Neue Erkenntnisse zur Herkunft der Tiere
Archivmeldung vom 20.06.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Herkunft der Vielzeller ist bis heute nicht zufrieden stellend geklärt. Wissenschaftler der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover und der Yale University in den USA liefern jetzt ein wichtiges Teil zu diesem Puzzle des Lebens. In der Juni-Ausgabe 2006 des amerikanischen Fachmagazins, Proceedings of the National Academy of Science of the USA (PNAS), beschreiben sie die einzigartige Struktur des mitochondrialen Genoms der Placozoa.
Ihre Ergebnisse deuten daraufhin, dass die Placozoa ein Übergangsstadium
zwischen Ein- und Vielzellern bilden. Placozoa sind die strukturell einfachsten
aller Vielzelligen Tiere (Metazoa). Mit nur einer einzigen Art, Trichoplax
adhaerens, bilden sie einen eigenen Tierstamm. Bei ihren Untersuchungen
konzentrierten sich die Wissenschaftler auf die Mitochondrien der Placozoa:
Zellorganellen, die für die Energieversorgung in der Zelle zuständig sind. Sie
enthalten, zusätzlich zum Erbgut im Zellkern, einen eigenen Satz
Erbinformationen.
Die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Bernd Schierwater,
Leiter des Instituts für Tierökologie und Zellbiologie der TiHo, konnte
gemeinsam mit der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Stephen Dellaporta von der Yale
Universität zeigen, dass das Genom in den Mitochondrien von Trichoplax adhaerens
das Größte aller Vielzeller ist. Es ist mehr als doppelt so groß wie bei anderen
Vielzellern und gleichzeitig halb so groß wie bei Einzellern. Das mitochondriale
Genom von Trichoplax adhaerens enthält genau wie bei Einzellern (z.B. Amöben)
zusätzliche Gene und so genannte Introns (nicht übersetzbare Bereiche innerhalb
von Genen). Das ist einzigartig und verweist auf einen direkten Übergang vom
Einzeller zum Vielzeller. Auch die Sequenzanalyse aller mitochondrialen Gene
unterstützt die These, dass die Placozoa der Ursprung aller Vielzeller sind.
Bereits vor 100 Jahren waren Wissenschaftler der Meinung, dass die
Placozoa den Ursrpung aller Vielzelligen Tiere darstellen. Diese Tiere mit einem
Durchmesser von wenigen Millimetern leben in warmen Meeren, vor allem an
Korallenriffen. Sie haben keinen Kopf oder Schwanz, Rücken oder Bauch, keine
Körperachse, keine Symmetrie und keine Organe. Der gesamte Tierstamm besteht
bisher nur aus einer einzigen Art: Trichoplax adhaerens. Im Zuge der Neuordnung
der Stammbäume durch DNA-Analysen in den 1990er Jahren wurden sie den
Nesseltieren (Quallen und Polypen) zugeordnet. Mit der Erforschung des
mitochondrialen Genoms von Trichoplax adhaerens erhält der Stammbaum der
Vielzelligen Tiere erstmals eine Wurzel, die es ermöglicht, die Herkunft aller
anderen Tierstämme sehr viel besser als bisher ableiten zu können. "Einige der
bisher verborgen gebliebenen Geheimnisse der Entstehung der Vielzeller werden
vielleicht entschlüsselt werden können, jetzt da der nächste lebende Verwandte
des Ur-Ahnen aller Vielzelligen Tiere identifiziert scheint," sagt Prof. Dr.
Bernd Schierwater.
Der vollständige Artikel ist im Internet einsehbar,
unter:
http://www.pnas.org/cgi/reprint/0602076103v1.pdf
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.