Leipziger Meteorologe errechnet Risiken für Hochwasser und Trockenheit
Archivmeldung vom 25.06.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas "Langzeitgedächtnis" von Flüssen kann zum Auftreten extremer Hochwasserlagen oder auch lang anhaltenden Trockenheiten führen. Dies wies der Leipziger Meteorologe Dr. Manfred Mudelsee in einer Untersuchung von sechs Flüssen in Europa, den USA und Afrikas nach. Die Erkenntnisse Mudelsees wurden jetzt von der Fachzeitschrift "Water Resources Research" der American Geophysical Union veröffentlicht.
Dr. Manfred Mudelsee beschäftigte sich für seine Forschung mit Langzeitmessungen
zur Menge des abfließenden Wassers in den Flüssen. "Die beste Abflusszeitreihe
liegt dabei für die Elbe vor, es gibt weltweit nichts besseres", erklärt der
Wissenschaftler. So seien zum Beispiel in Dresden seit 1852 die
Wasserdurchflussmengen täglich registriert worden, wobei nicht einmal
Kriegsereignisse die Messreihen unterbrachen. Doch auch in weiteren
Messstationen oberhalb und unterhalb der sächsischen Metropole wurden die Daten
über längere Zeiträume erfasst.
Auslöser für den Memory-Effekt ist die
Fähigkeit von Gewässern, sich bei stärker werdenden Durchflussmengen
Ausweichmöglichkeiten oder Reservoirs zu schaffen - ein "Kurzzeitgedächntnis".
Je weiter stromabwärts und damit unterhalb von weiteren Zuflüssen man sich
befindet, desto stärker wird aus dem Kurzzeit- ein "Langzeitgedächtnis", das für
einen möglichst optimalen Wasserablauf sorgt.
Aus den Messreihen und mit
Hilfe der mathematischen Methode der Wahrscheinlichkeitsrechnung kann der
Meteorologe nun ermitteln, wie wahrscheinlich es ist, dass an bestimmten
Flussabschnitten mit Hochwasser zu rechnen ist. "Ich kann dabei zwar das
Hochwasserereignis als solches nicht voraussagen, es ist aber möglich zu
berechnen, wie hoch das Risiko eines solchen Ereignisses ist."
Was sich
zunächst eher unspektakulär anhören mag, kann für die Wirtschaft, aber auch für
die Politik, von entscheidender Bedeutung sein. Lässt sich das Hochwasserrisiko
für mittelfristige Zeiträume darstellen, können daraus Investitions- und
Ansiedlungsentscheidungen abhängig gemacht werden. Wie wichtig das sein kann,
wird am Elbehochwasser von 2002 deutlich: Bei den Überschwemmungen in der
Tschechischen Republik und Deutschland kamen zahlreiche Menschen ums Leben, der
Sachschaden ging in die Milliarden.
Da er sich mit den langen Messreihen
der Elbe ausführlich befasst hat, kann Mudelsee bei der Klima-Risiko-Analyse
(climate risk analysis) für diesen Fluss für Winterhochwasser Entwarnung geben.
Durch den Klimawechsel vereist der Fluss nicht mehr so stark, so dass sich bei
Tauwetter keine Eisschollen in größerem Maße mehr anstauen und das Schmelzwasser
nahezu ungehindert ablaufen kann. Der Wissenschaftler warnt jedoch davor, diese
Erkenntnisse einfach übertragen zu wollen: "Jeder Fluss muss einzeln und für
sich genommen betrachtet werden, um eine qualifizierte Risikoanalyse vornehmen
zu können."
Anerkennung für seine Forschungsarbeit bekam Mudelsee übrigens von einem Wissenschaftler, der sich - wenn auch auf anderem Gebiet - ebenfalls mit der Berechnung von Zeitreihen befasst: Der Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften, Professor Clive Granger aus Kalifornien, befürwortete Mudelsees Deutung.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.