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Auf der Jagd nach der Dunklen Energie

Archivmeldung vom 30.03.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 30.03.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Jens Brehl
eRosita soll der neue Star am Himmel werden - hier ein Designentwurf des deutschen Röntgenteleskops. Bild: Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik
eRosita soll der neue Star am Himmel werden - hier ein Designentwurf des deutschen Röntgenteleskops. Bild: Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik

Man sieht sie nicht, man spürt sie nicht - und doch ist sie so stark, dass sie das Universum auseinandertreibt:

Es geht um die bisher weitgehend unerforschte Dunkle Energie. Nach diesem geheimnisvollen Stoff soll das Röntgenteleskop eRosita (extended Roentgen Survey with an Imaging Telescope Array) von 2011 an fahnden. Der Grundstein für das internationale Projekt wurde vergangene Woche in Moskau gelegt, die Mittel für die Wissenschaftler aus München fließen nun zum 1. April 2007.

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat mit der Zuwendung von 21 Millionen Euro den Weg für eRosita freigemacht. Die Forscher am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) in Garching bei München können nun mit der Entwicklung des Röntgenteleskops beginnen. Bereits am 23. März war in Moskau zwischen DLR und der russischen Agentur Roskosmos eine Vereinbarung, ein sogenanntes Memorandum of Understanding, unterzeichnet worden. Damit ist sichergestellt, dass das deutsche Röntgenteleskop auf einem russischen Satelliten fliegen kann.

"Ein lange gehegter Traum wird Wirklichkeit!", sagt Prof. Günther Hasinger, leitender Wissenschaftler des Projekts und Direktor am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik. Der Galaxien-Späher soll die Tradition deutscher Astronomen bei der Beobachtung des Röntgenhimmels fortsetzen, die im Jahr 1990 mit dem ebenfalls am MPE entwickelten Satelliten Rosat begonnen hatte. Am Bau von eRosita wirken wissenschaftliche Institute ebenso mit wie die Industrie.

"Mit diesem anspruchsvollen und ehrgeizigen Projekt bauen wir in Deutschland unsere international starke Stellung in der Röntgenastronomie weiter aus", erklärt DLR-Vorstandsmitglied Ludwig Baumgarten. "Die hohen Standards und die enorme wissenschaftliche Erkenntnis, die wir bereits in der Vergangenheit mit der Mission Rosat und den Beteiligungen an XMM Newton und Chandra gesetzt und erworben haben, werden nun nochmals übertroffen", fügt er hinzu.

Das Röntgenteleskop aus Deutschland wird auf dem russischen Satelliten Spektrum-Röntgen-Gamma (SRG) installiert. Es besteht aus sieben einzelnen Spiegelsystemen mit knapp 36 Zentimetern Öffnung und jeweils 54 ineinander geschachtelten Spiegelschalen, die den gesamten Himmel parallel durchmustern werden. Die Kombination aus Sammelfläche, Gesichtsfeld und Auflösungsvermögen ist bisher unerreicht.

Im Brennpunkt jedes Röntgenspiegels sitzt eine CCD-Kamera (Charge Coupled Device). Die sieben elektronischen "Augen" müssen während des Betriebs auf eine Temperatur von minus 80 Grad gekühlt werden. In den Kameras steckt Know-how aus dem Halbleiterlabor, das die Max-Planck-Institute für Physik und extraterrestrische Physik in München unterhalten und aus dem die weltweit empfindlichsten Röntgendetektoren stammen - etwa für den europäischen Satelliten XMM-Newton und die beiden US-amerikanischen Marsrover Spirit und Opportunity.

Wie ist das Universum entstanden? Wie sieht seine Zukunft aus? Was lehren uns Geburt und Entwicklung von Galaxien über die Dynamik des Weltalls? Diese Fragen beschäftigen die Astrophysiker zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Und erst seit Kurzem wissen sie, dass sie lediglich vier Prozent des Kosmos sehen. Etwa 73 Prozent der mittleren Energiedichte des Universums stecken in der Dunklen Energie, weitere 23 Prozent bestehen aus nicht-baryonischer Dunkler Materie. Die Eigenschaften der beiden "Stoffe" sind noch weitgehend unbekannt. Hier setzt die Mission eRosita an: Der Satellit soll die unterschiedlichen Anteile der kosmischen Energiedichte mit bisher unerreichter Genauigkeit bestimmen.

Dazu wird eRosita rund 100 000 Galaxienhaufen unter die Lupe nehmen, also Ansammlungen von Tausenden einzelnen Milchstraßensystemen. Die fliegende Sternwarte registriert die Röntgenstrahlung des heißen Gases, das sich jeweils im Zentrum eines Galaxienhaufens ansammelt. Die Beobachtungen geben die räumliche Verteilung der großräumigen Strukturen aber nicht nur zum gegenwärtigen Zeitpunkt wieder; weil die Haufen sehr weit entfernt sind und das Licht entsprechend lange braucht, um von diesen Objekten zu uns zu gelangen, bedeutet ein Blick in die Ferne gleichzeitig eine Reise in die Vergangenheit.

Aus dem Vergleich mit der Gegenwart, also aus der Beobachtung nahe gelegener Haufen, können die Astronomen auf die zeitliche Variation der Strukturen schließen - und damit auf die Rolle der Dunklen Energie, die als treibende Kraft hinter der Veränderung steckt. "Die Auswirkungen der Dunklen Energie sind extrem schwach und werden erst auf sehr großen Skalen wirksam, so dass man praktisch das ganze sichtbare Universum braucht, um sie zu studieren. Und genau das leistet eRosita", sagt Günther Hasinger.

eRosita soll im Jahr 2011 von Baikonur aus an Bord des russischen Satelliten Spektrum-Röntgen-Gamma (SRG) mit einer Soyus-Fregat-Rakete auf eine 600 Kilometer hohe Erdumlaufbahn gebracht werden und mindestens fünf Jahre im All arbeiten.
An dem Projekt sind zahlreiche Institutionen und Firmen beteiligt: Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik und Max-Planck-Institut für Astrophysik, beide aus Garching bei München, Institut für Astronomie und Astrophysik der Universität Tübingen, Astrophysikalisches Institut Potsdam, Universitätssternwarte Hamburg, Remeis-Sternwarte Bamberg, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Roskosmos und Space Research Institute, beide aus Moskau, Kayser-Threde GmbH, Carl Zeiss AG und Medialario (Italien).

Quelle: Pressemitteilung Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.

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