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Eiskalte Eruptionen – Satellitenaufnahmen sollen vor Vulkanausbrüchen warnen

Archivmeldung vom 22.10.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.10.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Bild: Barbara Dulitz / pixelio.de
Bild: Barbara Dulitz / pixelio.de

Land der Extreme: Island ist die größte Vulkaninsel der Welt und gleichzeitig zu rund zehn Prozent von Gletschern bedeckt. Die vulkanische Aktivität ist für die Bewohner der Insel eine Gefahr, kann aber auch – wie die jüngsten Ausbrüche eindrucksvoll zeigten – für den europäischen Flugverkehr zum Risiko werden. Als Leiter eines Radarsatellitenprojekts mit dem deutschen Satelliten TerraSAR-X hat der LMU-Geologe Dr. Ulrich Münzer im März und April in einer internationalen Zusammenarbeit die Vulkanausbrüche und ihre Auswirkungen nahezu in Echtzeit überwacht.

Darauf aufbauend soll nun ein satellitengestütztes Frühwarnsystem eingerichtet werden. Grundlage der Analysen sind hochauflösende Radaraufnahmen des Satelliten TerraSAR-X, der vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen betrieben wird. „Wir konnten die Ausbrüche Fimmvörduháls und am Eyjafjallajökull in einer sehr engmaschigen Zeitserie verfolgen und erstmals auch einen Gletscherlauf im Detail erfassen“, berichtet Münzer. „Möglicherweise können in Zukunft Vulkanausbrüche unter Gletschern und andere Naturereignisse fast lückenlos überwacht werden. Ab nächstem Jahr soll auch der Schwestersatellit TanDEM-X Daten liefern und so mit dem TerraSAR-X ein globales Oberflächenmodell der Erde mit bislang unerreichter Genauigkeit ermöglichen.“ (Schriftenreihe der Deutschen Gesellschaft für Photogrammetrie, Fernerkundung und Geoinformation, Oktober 2010)

Island ist ein geologischer Hotspot mit beeindruckender Bilanz: Seit der letzten Eiszeit sind auf der Insel etwa 200 Vulkane ausgebrochen und haben dabei bis zu 500 Kubikkilometer Magma, also flüssiges Gestein aus dem Erdinneren, zutage gefördert. Seit der Besiedlung Islands vor mehr als 1.100 Jahren sind noch immerhin rund 30 Vulkansysteme aktiv. Feuer bestimmt die Geologie der Insel aber nicht allein: Zu rund zehn Prozent liegt Island unter Eis. „Unter den Gletschern gibt es gewaltige subglaziale Vulkanausbrüche, die durch seismische Aktivitäten ausgelöst werden“, berichtet Dr. Ulrich Münzer vom Department für Geo- und Umweltwissenschaften, Sektion Geologie, der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München. „Die Eruptionen schmelzen große Teile des Eises ab, was zu verheerenden Gletscherläufen führen kann.“

Bislang konnten subglaziale und frei an der Erdoberfläche ablaufende Ausbrüche nicht zuverlässig und vor allem nicht frühzeitig vorhergesagt werden. Seit 2008 liefert der Radarsatellit TerraSAR-X, den das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR betreibt, aber aus mehr als 500 Kilometern Höhe hochauflösende Daten bis zu einer Bodenauflösung von einem Meter. „Der Satellit hat eine Wiederholungsrate von elf Tagen, um die gleiche Orbitposition zu bekommen“, berichtet Münzer. „Weil Island so weit nördlich liegt, können die Untersuchungsgebiete auf der Insel fast täglich zweimal aufgenommen werden. Die Satellitendaten stehen uns Forschern dann wenige Stunden nach der Aufnahme zur Verfügung.“

Damit ist erstmals eine satellitengestützte Überwachung fast in Echtzeit möglich. Dies wiederum erlaubt auch eine Frühwarnung vor Eruptionen, weil Veränderungen am Vulkan lückenlos verfolgt und untersucht werden können. Das Team, dem neben Münzer auch isländische Wissenschaftler sowie Glaziologen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und des DLR angehören, konnte sogar einen Gletscherlauf im Detail erfassen. Dabei lässt ein Vulkanausbruch gigantische Mengen Eis abschmelzen, die in kurzer Zeit ablaufen und ganze Landstriche verwüsten können – was eine Frühwarnung essenziell macht.

Wie einige andere isländische Zentralvulkane liegt auch der 80 Quadratkilometer große Eyjafjallajökull unter Eisschichten, die bis zu 200 Meter dick sind. Noch mächtiger aber ist der benachbarte Myrdalsjökull unter 600 Quadratkilometern Eisfläche mit dem Vulkan Katla, der kontinuierlich durch TerraSAR-X überwacht wird, weil ein Ausbruch seit Längerem erwartet wird. Ab 2011 soll TerraSAR-X in engem Formationsflug mit dem Schwestersatelliten TanDEM-X den Planeten vermessen. „Innerhalb von knapp drei Jahren soll die gesamte Landfläche der Erde aufgenommen werden“, sagt Münzer. „Das wird uns neue aktuelle digitale Oberflächenmodelle von bislang unerreichter Genauigkeit liefern“. 

Quelle: Ludwig-Maximilians-Universität München

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