Der Hausflur als Rumpelkammer
Archivmeldung vom 10.01.2013
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittKaum ein Hausflur eines Mehrfamilienhauses, in dem nicht irgendwo ein Kinderwagen steht oder ein Rollator abgestellt ist. Und besonders bei schlechtem Wetter entwickelt sich der Platz vor den einzelnen Wohnungstüren zur ausgelagerten Garderobe mit schmutzigen Schuhbergen und Regenschirm-Ansammlungen. Ist das erlaubt? Die D.A.S. Rechtsschutzversicherung klärt auf.
Das Treppenhaus eines Mehrfamilienhauses zählt zu den Gemeinschaftsflächen. Für Eigentümergemeinschaften ist dies in § 5 Abs. 2 WEG gesetzlich festgelegt. Und Vermieter müssen ihren Mietern den Gebrauch solcher Flächen erlauben (§ 535 BGB). „Bevor dieser Gemeinschaftsraum jedoch als erweiterter Schuhschrank oder Kellerabteil in Anspruch genommen wird, sind einige Einschränkungen zu beachten“, warnt Anne Kronzucker, Juristin der D.A.S. Rechtsschutzversicherung: „Andere Hausbewohner dürfen sich beispielsweise durch Schuhstapel oder Kinderwagen nicht beeinträchtigt fühlen. Darüber hinaus muss der Flur weiterhin gereinigt werden können. Und ganz wichtig: Im Notfall, etwa bei einem Feuer, dient das Treppenhaus als Fluchtweg und muss daher den Brandschutzbestimmungen entsprechen!“
Oft wird die Nutzung des gemeinschaftlichen Treppenhauses oder Hausflurs in der Hausordnung geregelt. Aber: Komplette Verbote in der Hausordnung bezüglich des Abstellens von Gegenständen aller Art im Hausflur haben vor Gericht wenig Chancen – schon deshalb, weil die Gerichte dies je nach Art des abgestellten Gegenstandes unterschiedlich beurteilen.
Kinderwagen, Rollstühle und Rollatoren
Wer auf einen Rollator oder Rollstuhl angewiesen ist, den stellt es vor häufig unüberwindbare Hindernisse, diese Hilfe in die Wohnung oder durch mehrere schwere Kellertüren transportieren zu müssen. Dasselbe gilt für Eltern von Kinderwagen-Kindern: In vielen Mehrfamilienhäusern passt der Buggy oder Kinderwagen gar nicht oder nur in zusammengeklapptem Zustand in den Lift – falls überhaupt einer vorhanden ist. Zwar verfügen inzwischen einige Neubauten über eigene Kellerabteile für Kinderwagen & Co. Doch auch diese sind häufig nur über enge Lifte, Treppenhäuser oder zahlreiche schwere Brandschutztüren zu erreichen. Rechtlich gilt: Fehlen zumutbare Abstellmöglichkeiten für Rollstühle, Kinderwagen oder Rollatoren und sind auch im Mietvertrag keine anderen Vereinbarungen getroffen worden, dürfen diese Gegenstände im Hausflur abgestellt werden. „Voraussetzung dabei ist aber, dass diese Gegenstände die anderen Mitbewohner nicht behindern“, betont die D.A.S. Rechtsexpertin. Genau hier beginnt in einer Hausgemeinschaft des Öfteren der Streit, denn nicht selten sind Treppenhäuser recht schmal. Und ein Buggy, Rollstuhl oder Rollator verengen den begrenzten Platz noch zusätzlich. Ist der Mieter jedoch darauf angewiesen, beispielsweise den Kinderwagen oder einen Rollator im Gemeinschaftsflur abzustellen, kann ihm das nicht verboten werden (LG Berlin, Az. 63 S 487/08, LG Hannover, Az. 20 S 39/05, AG Frankfurt, Az. 33 C361/97-27). Er muss jedoch gewährleisten, dass der Wagen auch verschoben werden kann, etwa um an die Briefkästen zu gelangen. Das Oberlandesgericht Hamm (Az. 15 W 444/00) sieht das vorübergehende Abstellen von Kinderwagen auch in engen Hausfluren als „sozialüblich“ an. Nachts oder, wenn der Wagen länger nicht benötigt wird, müssen ihn die Eltern jedoch in dem eigens dafür vorgesehen Abstellraum oder in der Wohnung parken.
Schuhe als Stolperschwellen?
Der Platz vor der Wohnungstür dient vielen Mietern als vorgelagerter Schuhschrank. Beschränkt sich diese Schuhablage zum Beispiel auf eine Fußmatte, auf der vorübergehend schmutzige Schuhe abgestellt werden, so ist dies laut einem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm rechtens (Az. 15 W 168 - 169/88). Das Gericht ging bei seinem Urteil davon aus, dass besonders bei schlechten Wetterverhältnissen das Abstellen schmutziger Schuhe „weit verbreitet“ sei. Eine Gefahrenquelle sah das Gericht in der Schuhablage nicht, denn jeder, der die Wohnung betreten will, würde die Schuhe im Eingangsbereich auch bemerken. Dazu muss angemerkt werden, dass andere Gerichte durchaus auch anders entscheiden können, auch die Ortsüblichkeit spielt bei derartigen Fragen immer eine Rolle.
Anders sieht die Rechtslage bei einem Schuhschrank oder gar einer fest installierten Garderobe oder Schuhablage aus: Möbel eines Mieters gehören grundsätzlich in dessen Wohnung – und nicht ins gemeinsame Treppenhaus. „Für Wohnungseigentümer gilt: Bei einer fest ein-gebauten Garderobe handelt es sich um eine bauliche Veränderung gemäß § 22 Abs. 1 WEG“, ergänzt die D.A.S. Juristin und beruft sich dabei auf ein Urteil des Oberlandesgerichts München (Az. 34 Wx 160/05). Eine bauliche Veränderung bedarf jedoch der Zustimmung der Eigentümergemeinschaft, denn eine angeschraubte oder gedübelte Garderobe entspricht nicht den üblichen Nutzungsbestimmungen eines gemeinschaftlichen Treppenhauses.
Wie immer, wenn es um die Nachbarschaft geht, empfiehlt sich daher: Bei Problemen das Gespräch mit seinen Nachbarn suchen. Mit ein wenig Rücksichtnahme und Verständnis für die Bedürfnisse des anderen lässt sich meist eine Lösung finden!
Quelle: D.A.S. Rechtsschutzversicherung