RFID-Etiketten mit digitalem Echtheitszertifikat
Archivmeldung vom 18.10.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittFunketiketten - so genannte RFID-Chips (Radio Frequency Identification Devices) - sind auf dem besten Wege, sich in der Logistik und bei der individuellen und fälschungssicheren Markierung von Waren zu etablieren. RFID-Etiketten, so genannte Tags, tragen in ihrem Inneren einen Chip, der Informationen wie Zieladresse oder Haltbarkeitsdatum enthält. Per Funksignal lassen sich diese Informationen abrufen - etwa im Wareneingang einer Firma.
Anders als beim Barcode ist dafür keine Sichtverbindung nötig. Die kleinen
Datenträger lassen sich sogar durch Verpackungen hindurch auslesen. Doch ohne
Schutzmaßnahmen hat die drahtlose Funkverbindung ihre Tücken, und die über die
Luft transportierten Daten könnten von Produktpiraten ausspioniert werden.
Gelingt es beispielsweise, den Datensatz oder die Identifikationsnummer von
hochwertiger Markenkleidung zu kopieren, könnten diese beliebig vervielfältigt
und auf unechte Funketiketten geschrieben werden. Günstige Imitate würden sich
in der ganzen Lieferkette als wertvolle originale Ware ausweisen. Es gilt also,
den RFID-Funkverkehr fälschungssicher zu machen. Heute existierende Verfahren
gewährleisten zwar eine ausreichende Datensicherheit, sind jedoch mit einem
verhältnismäßig hohen Rechenaufwand verbunden. Weniger rechenintensive Verfahren
wiederum erfordern eine aufwändige Infrastruktur und passten bisher nicht auf
die kleinen RFIDs. "Unser Ziel war es, unseren Kunden eine Lösung anzubieten,
die sie unabhängig von der Infrastruktur macht, und beispielsweise den
permanenten Anschluss an eine Datenbank erübrigt", so Lechner. "Wir haben nach
einer Lösung gesucht, mit der mobil und autark die Echtheit von RFIDs geprüft
werden kann."
Mathematiker aus dem Bereich Corporate Technology (CT) in
München haben jetzt eine Methode gefunden, die benötigten Verfahren so weit zu
verdichten, dass sie weltweit erstmals auch auf RFIDs ablaufen können. Dadurch
wird der Echtheitsnachweis anwenderfreundlich und im großen Stil einsetzbar. Die
Forscher aus München setzen dabei auf das so genannte asymmetrische
Verschlüsselungsprinzip, das Fachleute von der "symmetrischen Verschlüsselung"
abgrenzen. Bei der herkömmlichen symmetrischen Verschlüsselung arbeiten das
Lesegerät, mit dem man den Code scannt, und das Funketikett mit demselben
geheimen Schlüssel. Das ist eine sehr komplexe Lösung, weil man im Lesegerät
mitunter Hunderte von RFID-Schlüsseln für viele verschiedene Produkte
abspeichern muss. Zwar lässt sich ein Lesegerät z.B. via Internet mit einer
Datenbank koppeln, die die Schlüssel verwaltet, aber auch das erhöht die
Komplexität des gesamten RFID-Systems.
Mit dem asymmetrischen System
vermeiden die Forscher aus München einen derartigen Datenwust, denn bei diesem
Verfahren benötigt nur der RFID-Code eine Art Sicherheitszertifikat. Dieses
Zertifikat kann zwar vom Lesegerät erkannt, aber weder kopiert noch verändert
werden. Möglich macht das eine komplexe mathematische Signatur der
Etikett-Information. Für gewöhnlich werden für die Generierung dieser Signatur
lange Primzahlen miteinander multipliziert, wofür umfangreiche Datenmengen
gespeichert werden müssen. Von den Chips auf EC-Karten oder Smart-Cards können
diese Datenmengen zwar problemlos verarbeitet werden, die Leistung eines
winzigen Funketiketts sprengten sie bislang aber bei weitem. Nicht so bei der
neuen Methode. Den Forschern gelang es dank intelligenter Berechnung, die
Datenmenge um mehr als die Hälfte zu reduzieren. "Wir stellen die Information
nicht mit großen Primzahlen dar, sondern - auch das ist ein weit verbreitetes
Verfahren - als Punkte auf einer Kurve", erklärte Dr. Stephan Lechner, Leiter
des Bereichs Sicherheitsforschung bei CT. "Die Reduktion erreichen wir, indem
wir einfach Koordinaten weglassen. Wir weben eine Art mathematisches Netz, das
zwar ausgedünnt ist, auf dessen Tragfähigkeit wir uns aber verlassen können."
Die neue Siemens-Methode arbeitet so platzsparend, dass sich damit erstmals
asymmetrische Verfahren auf RFID-Chips unterbringen lassen. Das ist vor allem
deshalb bemerkenswert, weil das Thema noch Ende 2004 für so schwierig gehalten
wurde, dass es in der internationalen Studie des Bundesamts für Sicherheit in
der Informationstechnik keine Berücksichtigung findet.
Künftig könnten
mit dem neuen Verfahren RFID-Etiketten für die berührungslose automatische
Zugangskontrolle ausgerüstet oder beispielsweise Musik- und Software-CDs mit
eingearbeiteten oder aufgeklebten Tags versehen werden. Mit dem neuen Verfahren
kann beispielsweise der Zoll die Echtheit der Ware an jeder beliebigen Stelle
des Transports mobil überprüfen. Eine weitere Anwendung sind Frachtpapiere. "Es
kommt heute durchaus vor, dass ganze Container mit Hilfe gefälschter
Frachtpapiere von Lagerplätzen gestohlen werden", sagte Lechner. "Will später
der rechtmäßige Besitzer die Ware abholen, ist sie bereits weg." Um derlei
Diebstahl zu vermeiden, könnten Frachtpapier und Container über RFID-Etiketten
mit asymmetrischer Kryptographie gekoppelt werden. Nur wenn das Frachtpapier das
richtige Zertifikat enthält, wird die Ware ausgeliefert. "Bei dem Volumen der
anfallenden Frachtpapiere ist eine solche Echtheitskontrolle nur mit einer
dezentralen Zertifikatsüberprüfung auf einem mobilen Endgerät praktikabel. Dafür
liefern wir jetzt erstmalig die Voraussetzungen." Lechner und seine Mitarbeiter
passen ihre Methode derzeit an unterschiedliche Anwendungen in den
Siemens-Bereichen an. Künftig soll dann die asymmetrische Kryptografie auf
RFID-Etiketten auch externen Kunden zur Verfügung stehen.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.