Wissenschaftler zeigen, wie Erinnerungen entstehen
Archivmeldung vom 01.10.2016
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.10.2016 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittErinnerungen werden über Veränderungen in den Synapsen abgespeichert. Forscher der Duke University und des Max Planck Florida Institute for Neuroscience konnten unerwartete molekulare Mechanismen in diesem Bereich nachweisen. Die in "Nature" veröffentlichten Ergebnisse könnten neue Einblicke in die Entstehung von Krankheiten wie Epilepsie ermöglichen.
Laut Mitautor James McNamara von der Duke University beginnt die Wissenschaft jetzt zu verstehen, wie Erinnerungen in gesunden Gehirnen entstehen und auch wie sich ein normales Gehirn in ein an Epilepsie erkranktes verwandelt. Beim Erwerb neuer Erinnerungen verstärken sich die Verbindungen zwischen bestimmten Neuronen. Vor allem die Infos empfangenden Enden der Neuronen, kleine Noppen, werden etwas größer.
Forscher gehen seit einiger Zeit davon aus, dass der Gehirn-Rezeptor TrkB beim Wachstum dieser Noppen eine Rolle spielt. Die aktuelle Studie bestätigt, dass das tatsächlich der Fall ist. Zusätzlich konnten weitere Erkenntnisse über seine Funktion gewonnen werden. Entscheidend für die Arbeit der Wissenschaftler war die Entwicklung eines molekularen Sensors zur Beobachtung der Aktivitäten von TrkB und entsprechender Mikroskope, die es ermöglichten, eine einzelne Noppe bei lebendem Gehirngewebe von Mäusen in Echtzeit zu visualisieren.
Es gelang zusätzlich, mit Glutamat eine winzige Menge einer Signal gebenden Chemikalie hinzuzufügen. Das Ziel bestand darin, nachzuahmen, was während des Lernens geschieht. Es zeigte sich, dass die Noppen dabei tatsächlich wuchsen. Laut McNamara verfügt das Gehirn einer Maus über rund 70 Mio. Neuronen, die meisten besitzen eine Vielzahl dieser Noppen. Auch konnte nachgewiesen werden, dass es ohne TrkB zu keinem Wachstum der Noppen als Reaktion auf Glutamat kommt.
Wissen um Temporallappen-Epilepsie
Die Wissenschaftler vermuteten, dass mit BDNF ein weiterer Faktor eine entscheidende Rolle spielt, da er der molekulare Schlüssel zum Schloss von TrkB ist. Daher entwickelte das Team auch für BDNF einen Sensor. Es konnte nachgewiesen werden, dass die Nachahmung des beim Lernen entstehenden Signals zur Freisetzung von BDNF am empfangenden Ende der Synapse führt. Das war insofern überraschend, da bisher davon ausgegangen wurde, dass BDNF nur vom sendenden Neuron und nicht vom empfangenden freigesetzt wird.
Obwohl diese Experimente bislang nur bei Mäusen durchgeführt wurden, dürfte die Interaktion zwischen TrkB und BDNF laut McNamara auch beim Menschen eine wichtige Rolle spielen. Sie dürften vor allem bei einer der häufigsten Formen von Epilepsie, der Temporallappen-Epilepsie, von Bedeutung sein. Dabei werden die Gehirnregionen in Mitleidenschaft gezogen, die für das Lernen und das Gedächtnis relevant sind.
Quelle: www.pressetext.com/Michaela Monschein