – VI ZR 78/13 –; Grüneberg/Sprau BGB 84. Aufl. § 839 Rn. 20 und 93 bis 96.
  • 58
    Grüneberg/Sprau BGB 84. Aufl. § 839 Rn. 20.
  • 59
    Becker/Kingreen/Lang SGB V 9. Aufl. § 76 Rn. 26.
  • 60
    Auf der Heiden NJW 2022, 3737.
  • 61
    Grüneberg/Sprau BGB 84. Aufl. § 839 Rn. 32.
  • 62
    LG Itzehoe 07.03.2024 – 4 O 44/23 –.
  • 63
    Stöbe/Stach NJW 2024, 2430.
  • 64
    BSG 16.12.2014 – B 9 V 3/13 R –.
  • 65
    Bayerisches LSG 30.04.2024 – L 15 VJ 2/23 –.
  • 66
    Bayerisches LSG 30.04.2024 – L 15 VJ 2/23 –.
  • 67
    Bayerisches LSG 30.04.2024 – L 15 VJ 2/23 –.

Quelle: Netzwerk Kritische Richter und Staatsanwälte (KRiStA)

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