Absolvent dokumentiert einen Erdstall als virtuelles und maßstäbliches 3D-Modell
Archivmeldung vom 11.04.2014
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDer Absolvent des Studiengangs Vermessung und Geoinformatik an der Hochschule Würzburg-Schweinfurt, Roman Schüßler, hat ein außergewöhnliches Thema als Bachelorarbeit gewählt: die „Dokumentation eines Erdstalles mit terrestrischem Laserscanning“. Seine interdisziplinäre Aufgabe bestand darin, den Erdstall im bayerischen Altnußberg zu erfassen, in einem 3D-Modell zu modellieren und die unterirdischen Gangsysteme optisch darzustellen. Bislang war dies nur mit herkömmlichen Methoden, wie einem Zollstock und dem Kompass, möglich.
„Erdställe“, so der junge Wissenschaftler, „sind von Menschenhand geschaffene unterirdische Gangsysteme, die zwischen dem 10. und 12. Jahrhundert errichtet wurden. Besondere Kennzeichen dieser Anlagen sind die Enge, die keine aufrechte Begehung und oft nur eine kriechende Erkundung zulassen, sowie die als Schlupfe bezeichneten Verbindungen der Kammern und Gänge in horizontaler oder vertikaler Richtung. Der Verwendungszweck dieser Anlagen ist nach wie vor ungeklärt.“ In Bayern sind bislang mehr als dreihundert Erdställe bekannt, darüber hinaus gibt es sie in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt, Österreich, Polen, Tschechien, der Slowakei und Ungarn. Nach heutigem Wissensstand wird angenommen, dass mit Beginn des 13. Jahrhunderts die Nutzung der Erdställe eingestellt und die meisten Zugänge blockiert oder bewusst verschüttet wurden. Der eigentliche Zweck der Bauwerke bleibt unklar.
Der Erdstall in Altnußberg wurde 1879 entdeckt und ist über einen Zugang im Keller einer ehemaligen Scheune erreichbar. Schüßler hat im November 2013 das gesamte System erstmalig wissenschaftlich erfasst und gescannt. Der Ausdruck mit Kunststoff in einem 3D-Drucker verschafft einen bildlich-räumlichen Eindruck über den Erdstall. Darüber hinaus kann man sich im virtuellen Labor in der Hochschule in Schweinfurt, ohne sich durch enge Gänge zu bewegen oder Gummistiefel anzuziehen, durch die kleinen und größeren Räumlichkeiten „bewegen“.
„Die gewählten Meßverfahren“, so Schüßler, „sollen im Nachhinein in Hinblick auf zukünftige Bestanddokumentation weiterer unterirdischer Anlagen bewertet und die Ergebnisse dem Arbeitskreis für Erdstallforschung in geeigneter Weise zur Verfügung gestellt werden.“ Mit seiner 80 Seiten umfassenden Bachelorarbeit hat der Hochschul-Absolvent gezeigt, dass mit der Anwendung moderner Vermessungsmethoden und Auswerteprogrammen selbst kleine Innenräume und Details erfasst und anschaulich dargestellt werden können. Dies gilt z.B. auch für Tropfstein-Höhlen oder historische Räume und Gebäude in Museen. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Erhebung stehen der interessierten Öffentlichkeit z.B. über den Arbeitskreis für Erdstallforschung zur Verfügung.
Quelle: Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt (idw)