AG Offenburg: Provider muss Adressdaten von Filesharern nicht an Staatsanwaltschaft herausgeben
Archivmeldung vom 27.07.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEinen weitreichenden Beschluss hat am 20. Juli 2007 das Amtsgericht in Offenburg (Az. 4 Gs 442/07) getroffen. Wegen offensichtlicher Unverhältnismäßigkeit untersagte das Gericht die Rückverfolgung der IP-Adresse eines Tauschbörsennutzers. Die entsprechende Anfrage der Staatsanwaltschaft beim Provider sei unzulässig, da der Tausch urheberrechtlich geschützter Musikstücke der Bagatellkriminalität zuzuordnen sei.
Die Entscheidung hat
Auswirkung auf die 25.000 Strafanzeigen, die die Musikindustrie seit
Januar gegen Tauschbörsennutzer erstattet hat.
"Ohnehin hat die Musikindustrie derzeit schon Probleme, die
Adressen der Filesharer herauszufinden", erläutert Rechtsanwalt
Christian Solmecke aus der Kanzlei WILDE & BEUGER. "Seit einem
Beschluss des Landgerichts Darmstadt speichern viele Provider die
Verbindungsdaten ihrer Flatrate-Kunden nicht mehr." Der Kölner
Rechtsanwalt vertritt eine Vielzahl von Eltern und Jugendlichen gegen
die Musikindustrie.
Das Offenburger Gericht hat darüber hinaus entschieden, dass es
sich bei den geforderten Adressdaten um Verbindungsdaten handelt, die
nur über einen richterlichen Beschluss gem. § 100g StPO verlangt
werden dürfen. Bislang hatten zahlreiche Provider die Daten
unmittelbar auf Anfrage der Staatsanwaltschaften herausgegeben.
Ganz unrecht dürfte die aktuelle Entscheidung den deutschen
Ermittlungsbehörden nicht sein. Sie ächzen schon lange unter der Flut
von tausenden Strafanzeigen wegen Urheberrechtsverletzung. "Aktuell
werden rund 95 Prozent aller Strafverfahren gegen die Filesharer
eingestellt", weiß Rechtsanwalt Solmecke aus der täglichen Praxis zu
berichten. Es gibt aber auch Ausreißer: "Gegen einen Mandanten aus
dem Sauerland wurden wegen 1100 getauschter Musikstücke gleich sieben
Strafverfahren und zwei Hausdurchsuchungen angestrengt. Bei der
zweiten Hausdurchsuchung teilte der verdutzte Mandant den Polizisten
mit, dass der Computer schon in der Woche zuvor beschlagnahmt worden
sei."
Mit dem Beschluss aus Offenburg häufen sich nun die Entscheidungen zugunsten von Filesharern. Jüngst hatte das LG Mannheim entschieden, dass Eltern nicht für die Tauschbörsennutzung ihrer Kinder haften. Und das Amtsgericht Mannheim stellte fest, dass bei Massenabmahnungen nicht massenweise Rechtsanwaltsgebühren verlangt werden können.
Quelle: Pressemitteilung Kanzlei WILDE & BEUGER