Ortswechsel muss zumutbar sein
Archivmeldung vom 21.12.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittFlexibilität ist im Arbeitsleben heute wichtiger denn je - auch räumliche. Andererseits muss nicht jede Veränderung hingenommen werden. Wer heute noch im Betrieb um die Ecke arbeitet, kann vor erheblichen praktischen Problemen stehen, wenn er plötzlich täglich 100 Kilometer fahren soll, um seinen Arbeitsplatz zu erreichen. Unternehmen, die ihren Mitarbeitern einen Ortswechsel verordnen wollen, müssen daher einiges beachten.
„Wichtigster Ausgangspunkt ist der Arbeitsvertrag“, betont Rechtsanwältin Christine Heymann, Arbeitsrechtlerin der Kanzlei FPS Fritze Paul Seelig in Düsseldorf. „Ist darin nur eine Beschäftigung an einem ganz bestimmten Ort vorgesehen, hat der Arbeitgeber keine Chance, den Mitarbeiter einseitig an einem anderen Ort einzusetzen.“
Wenn jedoch eine so genannte Öffnungsklausel erlaubt, den Mitarbeiter auch in vertretbarem Rahmen an anderen Orten einzusetzen, kann ihn der Arbeitgeber im Rahmen seines Weisungs- und Direktionsrecht an einen anderen Ort versetzen. „Doch es gibt Grenzen“, warnt Heymann, „der Arbeitgeber darf den Mitarbeiter nicht beliebig weit entfernt einsetzen. Die Versetzung muss dem Arbeitnehmer nach billigem Ermessen noch zugemutet werden können.“ Außerdem muss die neue Tätigkeit mit der bisherigen gleichwertig sein.
Wie sich das praktisch auswirkt, zeigt eine gerade in den Medien veröffentlichte Entscheidung des Arbeitsgerichts Frankfurt. Dieses stellte fest, dass einer Bankmitarbeiterin ein täglicher Anfahrtsweg von 40 Minuten grundsätzlich zugemutet werden kann. Selbst bei einer Verdopplung der Fahrzeit durch hohes Verkehrsaufkommen, werde die Zumutbarkeitsgrenze von 90 Minuten für eine einfache Fahrt nicht erreicht (Az.: 1 Ca 5428/07).
Bei Betrieben mit mehr als 20 Mitarbeitern und einem Betriebsrat kommt für die Wirksamkeit einer Versetzung hinzu, dass der Betriebsrat der Versetzung zustimmen muss, wenn sie voraussichtlich länger als einen Monat dauert. Wird gleich ein ganzer Betrieb an eine neue Arbeitsstelle verlegt, handelt es sich zudem nicht mehr um eine Versetzung, sondern um eine Betriebsänderung.
„Sobald eine Versetzung nicht mehr von dem gedeckt ist, was im Arbeitsvertrag steht, benötigt der Arbeitgeber zum Ortswechsel die Zustimmung des Mitarbeiters“, erläutert Heymann, „die entsprechende Vereinbarung stellt eine Vertragsänderung dar.“ Fällt der bisherige Arbeitsplatz weg, ist der Mitarbeiter zunächst auf einen anderen freien Arbeitsplatz zu versetzen. Lässt sich das nicht realisieren, ist ihm im Wege der Änderungskündigung ein anderer, gegebenenfalls sogar weniger qualifizierter Arbeitsplatz anzubieten. Erst, wenn auch dies nicht gelingt, darf das Arbeitsverhältnis beendet werden.
Quelle: F P S FRITZE PAUL SEELIG Rechtsanwälte