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Verwaltungsgericht München spricht von 'Novum in der Rechtsgeschichte' und verhängt weiteres Zwangsgeld gegen den Freistaat Bayern

Archivmeldung vom 29.01.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 29.01.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Bild: Thorben Wengert / pixelio.de
Bild: Thorben Wengert / pixelio.de

Das Bayerische Verwaltungsgericht München hat heute auf Antrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH) ein Zwangsgeld in Höhe von 4.000 Euro gegen den Freistaat Bayern festgesetzt und ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von nochmals 4.000 Euro gegenüber dem Freistaat Bayern angedroht. Dies ist das Ergebnis der heutigen mündlichen Verhandlung (AZ M 19 X 17.5464).

Das Gericht hat deutlich gemacht, dass es ein "Unding" darstellt, dass das Umweltministerium des Freistaats erst durch Zwangsmaßnahmen zur Einhaltung eines aus dem Jahr 2012 stammenden Urteils des Verwaltungsgerichts gezwungen werden muss. Die hier nötige wiederholte Anwendung von Zwangsmaßnahmen gegenüber einer Landesbehörde sei einmalig in der deutschen Justizgeschichte. Die Vorsitzende Richterin sprach gar von einem 'Novum in der Rechtsgeschichte'.

Das Gericht stellte klar, dass es das Gebot effektiven Rechtsschutzes gebietet, bei fortwährender Verletzung dieser Pflichten zukünftig deutlich härtere Maßnahmen anzuwenden. Das Gesetz sieht dazu unter anderem die Möglichkeit der Zwangshaft gegenüber der Behördenleiterin, und somit der Umweltministerin Ulrike Scharf, vor. Möglich wäre es auch, dass die Zwangsgelder von der Behördenleiterin persönlich zu zahlen sind. Den Antrag der DUH, bereits jetzt Zwangshaft zu verhängen, wies das Gericht mit dem Argument zurück, dass es nicht ausgeschlossen sei, dass die jetzt verfügten Zwangsgeldmaßnahmen erfolgreich sind. Sollten diese nun festgesetzten bzw. weiteren Zwangsgelder jedoch keine Wirkung zeigen, bejahte das Gericht ausdrücklich die Möglichkeit der Anwendung der verschärften Zwangsvollstreckung gegenüber dem Freistaat.

"In unserem langjährigen Kampf für 'Saubere Luft' in deutschen Städten treffen wir in Bayern auf eine Staatsregierung, die nicht nur vorsätzlich Recht bricht, sondern darüber hinaus seit 2012 alle Urteile bayerischer, deutscher und europäischer Gerichte einfach ignoriert. Das ist ein Frontalangriff auf die demokratische Grundordnung. Die heute wiederholte Festsetzung von Zwangsgeldern zur Umsetzung von rechtskräftigen Urteil durch Umwelt- und Verbraucherschutzverbände wie der Deutschen Umwelthilfe gegen eine Staatsregierung zeigen, welchen Einfluss zwischenzeitlich die Dieselkonzerne auf das Regierungshandeln haben", resümiert Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.

"Das Umweltministerium hat vom Gericht eine letzte Verwarnung erhalten. Wenn es jetzt nicht einlenkt und signalisiert, dass es die Entscheidungen der bayerischen Justiz zur Luftreinhaltung sofort umsetzt, werden härtere Maßnahmen unausweichlich", so Rechtsanwalt Remo Klinger, der die DUH in dem Verfahren vertrat.

Die internationale NGO ClientEarth unterstützt die Klage der DUH. Rechtsanwalt Ugo Taddei sagt: "Mit der heutigen Entscheidung des Verwaltungsgerichts wird es für die Umweltministerin noch peinlicher. Die langen Debatten darüber wer für saubere Luft verantwortlich ist sind pure Zeitverschwendung auf Kosten der Gesundheit der Münchener. Ministerin Scharf muss jetzt unbedingt konkret Maßnahmen einleiten, um die Luftqualität Münchens zu verbessern."

Hintergrund:

Die DUH hat am 21. November 2017 vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht München einen Antrag auf erneute Verhängung eines Zwangsgelds oder Zwangshaft, letzteres zu verhängen gegenüber der Umweltministerin des Freistaats Bayern, gestellt.

Grund ist, dass der Freistaat Bayern seit 2014 ein rechtskräftiges Urteil ignoriert und die notwendigen Schritte zur Einhaltung der Luftqualitätsgrenzwerte für das Dieselabgasgift NO2, dazu gehört die Vorbereitung von Diesel-Fahrverboten, nicht einleitet. Der Freistaat verweigert den Bürgern damit nicht nur das Recht auf saubere Luft, sondern setzt auch die Gesundheit vieler unter den Dieselabgasen leidenden Menschen aufs Spiel.

Erst am 16.1.2018 kam die Bayerische Regierung mit fünf Montagen Verspätung der Auflage des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nach und legte eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München vor. Das Konzept ist jedoch wenig konkret und verbindlich, vor allem wird die inhaltliche Vorgabe des Gerichts, Fahrverbote vorzubereiten, weiterhin ignoriert. Mit den vorgeschlagenen Maßnahmen, die nicht viel mehr sind als eine Wiederholung der Vorschläge vom Juli 2017 ist eine saubere Luft in München nicht vor 2025 zu erwarten. Dabei hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof am 27.2.2017 letztinstanzlich deutlich gemacht, dass Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge notwendig sind, um die Stickstoffdioxid-Belastung in der Luft schnellstmöglich zu verringern.

Quelle: Deutsche Umwelthilfe e.V. (ots)

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