BGH begrenzt Haftung bei Produktrückrufen
Archivmeldung vom 18.12.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Bundesgerichtshof (BGH) hat bei der Risiko- und Kostenverteilung zwischen Herstellern und Zulieferern eine bedeutende Klarstellung getroffen.
"Entgegen verbreiteter Praxis ist ein Hersteller nicht generell verpflichtet, bei Rückrufen unsichere Teile kostenlos neu gegen alt austauschen", sagt Prof. Dr. Thomas Klindt, Rechtsanwalt bei Nörr Stiefenhofer Lutz in München und Honorarprofessor für europäisches Produktsicherheitsrecht an der Universität Kassel. Nach Ablauf der Gewährleistungsfrist sei ein Unternehmen nicht mehr in allen Fällen zur Nachrüstung verpflichtet, sondern nur noch zur effektiven Gefahrenabwehr, entschieden die Karlsruher Richter gestern (Urteil v. 16. Dezember 2008, Az.: VI ZR 170/07).
Produkthaftungsspezialisten in Unternehmen und Versicherungen bis nach USA und Australien hatten den Musterrechtsstreit in Deutschland bis zur Entscheidung in letzter Instanz beobachtet. In dem Fall des BGH waren Pflegebetten in Brand geraten, weil der Motor bei Kontakt mit Feuchtigkeit kurz schloss. Eine Kunde hatte die Motoren austauschen lassen und wollte die Kosten von dem Hersteller erstattet bekommen. Nach Ansicht des BGH zu Unrecht. Es genügte, dass der Hersteller seine Kunden vor der Brandgefahr warnte, so die Richter. Die Kunden müssen die Gefahr nun auf eigene Kosten beseitigen. Bislang gab es zu dieser Frage nur Urteile unterer Instanzen und ein anderslautende Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe.
"Die gesetzlichen Vorgaben für die Haftung in der Zulieferkette sind damit klarer geworden", sagt Klindt. "Es gibt keine zeitlich nahezu unbegrenzte Gewährleistung über den Umweg der Produkthaftung. Der Endkunde kann bei unsicheren Produkten nicht den verjährten Anspruch gegen den Verkäufer zu einem unverjährten Anspruch gegen den Hersteller umdeuten."
Bei Rückrufen spielen jedoch oft Kulanz und der Ruf des Unternehmens eine große Rolle, insbesondere beim Verkauf an Verbraucher, wie Klindt ergänzt. Umso wichtiger sei es, in der Zulieferkette vertragliche Absprachen über Rückrufkosten zu treffen oder an die Rechtsprechung anzupassen.
Quelle: NOERR STIEFENHOFER LUTZ