BGH-Rechtsprechung kostet Staat 500 Millionen jährlich
Archivmeldung vom 01.10.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittLeinemann Partner Rechtsanwälte haben mit zwei Grundsatzentscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 22. Juli 2010 (Az. VII ZR 129/09 und Az. VII ZR 213/08) einen Durchbruch in der Rechtsprechung zur verzögerten Vergabe erzielt. Verschiebt sich bei öffentlich ausgeschriebenen Bauaufträgen der Zuschlag auf das eingereichte Angebot sowie der Baubeginn, haftet der Auftraggeber dem Bieter für daraus entstehende Mehrkosten. Selbst bei frühzeitiger Mitteilung eines neuen Baubeginns im Zeitpunkt des Vertragsschlusses haftet die Öffentliche Hand.
Verzögerungen entstehen häufig durch überlange Prüfvorgänge in den zuständigen Ministerien, etwa wegen Urlaub oder Krankheit. Daneben können Nachprüfungsanträge von Konkurrenten das Vergabeverfahren ebenfalls verzögern. Mehrkosten entstehen oft aufgrund schwankender Marktpreise für Stahl und Beton sowie Subunternehmerleistungen. Lange Zeit war streitig, ob der Staat oder die Baufirmen diese Kosten tragen müssen. Die aus der neuen Rechtsprechung resultierenden Kosten für die öffentliche Hand schätzt Rechtsanwalt Ralf Leinemann, dessen Kanzlei die Unternehmen vertreten hat, auf mindestens 500 Millionen Euro jährlich. Beim Großprojekt Stuttgart 21 wird dieser Aspekt bislang völlig übersehen. Infolge der teuren Baulose könnten dort Verzögerungskosten in zweistelliger Millionenhöhe auflaufen. "Bei weiteren in der Vergabephase verzögerten Großprojekten, wie dem Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven oder dem neuen Schiffshebewerk in Niederfinow steht damit ebenfalls fest, dass die daraus entstandenen Kosten vom Auftraggeber zu tragen sind", so Leinemann, dessen Kanzlei auch an diesen Verfahren beteiligt ist.
Quelle: Leinemann Partner Rechtsanwälte