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Auf den Zahn gefühlt: 3D-Analyse von Tierzähnen verrät Essverhalten

Archivmeldung vom 31.07.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 31.07.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
3D-Modelle von den Zahnreihen eines Spitzmaulnashorns. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Forschungscluster „Zahnfunktion“ haben eine spezielle Software entwickelt, mit der Tiere und Menschen virtuell „Kauen lernen“. Durch Simulierung der Nahrung können sogar die Kräfte berechnet werden, die beim Kauen entstehen.
Quelle: Foto: UHH/Hallay (idw)
3D-Modelle von den Zahnreihen eines Spitzmaulnashorns. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Forschungscluster „Zahnfunktion“ haben eine spezielle Software entwickelt, mit der Tiere und Menschen virtuell „Kauen lernen“. Durch Simulierung der Nahrung können sogar die Kräfte berechnet werden, die beim Kauen entstehen. Quelle: Foto: UHH/Hallay (idw)

„Zeig uns deine Zähne, und wir wissen, was du isst“ – nach diesem Motto arbeitet das Wissenschaftler-Team der Abteilung „Säugetiere“ des Zoologischen Museums der Universität Hamburg um Prof. Dr. Thomas Kaiser und Dr. Ellen Schulz. Sie untersuchen die Abnutzung von Tierzähnen und können aus den Ergebnissen auf die Nahrung der Probanden schließen. So lassen sich auch Erkenntnisse über das Essverhalten bereits ausgestorbener Arten gewinnen. Mit 3D-Analysen und erstmals mit industriellen Mess-Standards wurden unter anderem die Kauflächen von Affenzähnen untersucht. Die Ergebnisse wurden nun im Fachmagazin „Journal of Human Evolution“ veröffentlicht.

Zahnreihe eines afrikanischen Spitzmaulnashorns. Die Winkel der Kaufläche sind in diesem 3D Modell in Farben umgesetzt. Blautöne sind flache Täler, in denen Blattnahrung durch hohe Drücke „ausgequetscht“  wird. Rot und orange zeigen Schneidekanten. Hier herrschen die höchsten Scherkräfte im Kausystem.
Quelle: Foto: UHH/Landwehr (idw)
Zahnreihe eines afrikanischen Spitzmaulnashorns. Die Winkel der Kaufläche sind in diesem 3D Modell in Farben umgesetzt. Blautöne sind flache Täler, in denen Blattnahrung durch hohe Drücke „ausgequetscht“ wird. Rot und orange zeigen Schneidekanten. Hier herrschen die höchsten Scherkräfte im Kausystem. Quelle: Foto: UHH/Landwehr (idw)

In der aktuellen Ausgabe (63/2012) berichten Kaiser und Kolleg/inn/en von einem Forschungsprojekt, bei dem sie den Anteil von Früchten an der Nahrung von acht verschiedenen Affenarten untersuchten. Der im Wortsinn Knackpunkt der Analyse waren die Spuren der Fruchtkerne, die nach dem Zerbeißen auf den Zähnen der Affen zurückblieben. Modernste 3D-Analysen machen die Kerben im Zahn sichtbar und ermöglichen es, die Zahn-Oberflächen auf Verschleißmerkmale zu untersuchen.

Dabei kommt die am Zoologischen Museum entwickelte Methode „Dental Areal Surface Texture Analysis“ (DASTA) zum Einsatz. Hierbei werden erstmals international genormte Mess-Standards angewendet, die sonst von Oberflächenuntersuchungen in der Auto-Industrie bekannt sind. So werden z.B. geometrische Eigenschaften der Kaufläche wie Tiefe und Weite des Zahntals analysiert. „Der Zahn ist beim Kauen die Schnittstelle zum Lebensraum. Deshalb muss man verstehen, was an den Zähnen passiert“, erklärt Prof. Dr. Thomas Kaiser. „Wir sind die ersten, die ISO- und DIN- genormte Oberflächen-Messverfahren für die Biowissenschaften nutzen und haben inzwischen manchmal mehr Erfahrung damit als die Industrie.“

Bei den Affen zeigte sich, dass die Zähne der Tiere, die viele Früchte mit großen harten Kernen fressen, eine komplex vernarbte Oberfläche aufweisen und sich von denen anderer Arten unterscheiden, die hauptsächlich Gras rupfen. Mit diesen Erkenntnissen lassen sich auch Rückschlüsse auf die Ernährung bereits ausgestorbener Primaten ziehen.

Die Analyse der Zahnfunktion ist eine neue Forschungsrichtung der Biologie. „Die Innovation der Säugetiere im Vergleich zu anderen Wirbeltieren ist, dass sie kauen können. Die Bezahnung spielt somit die Schlüsselrolle für die gesamte Säugetierexistenz“, erklärt Thomas Kaiser. „Wir waren sehr erstaunt, als wir festgestellt haben, wie wenig über die grundlegenden Funktionen der Zähne bekannt ist.“ Die 3D-Modellierung von Zahnbewegungen und Kauvorgängen wird im Rahmen einer Forschergruppe von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert.

Quelle: Universität Hamburg (idw)

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