Kfz-Versicherung: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht
Archivmeldung vom 25.11.2009
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.11.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSie planen einen Wechsel Ihrer Kfz-Versicherung? Achten Sie beim Anbietervergleich unbedingt auf die Feinheiten der Tarife! Ein Nichtbeachten bestimmter Auflagen macht im Schadensfall aus der Mücke ganz schnell einen Elefanten. Auch hier gilt: Unwissenheit schützt vor (Vertrags-)Strafe nicht.
Lesen Sie hier einen Auszug aus dem Gerichtssaal und welche Bagatellen ordentlich ins Geld gehen können:
Grobe Fahrlässigkeit
Achten Sie beim Abschluss einer neuen Autoversicherung darauf, dass im Vertrag die Zahlung bei grober Fahrlässigkeit mitversichert ist. In der Regel dreht es sich dabei um Schäden am eigenen Fahrzeug, sprich in der Vollkaskoversicherung. Mit der Einführung des neuen Versicherungsvertragsgesetzes 2008 hat sich hier einiges getan: Vor dem 1.1.2008 konnten Kasko-Versicherungen mit dem Einwand der groben Fahrlässigkeit Zahlungen komplett aussetzen. Das neue Gesetz bestimmt nun, dass Versicherer bei grober Fahrlässigkeit zumindest einen Teil bezahlen müssen. Doch inwieweit ein Fall als grob fahrlässig eingestuft wird, darüber gehen die Meinungen auseinander. Versicherungsunternehmen haben hier eine eigene Quote, mit der sie festlegen, ab wann sie wie viel zahlen. Deswegen muss jeder Fall individuell beurteilt werden. So kann es vorkommen, dass der Versicherungsnehmer bei einem Unfall, der beispielsweise durch das Überfahren einer roten Ampel, Telefonieren am Steuer oder durch abgefahrene Reifen verursacht wird, den größten Teil der entstehenden Kosten selbst tragen muss. Informieren Sie sich daher genau, welche Regelungen Ihr neuer Vertrag festlegt!
Mittlerweile werben aber auch viele Versicherer mit Verträgen, die auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit komplett verzichten – zumindest unter der Bedingung, dass ein Schaden nicht unter Drogen- oder Alkoholeinfluss zustande gekommen ist oder ein Diebstahl grob fahrlässig ermöglicht wurde. Doch wann hat jemand tatsächlich (grob) fahrlässig bzw. leichtsinnig gehandelt? Diese Frage sorgt häufig für Streitpunkte zwischen Anbieter und Versicherungsnehmer. Oft ist das Oberlandesgericht die letzte Instanz für eine Entscheidung – aber selbst bei ähnlichen Fällen wird oftmals unterschiedlich entschieden:
Diebstahl: Fall 1
Ein Autobesitzer vergaß nicht nur, sein Fahrzeug abzuschließen, er ließ sowohl Schlüssel wie auch Papiere im unverschlossenen Fahrzeug zurück. Am nächsten Morgen war sein Auto weg. Gestohlen. Die Teilkasko-Versicherung weigerte sich mit dem Einwand der groben Fahrlässigkeit zu zahlen, worauf der Bestohlene vor Gericht zog. Aus seiner Sicht leider erfolglos (Az. 10 U 1243/08) – das Oberlandesgericht bestätigte den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit und entschied gegen den Kläger.
Diebstahl: Fall 2
Dieser Fall scheint auf den ersten Blick ähnlich, dennoch hat das Oberlandesgericht Hamm anders entschieden: Im Kofferraum eines gestohlenen Neuwagens befanden sich noch die Ersatzschlüssel und der Fahrzeugschein steckte scheinbar sicher verborgen beim Reserverad. Die Versicherung verweigerte die Zahlung wegen grober Fahrlässigkeit, konnte aber nicht nachweisen, dass das Auto mit den zurückgelassenen Schlüsseln gestohlen worden war. Das Gericht verurteilte das Unternehmen zur Zahlung (Az. 20 U 226/04).
Diebstahl: Fall 3
Da es bei einer Veranstaltung keine Garderobe gab, legte eine Frau ihre Jacke samt Fahrzeugschlüssel unbeaufsichtigt in einer Nische ab. Durch einen auffälligen Mercedes-Anhänger am Schlüsselbund hatte der Dieb ihrer Jacke leichtes Spiel, das Fahrzeug zu identifizieren. Als die Frau am nächsten Morgen von der Polizei erfuhr, dass ihr Auto in einen Unfall verwickelt wurde, wollte die Versicherung den 15.000 Euro hohen Schaden aufgrund grober Fahrlässigkeit nicht regulieren. Das Landgericht Köln entschied zu Gunsten der Versicherung (Az. 24 O 307/96). Begründung: Ein Autobesitzer muss seinen Schlüssel so aufbewahren, dass er vor dem Zugriff beliebiger Dritter geschützt ist.
Quelle: FinanceScout24 GmbH