Die Kostenlos-Falle im Internet
Archivmeldung vom 16.06.2009
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.06.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittKostenfallen wie 99.downloads.de, Opendownload.de und My-downloads.de breiten sich im Internet wie eine Seuche aus. Der Verbraucherzentrale Bundesverband in Berlin geht seit Jahren gegen unseriöse Online-Anbieter vor. Gegen 30 Firmen hat er Abmahn- und Klageverfahren eingeleitet.
"Wir gewinnen einen Prozess nach dem anderen, aber die Online-Abzocke nimmt weiter zu", klagt Vorstand Gerd Billen (53). "Die Unterlassungsurteile sind für die Drahtzieher nur Nadelstiche. Sie ändern ihre Webseite, machen neue Seiten auf oder gründen einfach eine neue Firma." Zudem sei die Rechtsverfolgung schwierig, weil es sich oft um Briefkastenfirmen im Ausland handele.
Lockvogelseiten und Strohmänner
Ein gemeiner Trick sind sogenannte Lockvogelseiten. Dabei rekrutieren die Verantwortlichen von Belleros Premium Media Limited (99.downloads) aus Birmingham (England) oder Content Services Limited (Opendownload) aus Aldermaston (Großbritannien) arme Schlucker als Strohmänner oder Strohfrauen. Für ein Taschengeld geben sie ihren Namen her. Plötzlich sind sie Administrator einer Internet-Domain zu dem einzigen Zweck, Internetnutzer anzulocken und diese möglichst unbemerkt auf die kostenpflichtigen Seiten weiterzuleiten.
Wer beispielsweise einfach nur bei Google nach einem Adobe Flash Player sucht, findet eine Seite zum Herunterladen mit dem Namen Download-Trend.de. Sie gehört der Belleros (99downloads). Das kann man aber nicht erkennen, weil im Impressum ein Jan Schellenberg aus Wesel in Nordrhein-Westfalen steht. Klickt man bei ihm auf „Jetzt zum Download“ öffnet sich eine identisch aussehende Seite, die nichts anderes als eine versteckte Unterseite von 99downloads ist. Dasselbe passiert dem Sucher, der einen kostenlosen Adobe Flash Player, herunterladen möchte, auch bei flash-playerdownload-tip.info (wieder Jan Schellenberg) oder flashplayer.download-fix.org von Lockvogel Michael Bardenhagen, der dieselbe Anschrift wie Belleros (99downloads) im Sperberhorst in der Hamburger Niederlassung hat.
Mit dem gleichen Muster arbeitet neben der Belleros auch noch eine zweite Hamburger Abzockfirma, für die der Belleros-Inkasso-Anwalt Sven Schulze ebenfalls die Geldforderungen (60 Euro Jahresgebühr und 44 Euro Anwaltskosten) eintreibt. Es ist der Erotikdienst Online Premium Content Limited von Ralf Schünemann (30) aus dem Hamburger Alsterhaus. Schünemann und seine Direktor-Kollegin Stephanie Schneider (22) von Belleros haben ihren Hauptsitz an der gleichen Adresse 69 Great Hampton Street im englischen Birmingham. Belleros ist praktisch der 2009 gegründete Ableger der schon seit 2007 aktiven Online Premium Content. Und Stephanie Schneider gibt nicht nur ihren Namen für die Belleros und die Seite 99.downloads.de her, sie hat auf ihren Namen auch Lockvogelseiten wie Downloadhit.org, Downloads-Top.de, Starke-Downloads.de, Download-Schneller.org, Download-Fix.org, Download-Power.org oder Download-Sicher.org. angemeldet.
Für die Mutterfirma Online Premium Content halten Strohmänner wie Marlo Barkeresdale aus Köln die Seite Grosser-Liebestest.de, Martin Steinkamp aus Osnabrück Dein-liebestest.de, Dietmar Zeugfang aus Berlin Online-Liebestest.de oder Thomas Rickert aus Bonn Liebesnester.net. Sie alle sorgen dafür, dass Rechtsanwalt Sven Schulze aus Hamburg immer genügend Adressen für seine Mahnschreiben hat.
Bittet man Inkasso-Anwalt Schulze per E-Mail um ein Interview, wird man sofort als Schuldner behandelt und bekommt, da man ja bei der E-Mail-Anfrage seine Daten eingegeben hat, auch sofort eine Mahnung für einen angeblich abgeschlossenen und noch nicht bezahlten Dienstleistungsvertrag bei Belleros (für Software) oder Online Premium Content (für Erotik). Immer die üblichen 60 Euro plus 44 Euro Anwaltskosten.
Bezahlte Werbeseiten bei google
Ein weiterer Trick sind bezahlte Werbeseiten, die immer bei google auf Platz 1 von bis zu 29 Millionen Angeboten angezeigt werden, sobald man einen Suchbegriff eingibt.
Viele Surfer geben im Internet als Suchworte Billigangebote oder Hausaufgabenhilfe, Tattoosvorlagen, Tiere oder Routenplaner ein. Darauf warten die Macher der Abo-Fallenseiten nur. Denn nach dem Motto „Frisch registriert und schon bei Google“ melden Sie täglich neue Webseiten für die Suchergebnisse an. Über Adsense bzw. Adwords landen diese Ergebnisse, zum Beispiel Hausaufgaben-Land.com, stets auf den ersten bezahlten Eintrag und lassen bei den beliebtesten Begriffen viele Millionen Links hinter sich. Und welcher User klickt nicht auf den ersten angezeigten Link?
Es ist fast schon unglaublich wie einfach es den dubiosen Download-Portalen von Google gemacht wird. Wer sich derzeit für das kostenlose Openoffice interessiert und dabei auf die Unterstützung der beliebten Suchmaschine Google vertraut, hat gute Chancen auf einen Download-Abzocker hereinzufallen, was angesichts der aktuellen Werbeanzeigen zu Openoffice auch nicht wirklich schwer ist.
Der Finanznachrichtendienst www.gomopa.net machte den Test. Wir geben in die Google-Suchmaske den Begriff Openoffice ein.
Google zeigt uns an, dass es 29 Millionen Einträge gibt und präsentiert uns die Ergebnisse 1 bis 10. Als absolute Nummer Eins für das Downloaden von Openoffice erscheint ganz oben links die Anzeige "OpenOffice 3.1 Deutsch. Die neueste Version von Openoffice schnell und sicher runterladen":
Die Internet-Domain, die in der Unterzeile steht, nennt sich einladend: Einfache-Downloads.de. Mit einem Klick landen wir auf dieser Domain. Nichts weist daraufhin, dass hier abgezockt wird. Wir lesen: "Openoffice ist eine hervorragende Alternative zu den teuren Office-Konkurrenzprodukten." Jawohl, hier fühlen wir uns bestens aufgehoben. Endlich weg von der teuren Konkurrenz.
Der Inhaber der Seite Einfache-Downloads.de ist ein Jürgen Leitmann mit seiner Firma IT Services mit Sitz in der Trelleborgallee in Lübeck-Travemünde (Schleswig-Holstein). Er hat die Seite am 11. Mai 2009 auf sich angemeldet.
Arglos klicken wir auf seinen Button "Download" und reiben uns die Augen: Nichts da mit Download. Herr Leitmann hat uns in eine Falle gelockt. Wir landen auf einer Seite, bei der wir uns erst mit unseren Daten anmelden müssen. Tun wir das, müssen wir 96 Euro Jahresgebühr bezahlen, die Vertragslaufzeit beträgt mindestens zwei Jahre. Wir sind von der Seite Einfache-Downloads.de von Jürgen Leitmann auf die Bezahl-Domain My-Downloads.de umgeleitet worden. Diese Domain gehört seit dem 2. Mai 2009 einem Villiam Adamca von der Firma Premium Content GmbH aus der Carl-Zeiss-Straße in Rödermark in Hessen. Bei ihm und seiner Firma führte die Polizei am 17. März 2009 eine Razzia durch. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main in Hessen ermittelt wegen Betrugsverdachts. Dennoch lockt Adamca über bezahlte Strohmänner und Google-Anzeigen ahnungslose Kunden weiter in die Kostenlosfallen. Seine Geldeintreiberin ist die mittlerweile berühmt berüchtigte Münchner Inkassoanwältin Katja Günther. Sie hält sich gar nicht erst mit Mahnschreiben auf, sondern überzieht die Fallen-Opfer gleich mit Gerichtlichen Mahnschreiben, da das Gericht nicht überprüft, ob der Antragsteller wirklich eine Berechtigung zum Forderungseinzug hat. Wenn das Opfer nicht innerhalb von 14 Tagen widerspricht, hat es einen 30 Jahre gültigen Vollstreckungstitel am Hals, der natürlich auch in der Schufa steht. Das war also für uns die Nummer 1 bei Google auf der Suche nach einem kostenlosen Openoffice.
Wir geben jedoch nicht auf und klicken auf die Nummer 2 von den 29 Millionen Anzeigen für Openoffice. Wir lesen also bei der zweiten Anzeige ganz oben links: "Openoffice 3.1. Deutsch. Die neueste Version von Openoffice. Schnell, sicher und vierenfrei!" Angeboten wird der Download von der Internetseite Download-24.info. Anmelder der Seite ist ein privater Registrant in den Niederlanden, der seine persönlichen Daten nicht angegeben hat. Firmensitz der Seite ist die Stadt Scottsdale im US-Bundesstaat Arizona. Schnell müssen wir feststellen, dass auch der Unbekannte Holländer ein Lockvogel ist. Klicken wir auf Download werden wir ebenfalls auf die Bezahlseite My-Downloads.de (96 Euro Jahresgebühr) des einschlägig bekannten Villiam Adamca und seiner Firma Premium Content GmbH aus Hessen weitergeleitet. Gegen ihn und seiner Firmen liegen bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main 6.000 Anzeigen wegen Betrugsverdachts vor.
Wir geben immer noch nicht auf und schauen uns nun die von Google rechts oben angezeigten Angebote für Openoffice an:
Die Nummer Eins rechts oben ist "Openoffice 3.0 Download" von der Internetseite Downloadbuero.de. Wir klicken darauf und landen auf einer scheinbar neutralen Seite mit dem Werbetext: "Lade jetzt die tolle Bürosoftware." In grüner Schrift ist das Wort Freeware (Umsonstware) hervorgehoben. Die Seite wurde am 20. Mai 2009 von einem Jan Schellenberg aus der Tiergartenstraße in Wesel in Nordrhein-Westfalen angemeldet.
Ja, das ist jener Jan Schellenberg der bereits für die Belleros Premium Media Limited aus Birmingham (England) und ihrer Seite 99.downloads.de (Jahresbeitrag 60 Euro) Sucher nach einem Adobe Flash Player in die Falle lockt.
Im Fall von Openoffice nun verlinkt Schellenberg auf eine Schwesterseite von 99.downloads.de. Das ist nicht gleich zu erkennen. Die Seite, auf die uns Schellenberg weiterleitet, heißt Abcload.de (ebenfalls 60 Euro Jahresgebühr). Abcload hat nur auf den ersten Blick scheinbar nichts mit Belleros und 99.downloads zu tun. Als Betreiber von Abcload.de wurde am 13. Mai 2009 eine Firma mit dem Namen Professional Internet Service Limited in der Georgenstraße in Bremerhaven (Bremen) angemeldet, Besitzer ist ein Henry Kandziora. Doch der Firmenhauptsitz verrät die Geschwisterzugehörigkeit zu Belleros (99.downloads): Es ist die gemeinsame Adresse 69 Great Hampton Street im englischen Birmingham, wo auch die Muttergesellschaft Erotikdienst Online Premium Content Limited von Ralf Schünemann sitzt.
Auch bei den weiteren Google-Anzeigen geraten wir auf Kostenlosfallen. Die Nummer Zwei in der rechten Spalte auf Google "Openoffice.Software-loading.de" gehört seit dem 30. Mai 2009 Strohmann Gerd Wegner SEO & SEM Marketing aus der Rudolf-Breitscheid-Straße in Cottbus (Brandenburg). Er verspricht "schnelle & sichere Downloads". Leider führt seine Seite auch nur auf die Seite My-downloads.de von Villiam Adamca und seiner Firma Premium Content GmbH (96 Euro Jahresgebühr für Umsonstware).
Die Nummer drei in der rechten Google-Spalte gehört einer amerikanischen Firma, bei der man sich ebenfalls zunächst anmelden muss. Und die Nummer Vier im Rang der Anzeigen, die Download-klick.info.com, wurde von einem Namenlosen in Scottsdale in Arizona (USA) angemeldet, gerade da, wo auch schon der namenlose Holländer die Seite Download-24.info als Lockvogel für My-downloads.de von Villiam Adamca (96 Euro) angemeldet hat. Die Seite Download-klick.info.com nun führt zur Kostenfalle Opendownload.de der Content Services Limited aus der Mendheimer Straße in Mannheim (Baden-Württemberg). Für sie treibt Olaf Wolfgang Tank aus Osnabrück in Niedersachsen die 96 Euro Jahresgebühr nebst seiner Anwaltskosten in Höhe von 44 Euro ein.
Auf Olaf Tank kommt aber auch ohne diesen Lockvogel Download-klick.info viel neue Arbeit zu. Sein Auftraggeber Content Services Limited bewirbt aktuell sehr viele beliebte Lockvogelseiten, die stets zu Opendownload.de führen: Bitcomet-Downloaden.com, CCleaner-Downloaden.com, DIVX-Downloaden.com, Download-Server.org, Download-Srv.com, Firefox-Direkt.com, Flash-Player-Downloaden.com, Gimp-Downloaden.com, Openoffice-Download.com, Utorrent-Downloaden.com, Veoh-Downloaden.com, Winrar-Downloaden.com.
Ermittlungsverfahren gegen 16 Abo-Firmen und ein Inkassobüro
Die Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Frankfurt am Main (Hessen) kann die Anzeigenflut aus ganz Deutschland (von 6.000 im vergangenen Jahr auf jetzt 15.000) kaum bewältigen. Gegen 16 Firmen und 23 Beschuldigte, die mit so genannten Abo-Fallen im Internet ihr Geld verdienen sollen, hat die Staatsanwaltschaft inzwischen Ermittlungsverfahren wegen Betruges eingeleitet.
Dabei wird auch gegen die Deutsche Inkassostelle in Eschborn (Hessen), die Forderungen dieser "Abo-Fallen" eingetrieben haben soll, wegen des Verdachts der Beihilfe zum Betrug ermittelt, so die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Doris Möller-Scheu.
Razzia wegen illegalen Datenhandels
Wegen des Verdachts des illegalen Datenhandels hat die Staatsanwaltschaft am 17. März 2009 zehn Objekte eines Netzwerkes von Abo-Fallenfirmen in Hessen durchsuchen lassen. Wie die Sprecherin Möller-Scheu bestätigte, ging es dabei insbesondere um das Unternehmen "Go Web Limited" von Villiam und Robert Adamca aus Frankfurt am Main, das viele einschlägige Angebote betreibt. Allein 1.000 Anzeigen lagen bei der Staatsanwaltschaft gegen die Forderung von 59,59 Euro für einen Routenplaner vor. Der war zunächst kostenlos. Aktivierte man aber die Software, saß man in einer Kostenfalle. "Go Web" übernahm dieses und viele andere Angebote von der Online Content Limited und Net Content Limited, für die "Director" Michael Burat (34) fungierte. Ermittelt wird auch gegen die Online-Content-Geschäftsführerein Katarina Dovcova (22) aus Oberursel (ebenfalls Hessen), die offenbar nur ihren Namen hergab und nun dafür gerade stehen muss.
Da es bei der Razzia nicht nur um die Abo-Abzocke an sich ging, sondern, darum, auf welche Weise man an Daten von Internetnutzern gelangte, die gar nicht auf der entsprechenden Seite waren, wurden auch die neuen Geschäftsräume der "RA Office GmbH" des mutmaßlichen Hauptdrahtziehers Michael Burat in der Quirinstraße in Frankfurt am Main durchsucht. "RA Office" soll angeblich Rechtsanwaltskanzlei-Hilfsmittel vetreiben, momentan ist die Website allerdings offline.
Ermittlung gegen Anwältin Katja Günther: Beihilfe zum Betrug
Geldeintreiberin der Abo-Fallen-Truppe um Michael Burat und Villiam Adamca war die Münchener Inkassoanwältin Katja Günther. Gegen sie werde in Bayern wegen Beihilfe zum Betrug ermittelt, so Doris Möller-Scheu. Weil einige ihrer Briefe auch einen drohenden Charakter haben, werde der Vorwurf der Nötigung geprüft. Katja Günther hat sich ohne Umschweife für 23 Euro einen Gerichtlichen Mahnbescheid gegen ihre Opfer geholt. Viele wussten sich dagegen gar nicht zu wehren.
Die Stadtsparkasse München hat der rabiaten Anwältin im Mai 2009 das Anderkonto, also das Konto für Dritte, aufgelöst. Katja Günther hatte dagegen geklagt und vor dem Landgericht I in München verloren.
Strafanzeige bei der Polizei
Anzeigen wegen arglistiger Täuschung und Betruges nehmen alle Polizeiwachen entgegen. Im Internet unter: » Internetwachen der Polizei.
Quelle: GoMoPa (Siegfried Siewert)