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Räumliches Gedächtnis: Ortszellen in Lauerstellung

Archivmeldung vom 16.04.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.04.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Bild: Carsten Jünger / pixelio.de
Bild: Carsten Jünger / pixelio.de

Forscher des Bernstein Zentrums Berlin und der Humboldt-Universität finden heraus, dass sich Zellen unseres Ortsgedächtnisses frühzeitig auf ihre Aufgabe vorbereiten

In unserem Gehirn werden Erinnerungen, Orte und Handlungen gespeichert. Doch wodurch wird festgelegt, welche der Milliarden Nervenzellen einen Beitrag zu einer ganz bestimmten Erinnerung leistet? Lange schon diskutieren Wissenschaftler, ob es Zufall ist, welche Zelle einer bestimmten Region im Einzelfall aktiv ist und welche nicht. Jèrôme Epsztein, Michael Brecht und Albert K. Lee vom Bernstein Zentrum Berlin und der Humboldt-Universität zu Berlin konnten nun am Beispiel des Ortsgedächtnisses bei Ratten eindeutig nachweisen, dass später aktive Zellen sich früh von ihren stillen Nachbarn unterscheiden. Damit haben sie das Verständnis der Gedächtnisbildung einen großen Schritt vorangebracht.

Bewegen wir uns in einer unbekannten Umgebung, wird in unserem Gehirn eine Art neuronale Landkarte angelegt. Besonders gut ist diese Gedächtnisfunktion bei Ratten verstanden. Dort sind Zellen des Hippocampus dafür verantwortlich, dass das Tier immer weiß, wo es sich befindet. Jede dieser so genannten Ortszellen ist dann besonders aktiv, wenn die Ratte sich in einem bestimmten Bereich aufhält, die Zelle „feuert“. Somit wird jeder Ort durch spezifische Zellen kodiert. Daneben gibt es in der entsprechenden Hirnregion aber auch Zellen, die gar nicht feuern, sie sind „still“. Dieses Aktivitätsmuster und die Auswahl aktiver Zellen ist für eine bestimmte Umgebung sehr spezifisch.

Mit einer anspruchsvollen Methode gelang es Jèrôme Epsztein, Michael Brecht und Albert K. Lee erstmals elektrische Eigenschaften innerhalb einzelner Zellen des Hippocampus zu messen, während sich die Tiere frei bewegten. Sie untersuchten das elektrische Ausgangsniveau und den Wert, ab dem einzelne Zellen mit einer Reizantwort reagierten – den so genannten Schwellenwert. Da die Wissenschaftler die Zellaktivität vor, während und nach der Erkundung maßen, konnten sie das Verhalten stiller Zellen und von Ortszellen bereits vor der ersten ortsspezifischen Aktivität vergleichen. Sie stellten fest, dass Ortszellen von vornherein eine niedrigere Reizschwelle besaßen und andere Entladungsmuster zeigten.

Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass zellinterne Eigenschaften für diese Unterschiede verantwortlich sind. Damit stoßen sie eine Reihe neuer Fragen an: Welche Faktoren sind für die Unterschiede verantwortlich? Wie werden diese Zelleigenschaften eingestellt? Werden diese Eigenschaften verändert, wenn in einer anderen Umgebung andere Zellen aktiv sind? Beim Menschen ist der Hippocampus zentral für die Überführung von Inhalten des Kurz- in das Langzeitgedächtnis verantwortlich. Bei Störungen in dieser Hirnregion tritt anterograde Amnesie auf. In solchen Fällen bleiben Erinnerungen bestehen, neue Informationen können aber nicht mehr dauerhaft gespeichert werden. Mit ihren Ergebnissen tragen die Wissenschaftler dazu bei, unser Gedächtnis besser zu verstehen.

Quelle: Humboldt-Universität zu Berlin

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