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Risikogemeinschaft statt Garantien - Tücken britischer Lebensversicherungen

Archivmeldung vom 26.01.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 26.01.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die „Garantien“, die britische Lebensversicherer im Rahmen sogenannter With-Profits Funds bzw. Pools mit garantiertem Wertzuwachs den Versicherungsnehmern gewähren, beruhen überwiegend auf einer Risikogemeinschaft der Versicherungsnehmer.

Garantieleistungen werden daher nicht vorrangig aus dem Vermögen der Versicherungsgesellschaft erbracht, sondern vor allem über eine Art Umverteilung der Vermögenswerte der Versicherungsnehmer. Dieses System ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass viele der entsprechenden Policen in den letzen Jahren eine im Vergleich zur Entwicklung der Börsen unbefriedigende Wertsteigerung erfuhren – gleichzeitig ist es bis heute nur den wenigsten Betroffenen in Deutschland bekannt.

Policen britischer Lebensversicherer kamen in Deutschland verstärkt ab Mitte der 90-er Jahre auf den Markt. Sehr häufig wurden sie im Rahmen von Rentenmodellen eingesetzt, die im Kern aus der Einmaleinzahlung in eine Lebens- oder Rentenversicherung über ein Bankdarlehen bestanden. Angeboten wurden solche Rentenmodelle beispielsweise unter den Bezeichnungen Sicherheits-Kompakt-Rente (SKR) oder Schnee-Rente, System-Rente, Individual-Rente, Lex-Konzept-Rente oder Lex-Rente, Europlan, Novarent, und Profit-Plan.

Die Lebensversicherungsverträge stammten häufig von der britischen Gesellschaft Clerical Medical (CMI). Sie basierten auf der Einzahlung in einen sogenannten With-Profits Fund bzw. Pool mit garantiertem Wertzuwachs. Nach dieser Bezeichnung wäre eigentlich davon auszugehen, dass dem Versicherungsnehmer ein Wertzuwachs der Police garantiert wird. Allerdings ist auch ein „Wertzuwachs“ von null möglich. Auch wenn auf diese Möglichkeit in den Verbraucherinformationen oder Policenbedingungen hingewiesen wurde, so ist sie an sich nach unserer Bewertung nur schwer mit dem Wortsinn des Begriffs „garantierter Wertzuwachs“ in Einklang zu bringen, da ein wirklicher Zuwachs des Wertes ja eben nicht garantiert ist.

Unabhängig davon soll auch garantiert sein, dass ein einmal erreichter Wert der Police nicht mehr fällt, wenn der Vertrag vereinbarungsgemäß abgewickelt wird. Die Garantie greift also beispielsweise nicht, wenn der Vertrag vorzeitig beendet wird.

Im Hinblick auf diese Garantie gingen alle Versicherungsnehmer von Clerical Medical (CMI), mit denen wir bisher gesprochen haben, davon aus, dass gegebenenfalls vor allem Clerical Medical (CMI) eine Garantieleistung in Form des Ausgleichs eines etwaigen Wertverlustes erbringen würde. Aus unserer Sicht ist ein derartiges Verständnis zwingend. Wer eine Garantie gewährt, hat gegebenenfalls auch die Garantieleistung zu erbringen. Tatsächlich entspricht das aber nur sehr beschränkt dem System, nach dem Garantien in britischen With-Profits-Funds bzw. Pools mit garantiertem Wertzuwachs abgewickelt werden.

Soweit wir dieses System bisher nachvollziehen können, verstehen sich With-Profits-Fonds bzw. Pools mit garantiertem Wertzuwachs aus Sicht der Versicherungsgesellschaften zunächst als ein geschlossenes System, in das die Versicherungsgesellschaft nur in außergewöhnlichen Fällen eigene Mittel einbringt. Im Wesentlichen werden die Garantieleistungen daher durch eine Art Umverteilung der Vermögenswerte der Versicherungsnehmer bedient. Clerical Medical (CMI) lässt diesbezüglich zumindest heute auch von einer Risikogemeinschaft sprechen, in der sich die Versicherungsnehmer zueinander befinden. Aus den Unterlagen, die die Versicherungsnehmer vor dem Abschluss der Verträge erhalten haben, wäre uns die Bezeichnung als Risikogemeinschaft bisher hingegen nicht bekannt.

Die Risikogemeinschaft beinhaltet, dass ein Versicherungsnehmer wirtschaftlich betrachtet auch für die Garantien anderer Versicherungsnehmer einzustehen hat, die ihren Vertrag vor, mit oder nach ihm abgeschlossen haben. Umgesetzt wird das beispielsweise dadurch, dass Clerical Medical (CMI) nach einer schlechten Entwicklung der Börsen alle oder einzelne Gruppen von Versicherungsnehmern eines Pools unabhängig davon mit sogenannten Garantiekosten belasten kann, ob sich die schlechte Entwicklung der Börse innerhalb der Vertragslaufzeiten vollzogen hat. So könnten beispielsweise einem Versicherungsnehmer, der seinen Vertrag Ende 2002 oder Anfang 2003 und damit zu einem aus Sicht der Börsen günstigen Zeitpunkt abgeschlossen hat, Garantiekosten wegen des Börseneinbruchs im Jahr 2000 abgezogen werden. Neben der Belastung mit Garantiekosten kann Clerical Medical (CMI) auch noch den deklarierten Wertzuwachs deutlich unterhalb der tatsächlichen Entwicklung des Pools halten, um die verbleibende Differenz zur Bedienung der Garantien heranzuziehen.

Man mag eine solche Risikogemeinschaft aus Versicherungsnehmern, die sich zu verschiedenen Zeitpunkten und unterschiedlichen Rahmenbedingungen beteiligt haben, nicht grundsätzlich verurteilen, wir erachten aber zumindest die Aufklärung der deutschen Versicherungsnehmer über diesen wesentlichen Gesichtspunkt der Versicherungsverträge als ungenügend. Insbesondere die oben dargestellten Mechanismen hinter den Garantien, waren keinem Versicherungsnehmer, mit dem wir bisher gesprochen haben, vor seinem Vertragsabschluss bekannt. Zugleich geben die Betroffenen an, sich bei einer Kenntnis um die Risikogemeinschaft, in die sie sich begeben sollten, vom Abschluss des Vertrages mit Clerical Medical (CMI) abgesehen zu haben.

Für unsere Mandanten wurde Clerical Medical (CMI) daher auch mit entsprechenden Vorwürfen konfrontiert. Naturgemäß ist man dort der Auffassung, die Kunden nicht unzureichend aufgeklärt zu haben. Nach unserem Verständnis zieht man sich dabei bisher aber vor allem auf die Aufklärung über das sogenannte Glättungsverfahren oder Smoothing zurück. Tatsächlich erfolgten in diesem Zusammenhang Hinweise darauf, dass zur Glättung Kurszuwächse in einem gewissen Umfang einbehalten werden könnten. Weiter sind aber alle uns dazu bekannten Hinweise so zu verstehen, dass dieser Einbehalt nur zum maßvollen Ausgleich der Kursschwankungen geschehe und etwaige Überschüsse den Fälligkeitsbonus erhöhen könnten. Von Garantiekosten oder einem niedrigen deklarierten Wertzuwachs zur Bedienung von Garantien war im Zusammenhang mit dem Glättungsverfahren unseres Wissens hingegen nie die Rede.

Die Unkenntnis der Versicherungsnehmer wiegt besonders schwer, weil gerade die negativen Auswirkungen der Risikogemeinschaft maßgeblich für die unbefriedigende Entwicklung vieler Policen in den letzten Jahren verantwortlich sind. Viele unserer Mandanten haben sich daher bereits entschlossen, Schadensersatzansprüche gegenüber Clerical Medical (CMI) geltend zu machen.

Quelle: Rechtsanwälte Wihelm Lachmair & Kollegen

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