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Zutrittsverweigerung trotz Maskenbefreiung: Rechtsgutachten

Archivmeldung vom 14.07.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.07.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Das Tragen von "Altagsmasken" über 25 Minuten am Stück ist gesundheitsschädlich und kann zu Atemwegserkrankungen führen (Symbolbild)
Das Tragen von "Altagsmasken" über 25 Minuten am Stück ist gesundheitsschädlich und kann zu Atemwegserkrankungen führen (Symbolbild)

Bild: Eigenes Werk /OTT

Die Verweigerung des Zutritts in ein Ladengeschäft trotz vorliegender ärztlicher Maskenbefreiung kann in Einzelfällen aus Sicht des Heidelberger Rechtsanwalts Dr. Uwe Lipinski aus einer ganzen Reihe von Gründen rechtswidrig sein. Darüber berichtet der Medizinjournalist Hans U. P. Tolzin auf "Impfkritik.de".

Weiter berichtet Tolzin: "Dies legt Dr. Lipinski in einem neuen Gutachten dar, dass er nun im Auftrag des AGBUG-Klagefonds erstellt hat. Bitte beachten Sie, dass kein Einzelfall wie der andere ist und dass weder Dr. Lipinski noch ich eine Haftung für den Inhalt des Gutachtens übernehmen können.

Rechtliche Stellungnahme

A) Beispielhafter Sachverhalt

Eine Person (nachfolgend „P“ genannt) kann aus medizinisch Gründen, die mittels fach- ärztlichen Attests nachgewiesen sind, keine sog. Mund-Nasen-Bedeckung tragen. Dennoch erhält die Person keinen Zugang zu einem Ladengeschäft. Der private Inhaber beruft sich auf sein ihm zustehendes privates Hausrecht und will nach eigenen Angaben andere Kunden, sich selbst und/ oder seine Mitarbeiter vor dem „hohen Infektionsrisiko“ schützen.

Welche Ansprüche hat P?

B) Etwaige Ansprüche auf Schadensersatz und/ oder Schmerzensgeld sowie auf Unterlassung der Benachteiligung der P I. Ansprüche auf Schadensersatz, Unterlassung sowie auf Schmerzensgeld vor den Zivilgerichten

1. Die örtliche Zuständigkeit Meist wird es sich beim Gegner um eine juristische Person handeln. Diese hat nach § 17 ZPO ihren Gerichtsstand an dem Ort ihres Firmensitzes.

2. Sachliche Zuständigkeit Die sachliche Zuständigkeit hängt vom Streitwert ab. Folglich sind entweder das Amtsgericht oder das Landgericht zuständig, je nachdem, welcher Streitwert im Einzelfall angemessen erscheint. Bei einem Streitwert bis zu 5000€ ist das Amtsgericht, bei Werten über 5000,00€. Dies folgt aus den §§ 23 Nr. 1, 71 I GVG.

3. Rechtliche Würdigung des Sachverhalts

3.1. Ein Anspruch aufgrund einer Diskriminierung könnte sich vorliegend aus § 21 AGG ergeben. Ein solcher Anspruch ist dann gegeben, wenn der Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungesetzes (AGG) eröffnet ist. Dieser ergibt sich aus § 2 i. V. m. § 1 AGG. Im hier vorliegenden Fall käme § 2 I Nr. 8 AGG in Betracht. Die Vorschrift lautet: „(1) Benachteiligungen aus einem in § 1 genannten Grund sind nach Maßgabe dieses Gesetzes unzulässig in Bezug auf: … den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich von Wohnraum.“

Als Anspruchsgrundlage kommen zunächst § 21 I 1 und 2 AGG in Betracht. § 21 I 1, gewährt einen Anspruch auf Beseitigung einer Diskriminierung und Satz 2 der Vorschrift einen Anspruch auf Unterlassung, falls weitere Beeinträchtigungen zu besorgen sind. Hierzu führt die Fachliteratur aus: „Der verschuldensunabhängige Beseitigungsanspruch aus Abs I ist darauf gerichtet, dass der durch die Beeinträchtigung geschaffene rechtswidrige Zustand behoben wird. Dabei sind die zu § 1004 BGB entwickelten Regeln heranziehbar (Hey/Forst/Kremer Rn 15; Schmidt-Räntsch NZM 2007, 6, 14). Zunächst ist zu ermitteln, worin die durch einen Verstoß gegen ein zivilrechtl Benachteiligungsverbot hervorgerufene Beeinträchtigung liegt. Sie besteht in der ungünstigeren Behandlung, die der Betroffene wegen eines geschützten Merkmals erfahren hat. Dabei lassen sich die Behandlung (zB höherer Preis, Ablehnung des Vertragsangebots) und der dafür maßgebliche Grund nicht voneinander trennen, da gerade erst und nur in der Verknüpfung jener Behandlung mit dem Grund der Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot liegt. Der nach §§ 19, 20 rechtswidrige Zustand liegt also nicht in der Behandlung (Kündigung etc.) als solcher, sondern darin, dass sie wegen des geschützten Merkmals (Behinderung etc.) erfolgt. Dies hat folgende Konsequenz für den Inhalt des Beseitigungsanspruchs: Liegt der rechtswidrige Zustand in der Benachteiligung wegen eines geschützten Merkmals, so muss jene rückgängig gemacht werden.

Damit zielt der Beseitigungsanspruch darauf ab, dass die in der Benachteiligung liegende persönliche Herabwürdigung, der Angriff auf die Persönlichkeit behoben wird (zum Entschädigungsanspruch s Rn 12ff).“ Armbrüster in: Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 21 Rn. 2 - juris Weiterhin muss eine Benachteiligung im o.g. Sinne vorliegen. In Betracht kommt hierbei ein Fall i. S. d. § 19 I Nr. 1 AGG: „§ 19 Zivilrechtliches Benachteiligungsverbot (1) Eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität bei der Begründung, Durchführung und Beendigung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse, die 1. typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen (Massengeschäfte) oder bei denen das Ansehen der Person nach der Art des Schuldverhältnisses eine nachrangige Bedeutung hat und die zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen oder 2. eine privatrechtliche Versicherung zum Gegenstand haben, ist unzulässig.“

Aus § 19 I lässt sich folglich entnehmen, dass aufgrund einer Behinderung eine Benachteiligung unzulässig ist. Nach Darstellung der Diskriminierungsstelle des Bundes, „liegt eine Behinderung bei langfristigen körperlichen, seelischen oder geistigen Beeinträchtigungen vor, welche die Betroffenen in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern.“ Vgl. Antidiskriminierungsstelle des Bundes: https://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/Beratung/Der_aktuelle_Fall/Behinderung/ Corona_Schutzmasken.html?nn=10065648 – als Anlage K 1 – Hierzu wird jedoch auch weiter ausgeführt: „Wenn Kund_innen wegen einer vorübergehenden Erkrankung keine Maske tragen können oder wegen einer chronischen Erkrankung, die sie normalerweise nicht an der gesellschaftlichen Teilhabe hindert, können sie sich nicht auf das AGG berufen. Grundsätzlich sind Betreiber im Groß- und Einzelhandel wegen des Hausrechts zwar frei in der Entscheidung, ob und in welchem Umfang Personen Zugang zu ihren Räumen gestattet wird. Die Ausübung des Hausrechts ist allerdings nur innerhalb der vom AGG gesetzten Grenzen zulässig. Die Ausübung darf nicht dazu führen, dass Personen wegen ihrer Behinderung, Herkunft, sexuellen Identität oder Religion, wegen ihres Alters oder Geschlechts nach dem AGG benachteiligt werden.“

Antidiskriminierungsstelle des Bundes: https://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/Beratung/Der_aktuelle_Fall/Behinderung/ Corona_Schutzmasken.html?nn=10065648 – als Anlage K 2 – Wie eine Behinderung zu definieren ist, ergibt aus der Kommentierung zu § 1 AGG: „So hat der EuGH (NZA 2006, 839 Rn 40; s bereits ArbG Berlin NZA-RR 2005, 608) zunächst klargestellt, dass der Begriff der Behinderung autonom und EU-einheitlich auszulegen ist. Zugleich hat er betont, dass Behinderung nicht mit Krankheit gleichzusetzen ist, so dass nicht jede Ungleichbehandlung wegen einer Krankheit bereits eine solche wegen einer Behinderung darstellt. Der Begriff der Behinderung iSd RL 78/2000/EG ist demnach dahin auszulegen, dass er Einschränkungen erfasst, die ua auf dauernde physische, geistige oder psychische Beeinträchtigungen zurückzuführen sind, welche in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren den Betreffenden an der vollen und wirksamen Teilhabe am Berufsleben, gleichberechtigt mit den anderen AN, hindern können (EuGH NZA 2013, 553, Rn 37-39, 47; NZA 2014, 525 Rn 76; 22.5.2014 - C-356/12 Rn 45; NJW 2015, 391 Rn 53). Dazu zählen auch heilbare und unheilbare Krankheiten, sofern die entsprechenden Einschränkungen vorliegen (EuGH NZA 2013, 553 Rn 47). Damit ist eine gewisse Annäherung an die Sicht des dt Gesetzgebers verbunden. Inwieweit die Legaldefinition in § 2 I 1 SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - sowie inhaltsgleich in § 3 BGG weiterhin zur Konkretisierung heranziehbar ist (vgl BAG NZA 2012, 667 Rn 32; NJW 2011, 2458 Rn 24), ist im Hinblick auf die jüngere Rspr des EuGH fraglich. Die Definition im SGB IX ist weitgehend am sozialen Behinderungsbegriff der WHO orientiert. Danach sind Menschen behindert, „wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.“

Armbrüster in: Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 1 Rn. 10 – juris Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist jeweils eine Tatfrage, d.h. eine Frage des konkreten Einzelfalls. Durch Vorlage eines ärztlichen Attests, das lege artis erstellt und begründet sein muss, kann P plausibel machen, dass sie längerfristig beeinträchtigt ist. Daher wird im Folgenden geprüft werden, ob ein sachlicher Grund i. S. d. Gesetzes für die Benachteiligung der P aufgrund deren Behinderung besteht. Gemäß § 20 I 1 AGG ist eine Verletzung des Diskriminierungsverbots nämlich dann nicht gegeben, sofern ein sachlicher Grund hierfür gegeben ist. Im vorliegenden Fall käme § 20 I 2 Nr. 1 und 2 AGG in Betracht. Ein sachlicher Grund für unterschiedliche Behandlung besteht hiernach dann, wenn diese „der Vermeidung von Gefahren, der Verhütung von Schäden oder anderen Zwecken vergleichbarer Art dient“ oder „dem Bedürfnis nach Schutz der Intimsphäre oder der persönlichen Sicherheit Rechnung trägt“. Hier könnte unter die Vermeidung von Gefahren die Eindämmung des sog. Infektionsgeschehens (besser: Positiv-Testgeschehen) fallen. Nr. 2 wäre gegebenenfalls dann einschlägig, wollte man hierunter den Schutz des im Ladengeschäft arbeitenden Personals subsumieren. Es kommt auf jeden Fall auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an.

Die Größe des Betriebs, die Zahl der Besuche des Betriebs durch die P, die Zahl der potenziell gefährdeten Personen etc. dürften die entscheidenden Faktoren sein. Auch, ob Kompromisse möglich sind, dürfte eine Rolle spielen, z.B., wenn die P das Geschäft nur selten aufsuchen muss, aber immer nur ein Produkt erwirbt und dieses von einem Mitarbeiter ihr außen mitgegeben werden kann und/oder im Freien bezahlt werden kann. Dem Unterzeichner ist ein Fall bekannt, in dem eine durch ärztliches Attest „maskenbefreite“ Person eine Erdgas-Tankstelle (die einzige im weiteren Umfeld) zunächst nicht mehr aufsuchen konnte, weil der Inhaber zwar die Echtheit des Attests nicht anzweifelte, jedoch sich aus vorgenannten Gründen auf sein Hausrecht sowie auf seine vermeintlichen Arbeitgeberpflichten, das Attest nicht anerkennen zu können, berief.

Man einigte sich schlussendlich außergerichtlich darauf, dass die maskenbefreite Person ihren Wagen ganz normal betanken dürfe, aber die Bezahlung vor dem Eingang des eigentlichen Tankstellengebäudes stattfinden und ein Mitarbeiter zu diesem Zweck herauskommen würde. Ein solcher Vergleich ist jedoch sicherlich nicht in allen Situationen möglich. Wenn z.B. die maskenbefreite Person diverse Allergien hat und darauf angewiesen ist, die Lebensmittelprodukte mit ihren aktuellen Inhaltsangaben genau zu lesen, dann wird es kaum praktikabel sein, dass eine Mitarbeiterin des Supermarkts die Einkaufsliste nach draußen bringt. Konkrete relevante Faktoren im Einzelfall sind u.a. die Frage, wie viele Mitarbeiter dort im Geschäft regelmäßig arbeiten und warum die Mitarbeiter nicht ggf. – falls eine Person ohne sog. Maske eintritt – nicht bereits ausreichend durch Plexiglasscheiben, Mundschutz, Abstandhalten etc. geschützt sein sollte, ob nicht durch ausreichende Belüftungsmaschinen generell in dem Ladengeschäft das Infektions-/Positiv-Testrisiko gering ist etc. - Letzteres immer unterstellt, dass Covid-19 tatsächlich, wie offiziell behauptet, eine enorme, historisch so noch nie dagewesene Gefahr für jedermann darstellt, was im Rahmen dieser Ausarbeitung aber nicht näher thematisiert werden soll.

Wie auch die Diskriminierungsstelle ausführt: „Besteht die ausnahmslose Pflicht einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, kann hierin eine mittelbare Diskriminierung liegen. Denn die Maskenpflicht hat zur Folge, dass Personen, die wegen einer Behinderung keine Schutzmaske tragen können, hierdurch in besonderer Weise benachteiligt werden. Auch wenn die Maskenpflicht für die Betroffenen eine einschneidende Maßnahme darstellt, kann eine solche Maßnahme aber unter Umständen aus Gründen des Infektionsschutzes gerechtfertigt sein. Dann ist die Maßnahme auch nicht diskriminierend. Wann dies der Fall ist, lässt sich nicht pauschal beantworten, sondern ist eine Frage des Einzelfalls. (…) Wesentliche Informationen für Menschen mit Behinderung 1. Handel, Dienstleistung und Gastronomie Handelt es sich bei der gesundheitlichen Beeinträchtigung um eine Behinderung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), so kann in einem Einlassverbot unter Umständen eine mittelbare Diskriminierung liegen.

Ob dies der Fall ist, kann jedoch nicht generell beantwortet werden, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Denn Zutrittsbeschränkungen dienen dem Schutz anderer Kund*innen, des*der Betreiber*in und der Beschäftigten sowie der Eindämmung des Coronavirus durch die Vermeidung weiterer Neuinfektionen. Es muss daher im Einzelfall abgewogen werden, ob es angemessen ist, einzelne Personen abzuweisen, weil sie keinen MundNasen-Schutz tragen können. Im Rahmen dieser Abwägung kann es beispielsweise eine Rolle spielen, ob Kund*innen oder Beschäftigte zu einer Risikogruppe gehören. Ist das der Fall, kann es angemessen sein, keine Ausnahme von der Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes zuzulassen. Auch die Infektionsschutzmöglichkeiten vor Ort spielen eine entscheidende Rolle: Während bei kleineren Geschäften mit wenig Ausweichmöglichkeiten eine Zutrittsbeschränkung für Personen ohne Schutzmaske verhältnismäßig sein kann, wird man bei größeren Geschäften eher davon ausgehen können, dass einzelne Personen ohne Mund-Nasen-Schutz das Ansteckungsrisiko nicht wesentlich erhöhen.

Zudem kann es darauf ankommen, wie der Kund*innenkontakt ausgestaltet ist: In Friseursalons, in denen in der Regel enger Körperkontakt herrscht und kein Abstand gewährleistet ist, kann eine ausnahmslose Maskenpflicht eher gerechtfertigt sein. Gleiches gilt für Fitnessstudios mit sportlicher Aktivität und beschränkten Lüftungsmöglichkeiten im Winter.“ Antidiskriminierungsstelle des Bundes: https://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/ThemenUndForschung/Corona/Mund_Nas enschutz/mund_nasen_schutz_node.html - als Anlage K 2 - Relevant dürfte schließlich auch sein, ob die P, wenn sie ohne Maske das Ladengeschäft betritt, unvermeidbar (wie bei einem Friseurbesuch) ein enger Körperkontakt besteht. Dies dürfte bei einem Friseurbesuch regelmäßig, beim häufigeren Einkauf von Lebensmitteln aber kaum der Fall sein.

3.2. Bejaht man im Einzelfall das Vorliegen einer unzulässigen Diskriminierung, so kommt auch die Geltendmachung eines Anspruchs auf Unterlassen in Betracht: „Für den Unterlassungsanspruch aus Abs I S 2 sind die zu § 1004 I 2 BGB entwickelten Regeln sinngemäß heranziehbar. Der Anspruch setzt ebenso wenig wie der Beseitigungsanspruch aus S 1 voraus, dass der Benachteiligende den Verstoß zu vertreten hat. Zur Ausschlussfrist für die Geltendmachung des Anspruchs (Abs V) s Rn 30ff. Eine Wiederholungsgefahr kann aufgrund einer vorangegangenen rechtswidrigen Beeinträchtigung vermutet werden. Dem Störer steht die Möglichkeit offen, diese tatsächliche Vermutung zu entkräften. Allerdings sind an die Widerlegung hohe Anforderungen zu stellen (vgl zu § 1004 I 2 BGB BGHZ 140, 1, 11).“ Armbrüster in: Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 21 Rn. 6 – juris Zu beachten ist hier auch wieder der sachliche Grund nach § 20 AGG, aufgrund dessen eine ungleiche Behandlung u.U. im Einzelfall doch auch gerechtfertigt sein kann. Durch den Unterlassungsantrag erhöht sich der Streitwert.

3.3. Zudem ist § 21 II (3) AGG in Betracht zu ziehen. Hiernach kann wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der Benachteiligte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen „Abs II S 1 sieht einen Anspruch auf Ersatz des materiellen Schadens vor. Der Anspruch setzt voraus, dass der Anspruchsgegner gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen und, wie aus S 2 hervorgeht, er dies zu vertreten hat, und dass dem Benachteiligten hieraus ein Schaden entstanden ist. Das Erfordernis des Vertretenmüssens ist nicht europarechtswidrig (Rn 1; Busche in Leible/Schlachter, 159, 176; aA Hk-AGG/Deinert Rn 38; MüKo/Thüsing Rn 39ff); die RL gebieten nichts anderes und die EuGH-Rspr zum Arbeitsrecht (NJW 1997, 1839ff; s dazu auch § 15 Rn 2, 12) ist nicht auf das allg dt Zivilrecht übertragbar, das ein Vertretenmüssen als Regelvoraussetzung von Schadensersatz ansieht. Zur Konkretisierung ist § 276 I BGB heranziehbar, wonach der Schuldner grds Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten hat. Ein abw Maßstab aus einem zw den Parteien bereits bestehenden Schuldverhältnis ist auch für den Schadensersatzanspruch nach Abs II S 1 vorrangig. Sofern es um Haftungsbeschränkungen geht, sind freilich §§ 276 III, 309 Nr 7 lit b BGB zu beachten.

Heranziehbar ist auch § 278 S 1 BGB (s dazu § 19 Rn 11a). Zur Ausschlussfrist nach Abs V s Rn 30ff. Der Umfang des Anspruchs richtet sich nach §§ 249f BGB. Praktisch bedeutsam ist insb § 252 BGB. Nach dem Grundsatz der Naturalrestitution ist der Geschädigte so zu stellen, wie er stünde, wenn der Verstoß unterblieben wäre. Dabei sind die allg Regeln anzuwenden, zB zur Vorteilsausgleichung oder zur Anspruchskürzung nach § 254 BGB. Eine Kürzung gem § 254 I wird - anders als nach Abs II - selten in Betracht kommen, da bei einer Benachteiligung, die an ein Vorverhalten des Benachteiligten selbst anknüpft, schon nicht „wegen“ eines der Merkmale iSv § 3 benachteiligt wird (vgl Kossak 205ff). Praktisch wichtig ist insb der Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens: Wenn der Anbieter den Betroffenen ohne Verstoß gegen § 19 hätte ungleich behandeln dürfen, entfällt die Grundlage für einen Anspruch nach Abs II S 1. In diesem Fall besteht allein ein Entschädigungsanspruch nach S 3. Damit soll die persönliche Herabwürdigung ausgeglichen werden, die darin liegt, dass die Benachteiligung gerade wegen des geschützten Merkmals erfolgte (s Rn 12, 19).

Hieran zeigt sich erneut, dass das Verbot des § 19 I, II nicht sämtliche Ungleichbehandlungen erfasst, sondern allein solche wegen eines geschützten Merkmals (s bereits im Kontext des Beseitigungsanspruchs Rn 3).“ Armbrüster in: Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 21 Rn. 8f. – juris Die Anforderungen an den Gegner, dass dieser den Nachweis seines fehlenden Verschuldens erbringen könnte, sind tendenziell hoch. Die Beweislast liegt insoweit beim Gegner. Nicht selten wird allein die Durchsicht der von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes im Internet zugänglichen Darlegungen bei der Rechtsabteilung des jeweiligen Ladengeschäfts zumindest Zweifel wecken müssen, ob ihr Verhalten rechtlich korrekt ist. Der Gegenseite wird daher, wenn die übrigen Voraussetzungen vorliegen, zumindest regelmäßig der Vorwurf der Fahrlässigkeit zu machen sein. 3.4. Anspruchskonkurrenz Gemäß § 21 III AGG bleiben weitere Ansprüche aus unerlaubter Handlung unberührt. Es ist jedoch zu beachten, dass „die Anwendbarkeit von § 823 II BGB voraussetzt, dass ein anderes Gesetz als das AGG verletzt wurde, zB § 185 StGB. Das Benachteiligungsverbot des § 19 ist hingegen kein Schutzgesetz iSv § 823 II BGB (MüKo/Thüsing Rn 72; aA GW/Gaier Rn 241).“

Armbrüster in: Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 21 Rn. 22 – juris Ansprüche aus § 823 BGB sind daher nicht so ohne Weiteres durchsetzbar bzw. wohl nur auf Basis einer Mindermeinung, bei der zweifelhaft sein dürfte, ob das jeweilige Gericht sich dieser anschließt. 5.) Schadensersatzanspruche nach §§ 280, 249ff BGB Der Eintritt eines finanziellen Schadens darf ebenfalls nicht voreilig bejaht werden. Beispielhaft könnte man an den Fall denken, dass der Lebensmittelhändler weiterhin den Zutritt verwehrt, die Person P daher einen weiteren Weg mit dem Auto oder dem Taxi zum nächsten Lebensmittelhändler fahren muss, der das Attest akzeptiert. Hierdurch würden Fahrtkosten entstehen. II. Voraussetzung einer etwaigen zunächst außergerichtlichen, im Anschluss ggf. auch gerichtlichen Geltendmachung 1. Bei dem richtigen Anspruchsgegner handelt es sich um die anweisende Person oder auch den Vertragspartner direkt. Hierbei sind die Regeln den § 278 BGB zu beachten. Antidiskriminierungsstelle des Bundes: Vgl. z.B. https://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/Downloads/DE/publikationen/Handbuch_Diskriminierungsschutz/Kapitel_3.pdf?__blob=publicationFile&v=5 (Seite 105 f., abgerufen am 12.04.2021) - als Anlage K 3 (auszugsweise) - 2. In Baden-Württemberg ist ein außergerichtlicher Einigungsversuch nicht notwendig.

Vgl. auch Antidiskriminierungsstelle des Bundes: https://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/Downloads/DE/publikationen/Han dbuch_Diskriminierungsschutz/Kapitel_3.pdf?__blob=publicationFile&v=5 (Seite 107) - als Anlage K 4 (auszugsweise) - 3. Nach § 22 AGG kommt es zu einer Beweislasterleichterung. Hiernach sind Indizien für das Vorliegen einer Benachteiligung ausreichend. Die Gegenseite muss dann beweisen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. 4. Nach § 21 V AGG sind die Ansprüche nach Abs. 1 und 2 innerhalb von 2 Monaten nach dem Zeitpunkt der Benachteiligung geltend zu machen. Hierbei handelt es sich um eine strikte Ausschlussfrist. III. Klage vor den Verwaltungsgerichten Wenn es sich bei derjenigen Einrichtung, die die Diskriminierung wegen einer Behinderung begeht, um eine staatliche Stelle handelt, so käme auch eine Klage nebst Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht in Betracht. Dies wäre im Rahmen einer Leistungsklage, gerichtet auf ein Unterlassen, denkbar.

1. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich grundsätzlich nach §§ 45, 52 Nr. 5 VwGO.

2. Für die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs ist eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art notwendig. Hierbei könnte jedoch bereits die Anforderung an die öffentlich-rechtliche Streitigkeit zum Problem werden. a) Handelt es sich beim Gegner direkt um eine staatliche Einrichtung (z.B.: Der Bürgermeister verwehrt der P den Zugang zum Rathaus und zu allen Behörden seiner Gemeinde), so dürfte der Verwaltungsrechtsweg unproblematisch gegeben sein. b) Schwieriger wird es jedoch z.B., wenn das Zutrittsverbot von einer GmbH oder AG ausgesprochen wird, an welcher die Kommune, der Landkreis, das Land oder ggf. sogar der Bund, lediglich beteiligt ist. Hier dürfte insbesondere der Umfang dieser Beteiligung im konkreten Fall eine wichtige Rolle spielen. Für die Bejahung einer verwaltungsrechtlichen Streitigkeit i. S. d. § 40 VwGO ist es nämlich notwendig, dass sich das Klagebegehren als unmittelbare Folge des öffentlichen Rechts darstellt.

Die Rechtsprechung fasst dies dahingehend auf, dass die Rechtsnatur des Rechtsverhältnisses entscheidend sei, aus dem sich der Klageanspruch herleitet (z.B. BVerfGE 42, 103/, 113; 67, 100, 123; GmSOGB BGHZ 102, 280, 283; 108, 284, 286; BVerwGE 27, 314, 315; 38, 1, 4, 96, 71, 73 u.a.). Bejahendenfalls wäre der Anspruch gerichtet auf Einwirkung der Gemeinde auf die von ihr privat betriebene GmbH oder AG, dass der maskenlosen P der Zutritt zu gewähren ist (Beispiel: Die Kommune betreibt einen Freizeitpark über eine private GmbH und hält hieran die Mehrheit der Anteile. Die GmbH verweigert der P aus Infektionsschutzgründen den Zugang). Die private GmbH oder AG wäre dann nach § 65 II VwGO notwendig beizuladen, weshalb sich die Rechtskraftwirkung einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts auch auf diese erstreckt. Vgl. allgemein hierzu: v. Albedyll in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, Verwaltungsgerichtsordnung, 7. Auflage 2018, § 40 Rn. 33ff, insbesondere auch Rn. 35, 38, 40ff. Vorteile einer Klage nebst Eilantrag vor den Verwaltungsgerichten können insbesondere die dort niedrigen Streitwerte sein, was zu niedrigeren Gerichtskosten führt sowie auch der dort geltende Amtsermittlungsgrundsatz nach § 86 VwGO. IV. Allgemeine Hinweise Die vorliegende Ausarbeitung soll nur rechtliche Anregungen geben, insbesondere, jeden Einzelfall genau zu prüfen. Eine persönliche Haftung der Anwaltskanzlei Dr. Lipinski oder von Herrn Hans Tolzin ist ausgeschlossen. Heidelberg, den 14.06.2021 (Dr. Lipinski) Rechtsanwalt Fachanwalt für Verwaltungsrecht."

Quelle: Impfkritik

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